Mit 13, 14, mit 15 oder so, wollte ich, wie man so sagt, etwas Künstlerisches machen. Was, war unklar. Malen hätte ich mir vorstellen können. Tatsächlich hatte ich sogar eine Mappe zusammengestellt, nach dem Abi, also knapp vor 20. Die Mappe gibt es noch, und sie legt bestürzend Zeugnis ab von einer himmelschreienden Verbindung fehlender technischer Fertigkeiten mit der völligen Abwesenheit von irgendetwas, das sich auszudrücken gelohnt hätte.
Schreiben konnte ich mir auch vorstellen. Ich hatte sogar ein paar Geschichten geschrieben, und knüpfte ein paar unbestimmte Hoffnungen an den Umstand, dass sie meinen Freunden gefielen. Die Texte waren schlecht. Irgendwann, da war ich 18 oder so, schickte ich eine, die mir besonders gut gefiel, sogar an einen Verlag, und bekam ein zweiseitiges, sehr freundliches Schreiben zurück, dem ziemlich viele Fehler zu entnehmen waren, die der Text noch hatte, und da gab ich es auf. Gefehlt hat es mir nicht.
Vermutlich war es gar nicht die Kunst. Viel wahrscheinlicher war es eine etwas vage Vorstellung von einem künstlerischen Leben.
Gern wäre ich gelegentlich in Zeiten großer Erschöpfung auch etwa Botschaftergattin gewesen, oder Gattin generell. Ich habe ein gewisses Talent für das Ausrichten von Buffets und Empfängen. Ich richte gern Bälle aus. Ich weiß ungefähr, wen man wo hinsetzt und was es zu welchem Anlass zu essen geben soll. Mangels Bedürfnis nach Sinnstiftung hätte mir eine gewisse Betriebsamkeit gereicht, und außerdem schätze ich große, schöne Residenzen, wenn ich sie nicht einrichten und sauberhalten muss.
Für das Leben einer Repräsentationsgattin indes fehlt mir der entsprechende Mann. Um das Problem präzise zu benennen: Mir fehlt völlig die Fähigkeit, einen Mann danach auszuwählen, was er tut, was er darstellt und was er verdient, und zudem gehört zu meinen charakterlichen Fehlern eine oftmals mit den Forderungen der Vernunft kollidierende Kopflosigkeit und etwas, was freundliche Leute wohl Leichtfertigkeit nennen. Außerdem bin ich unbeständig. Zu alledem gehöre ich nicht zu den Damen, denen es gegeben ist, zu gefallen. Das Gefällige, Angenehme, ist mein Metier nicht, und so hält sich die Anzahl der Herren, die eine Neigung zu mir entwickeln, in äußerst engen Grenzen, und von diesen gehört wiederum kaum jemand in die angesprochene Kategorie.
An sich arbeite ich aber auch ganz gern. Ich arbeite auch verhältnismäßig ordentlich, wenn mich die Arbeit nicht langweilt. Das Leben der meisten arbeitenden Menschen allerdings, so mit Haus und Garten, Rasenmäher und Kraftfahrzeug, Konzertabonnement und Klavier spielenden Kindern, kann ich mir dermaßen nicht vorstellen, dass nicht etwa Abneigung die richtige Bezeichnung des Verhältnisses zu dieser Welt darstellt, sondern eher eine völlige, abgrundtiefe Fremdheit. Wie man so leben kann, ist mir ein Rätsel.
Wie man aber dann leben soll, wie man in den Grenzen seiner Fähigkeiten und Neigungen, sein Dasein einrichten soll, das weiß ich nicht. Ich habe keine Ahnung, wie man es vermeidet, sich lächerlich zu machen mit seinem Leben aus lauter Versatzstücken, die nicht zusammenpassen. Ich kenne die Antwort auf die Frage nicht, wie man aus den vielen Modellen, die die Gegenwart bietet, für sich das richtige auswählt, ohne in eine wiederum geschmacklose Beliebigkeit zu verfallen. Die Lächerlichkeit, die der Extravaganz immer anhaftet, ist mir zudem sehr bewusst. Als Original zu enden, steht für mich außerhalb jeder Diskussion.
Wie man es also richtig macht, ich habe keine Ahnung.
Botschaftergattin hätte den Nachteil, dass Botschafter ziemlich alt sind. Auch hört man viel vom empfangbedingten Alkoholismus dieser Betätigung. Dazu kommt noch, dass man gerade für das tres unchique Deutschland unterwegs ist, und es repräsentieren soll – in Tagen wie Heute geht das kaum ohne pfälzische oder uckermärker Biographie.
Dann doch besser schreiben.
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Als Botschaftergattin könnten Sie dann aber einen saftigen Skandal in diesen Kreisen verursachen. So wie jene, deren Mann deutscher Botschafter in einem westeuropäischen Land war. Jahrelang gab sie brav das Repräsentationsobjekt an seiner Seite, flog alle zwei Wochen in eine andere westeuropäische Hauptstadt, um dort ihren zwei studierenden Söhnen – beide sollen Mitglieder einer schlagenden Verbindung sein -, die Wäsche zu bügeln, bis sie sich Hals über Kopf in eine Lehrerin der dortigen deutschen Schule verliebte. Irgendwann flogen die beiden auf, der Botschafter ist jetzt wieder in Berlin, die Studentensöhne schockiert und die Gattin immer noch mit der Lehrerin liiert. Den jüngsten Sohn hat es allerdings schlimm getroffen, der ist nicht nur in einem nicht ganz einfache Alter (14), sondern hat auch noch ausgerechnet jene Lehrerin im Unterricht – und nun ein Lieblingsfach weniger.
Gehört habe ich die Geschichte von einer Studienfreundin, die mit jener Lehrerin befreundet ist.
ach madame,
ins fertiggebaute haus bin ich nicht gezogen, den garten wollte ich nicht pflegen und das kind weigerte sich standhaft, klavier zu spielen. ich arbeite auch ganz gern – all die konzerte würd ich jedoch nicht missen wollen und das auto ist so unpraktisch nicht;-)
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In meiner Kindheit ging es mir ja ähnlich. Als Bub schrieb ich Abenteuerkurzgeschichten, mit 15-17 eine ganze Science-Fiction-Romanserie, aber lesen wollte das niemand. Ich fand mich unheimlich kreativ, meine Lehrer sprachen aber von einer „krankhaften Fantasie“. Jugendliche Kreativität fördern war damals noch überhaupt nicht in und wurde eher bekämpft als gefördert. „Das Leben der meisten arbeitenden Menschen allerdings, so mit Haus und Garten, Rasenmäher und Kraftfahrzeug, Konzertabonnement und Klavier spielenden Kindern,“ würde ich als das Leben einer kleinen Elite bezeichnen. Mietwohnung statt Haus und Garten, Videothek statt
Konzertabo und Playstation spielende Kinder statt Klavier dürften die gesellschaftliche Normalität sein. Wobei mir das Eine wie das Andere gänzlich fremd ist. Als Mann ist die Realisierung der geschilderten möglichen Ziele aber nochmal schwerer; millionenschwere Witwen oder Botschafterinnen exotischer Staaten laufen in meiner Welt jedenfalls auch nicht herum, und die Tatsache, dass ich schon mal mit dem ägyptischen Botschafter oder dem jetzigen Bundesumweltminister und damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten zu Abend und diversen Politikern und Vorständen zu Mittag gespeist habe, hat mich dem freistehenden Palais auch nicht näher gebracht. Selbst der Büffetjournalismus führt weder zu Vermögen noch gar zu vermögenden Frauen. Die wenigen Frauen, die sich im, ich sage mal, gedanklichen Umfeld solcher Aspirationen bewegen, sind blondierte Anjatanjas, die mit Nachnamen Kreditcartova heißen. Wenn also jemand eine schöne junge ledige Multimillonärin kennt (gerne mit Schloss), die auf Männer mit universeller Bildung und schrägen Gedanken steht, bitte mal kurz durchrufen. Ansonsten schon mal „Guten Rutsch“ an alle!
Ich habe mit 18 Jahren ein – so glaubte ich – gewaltiges lyrisches Werk verfasst! Brauchte Monate dafür und hielt es für schlicht weg -oh Wunder- absolut einzigartig! Nun, 12 Jahre später frage ich mich wirklich, wie ich jemals so verblendet sein konnte UND ob dieser Prozess, dass man die alten Sachen irgendwann nur noch blöd findet, jemals aufhört?! Womöglich nicht! Ich fühle was auch du fühlst – kenne die Wünsche, die von der Realität begraben werden … aber weißt du, mach einfach dein Ding und schreibe ab und an in deinem Blog darüber! Denn, viele von deinen Einträgen finde zumindest „ich“ sicher auch in 30 Jahren noch wunderschön!!
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Vielleicht findet man sich irgendwann damit ab, hinter seinen Hoffnungen und Erwartungen zurückgeblieben zu sein. Schreiben ist frustrierend; und ein Teil des Charmes meines Berufs besteht darin, dass es sich um eine absolut beherrschbare Materie handelt.
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Wenn ich eine solche Dame treffe, Herr Che, werde ich Sie selbstverständlich vermitteln, und erwidere herzlich (wenn auch leicht verspätet) die guten Wünsche.
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Das hört sich nicht gut an, Frau Arboretum. Überhaupt mögen Sie, natürlich auch der geschätzte Don, recht haben, und als Boptschaftergattin hätte ma es auch nicht nur gut.
Was natürlich die Frage aufwirft: Was dann?
Aber wenn man nicht gleich nach den Sternen greift, hat man am Ende womöglich auch nur heiße Asche in den Händen und sich trotzdem die Finger verbrannt.