Die Operation

I.

Kurz vor dem Einschlafen die präzise Vorstellung eines Überfalls. Drei Männer mit pastellgrünen Handschuhen drängen mich in die rechte, hintere Ecke einer Bushaltestelle aus Plexiglas. Einer der Männer legt meinen Bauch frei und desinfiziert die Haut mit einem alkoholischen Spray. Ein anderer holt aus dem Kofferraum eines abgewrackten, dunkelblauen Golf eine Vorrichtung, die einer Autobatterie nicht unähnlich sieht. Lange Schläuche aus mattem, erdbeerfarbenen Gummi hängen von den beiden Querseiten des Geräts nach unten und schleifen über die Gehsteigplatten nach. Leiser Ärger, wozu die Desinfektion dient, wenn dann doch im Umgang mit Schmutz und Keimen eine gefährliche Lässigkeit waltet.

Der dritte Mann tritt näher, zückt ein Messer, schneidet mir mit einer einzigen, beiläufigen Bewegung den Bauch auf, ungefähr eine Handbreit über dem Nabel, und schiebt einen der Schläuche schmatzend in die unappetitliche Masse aus Blut und gelbem talgartigem Fett.

„Nicht bewegen.“, ermahnt er mich und gibt einem der anderen ein Zeichen. „Jetzt?“, fragt der und schiebt ein paar verdächtig selbstgemacht anmutende Schalter nach oben. Auf der Vorderseite des Geräts fängt es an zu blinken, gurgelnd saugt der Schlauch in meinem Bauch und reißt ganze Stücke Talg und schlabberiges, glitschiges Fett durch das Gummi in das vor Anstrengung krachende Gerät.

Nach wenigen Minuten ziehen die Männer den Schlauch aus der Wunde und laufen hastig davon. Zitternd, ein Heftpflaster in der Hand, bleibe ich an der Bushaltestelle stehen, halte mir den Bauch und versuche, mit meinem T-Shirt das restliche Blut von den Rändern der Wunde wegzuwischen.

II.

Nach kurzem, kopfschüttelnden Erwachen erneutes Versinken. Wieder an derselben Bushaltestelle, derselbe blaue Golf, eine weitere Operation mit nunmehr jedoch wesentlich verfeinerter Technik. „Narbenfreier Kreuzschnitt!“, preist der Schlauchhalter mir an, der ohnehin der Gesprächigste des ansonsten verdächtig schweigsamen Trios zu sein scheint. Tatsächlich erfolgt die Bauchöffnung diesmal reibungslos, auch tritt kaum Blut an den Rändern des Schlauchs vorbei aus. Mein T-Shirt bleibt trocken, auch die schmatzenden Geräusche sind diesmal leiser. Kaum mehr vernehmlich füllt sich das Gerät. – „Bis bald.“, klopft der Gesprächige der Drei mir am Ende freundlich blinzelnd auf die Schulter.

III.

Erneutes Erwachen mit einer gewissen Befriedigung über den Fortschritt der Technik. Mit dem rechten Zeigefinger den kreuzweisen Schnitt auf der Bauchdecke nachgezeichnet, im Anschluss hervorragend geschlafen.

15 Gedanken zu „Die Operation

  1. REPLY:

    Tun Sie sich keinen Zwang an, lieber Mek: Wo Fett quillt und Blut spritzt, können Smileys die Szenerie nur verschönern. Was indes die Vergütung vorstehender Kraftfahrzeugreklame angeht, so warte ich, Meister Kid, nach wie vor auf den versprochenen Schandlohn. Zeifellos geht es zur Ende mit der Welt: Nicht einmal die Ganoven haben mehr Ehre im Leib, und die versprochene „Wolfsburger Zuckertorte“ ist noch immer nicht hier.

  2. … ist denn auch die Variante denkbar, dass die Herren einen Hektolitertank gebrauchtes Schweinefett im Volkswagen mit sich fuehren und dann nicht gesaugt sondern … ach lassen wir das – aber wenn schon Albtraum dann auch richtig.

  3. Ich schicke Ihnen, Herr Wallhalladada, die Herren bei Gelegenheit vorbei. Das gilt natürlich auch für alle anderen Damen und Herren – nur der Herr Pathologe wird sicherlich selbständig tätig, gemein oder nicht.

    Hervorragend geschlafen, Herr Knurps, habe ich tatsächlich, weiß indes nicht, ob dies auch dann der Fall wäre, wenn tatsächlich die fiese Alternative des Herrn Brandtwein eingetreten wäre.

    Die LKW’s, Herr Lucky, suchen bekanntlich nur die schweren Fälle auf. Bei mittelgroßen Damen wie mir reicht derzeit noch der kleine Golf- aber wie lange noch, fragt sich eine sehr besorgte Madame Modeste und reibt sich schamhaft den Bauch.

  4. divine dreaming

    gott lag in form eines buches neben mir. ich wache auf, geh in die küche, will rauchen, der traum setzt sich neben mich, ich überlege, denke über das rauchen nach, lasse die zigarette in der schachtel. ich erhebe mich, verneige mich, spreche laut das wort G O T T, mein kreislauf gibt mir einen stoss.
    seit ostern 2006, seit gott neben mir lag, rauche ich nicht mehr!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie möchten einen Kommentar hinterlassen, wissen aber nicht, was sie schreiben sollen? Dann nutzen Sie den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken