Stellen Sie sich, meine Damen und Herren, einen Herrenclub vor. 1880. Auf schweren Ledersesseln sitzen ein paar dicke, schon etwas kahlköpfige Männer in den behäbigen Anzügen jener Jahre, über dem flackernden Kamin hängt ein Bild, das eine Schale mit Früchten zeigt, und in der warmen Luft hängt der würzige, volle Dunst von Zigarren.
Die Herren sind unglücklich. Der eine leidet an der Landwirtschaft. Dem zweiten wird körperlich übel, wenn er das Foyer seines Bankhauses betritt. Der dritte ist Notar und wäre gern ein Dichter. Darüber aber – wie Männer nun einmal so sind – sprechen die Herren natürlich nicht.
Der unglückliche Landwirt lamentiert statt dessen über seine Frau. Sorglos und in vollständiger, glücklicher Unkenntnis über die drückende Konkurrenz wandele seine Frau tagein, tagaus einher, kommandiere das Mädchen herum, koche ein bißchen dies und das, und ihre größte Sorge sei es, ob der Braten gelinge oder nicht. Ein sorgenfreies Leben führe seine Frau!, hört man den gebeutelten Landwirt ausrufen, und die anderen Herren seufzen.
Der Bankier hat es auch nicht leicht. Allein und ohne Verantwortung für seine Frau und fünf Kinder hätte er, behauptet er, schon längst hingeschmissen, das Geschäft anderen überlassen, und säße irgendwo am Land, am Genfer See vielleicht oder im Salzkammergut, würde Geschäfte Geschäfte sein lassen, und jeden Tag drei Stunden lang die Zeitung lesen. Statt dessen hetze er sich ab, scheffele Geld, das seine unbegabten Söhne mit minderwertigen Frauenzimmern verprassen würden, sei er erstmal tot, und statt seiner fahre seine Frau monatelang zur Kur und bekämpfe Krankheiten, die sie gar nicht habe.
Auch er, pflichtet der der Notar bei, leide unter seiner Frau. Gewiss, sie sei ein reizendes Geschöpf, klug und fleißig, und könne eigentlich ebenso gut Notar sein wie er. Nur langweile sie sich daheim zu Tode, lese, schreibe und male den ganzen Tag mit verdrossener Miene und wenig Talent, derweil er über einer nie endenden Kette sterbenslangweiligen Beurkundungen nicht dazu komme, den Dingen nachzugehen, die ihm wirklich am Herzen lägen. Am Abend aber säßen sie sich grollend gegenüber, seine Frau und er, jeder neide dem anderen das tätige Leben oder die Muße, und so habe auch er es schlecht getroffen mit seiner Wahl.
Gar keine Frau sollte man haben!, ächzt der Bankier halblaut und erinnert sich schöner, unbeschwerter Junggesellentage, aber die anderen schütteln die Köpfe. Man hänge doch sehr an den Damen, und überdies brauche man nun einmal ein warmes Haus, ein gutes Essen und saubere Wäsche, und Kinder brauche man auch.
Seine Frau könne eigentlich Notar werden, und er zu Hause bleiben, sinniert der Notar und zieht an seiner Zigarre. Intelligent genug sei sie, resolut für zwei, und er könne daheim den ganzen Tag Beschäftigungen nachgehen, die ihn mehr interessieren als die Vermögensdispositionen seiner Mandanten.
Das, fällt der Landwirt ein, sei eigentlich nicht das schlechteste. Auch seine Frau könne an und für sich die lästige Korrespondenz erledigen, sich Sorgen machen über den Preisverfall beim Weizen und schlecht schlafen, wenn ein Gewitter oder Schädlinge die Mühe eines Jahres zunichte machen.
Ein schöne Vorstellung, befindet der Bankier und seine Miene hellt sich auf. Würde auch seine Frau einem Berufe nachgehen, so laste die Versorgung nicht mehr auf ihm. Tun und lassen könne er, was ihm beliebe, ein paar Tage aufs Land fahren, wenn er wolle, und wenn seiner Frau das Geld nicht reiche, so müsse sie eben mehr arbeiten.
Aber werden die Frauen sich einfach so in die Büros schicken lassen?, fragt der Landwirt in die Runde. – Man muss es ihnen nur schmackhaft machen, befindet der Bankier. Zum Widerspruch müsse man sie reizen, indem man laut und öffentlich behaupte, sie seien zu dumm zum Geschäftemachen und erst recht zum Studieren. Man müsse die Vorteile der Selbständigkeit und Unabhängigkeit – hier hört man den Bankier lauthals seufzen – in grellen Farben ausmalen und erzählen, Frauen seien der Freiheit gar nicht gewachsen.
Keine schlechte Idee, nicken die Herren sich zu und ziehen an ihren Zigarren.
July Delpy in „Before Sunrise“
„You know, I have this awful paranoid thought that feminism was mostly invented by men so that they could like, fool around a little more. “
REPLY:
Genau das. Gelegentlich überkommt mich die verlockende Vorstellung,den ganzen Tag auf einem Divan zu liegen, Romane zu lesen, ein bißchen einzukaufen und zu kochen, und mich abends von meinem Mann in die Oper ausführen zu lassen. Statt dessen…
Und das war nur der erste Schritt in unserem Zwölfpunkteplan zur, äh, endgültigen Gleichstellung der Frau.
Sehr schön beschrieben. Dazu fällt mir allerdings noch die andere Seite ein: „Wir bauen auch Rüben an. Sind zwar ungenießbar, aber fürs Gesinde eine ganz vortreffliche Speise.“
Sehr schön beschrieben. Dazu fällt mir allerdings noch die andere Seite ein: „Wir bauen auch Rüben an. Sind zwar ungenießbar, aber fürs Gesinde eine ganz vortreffliche Speise.“
nur ein kurzes
„ich habe es geahnt“ und wie immer meinen Dank für den fantaschtischen Text
Auf dem Diwan liegend, wünscht man sich dann doch jemanden, der einen krault. Welch langweilig-kostspieliges Dasein ist da an uns vorüber gegangen!
Ich danke Ihnen herzlich für die Aufdeckung der Hintergründe und allen Männern für ihren Großmut, ihre Weitsicht und ihren Egoismus bei der Einführung des Feminismus..