Die Weihnachtsbaumerziehung

„Na, dann passt gut auf den Kater auf.“, lacht gestern die Vorbesitzerin B. meines Willy über meine Weihnachtspläne mit Tannenbaum und wächsernen Kerzen. Der Kater, sagt sie, springe leider gern in den Baum und erlege dabei Jahr für Jahr ein paar Kugeln. Echte Kerzen habe sie schon deswegen nie gehabt.

„Ich will aber keine elektrischen Kerzen.“, maule ich ein bisschen und beobachte die träge, graugestreifte Katze, die völlig bewegungslos vor dem Sofa liegt und wohlgefällig ihre Pfoten betrachtet. Harmlos sieht sie aus. Ganz und gar nicht wie ein Kugelkiller mit eingebauter Feuergefahr. „Besser elektrisch als abbrennen.“, kommentiert indes der J. die Eröffnung der kätzischen Eigenarten. Man werde halt noch ein paar Lichterketten kaufen.

Mir aber, meine Damen und Herren, graut vor den elektrischen Kerzen. Hänge ich mir dann vielleicht auch rosa Lametta an den Baum? Fange ich übermorgen an, Swarovski-Schwäne zu sammeln? Sind große, blinkende Sterne, die alle paar Sekunden eine andere scheußliche Farbe annehmen, der nächste Schritt?

Andere Lösungen müssen her.

Beispielsweise, so schlage ich vor, könne man die Katze für ein paar Tage aus dem Wohnzimmer sperren. Allerdings, besonders lange, gebe ich zu, wird das nicht gut gehen, denn irgendwann gehen die Türen auf, wenn ein Kater lange genug kratzt. Vielleicht könnte man aber eine Art Korridor errichten, eine Barriere um den Baum herum, optisch nicht beeinträchtigend, aber von Katzen nicht zu überspringen? Auch nicht? Wäre es denn vielleicht ersatzweise denkbar, beim Tierarzt Geruchsstoffe zu kaufen, die Katzen widerlich finden, Menschen aber gar nicht wahrnehmen? Können Katzen etwa durch komplexe, aber wenig zeitaufwendige Dressurmaßnahmen bis übermorgen davon abgehalten werden, Weihnachtsbäume zu verwüsten? Alles schlecht? Wirklich?

Oder muss man ganz im Sinne schwarzer, aber wirksamer Pädagogik den Kater einmal gegen den Baum laufen lassen? Geistesgegenwärtig den Baum auffangen, und darauf setzen, dass das bedrohliche Klirren der Kugeln und das tropfende, heiße Wachs Willy von weiteren Versuchen abhalten, Weihnachtsbäume zu Fall zu bringen? Ganz und gar also auf den Schreck des Ernstfalls setzen, das bereit gestellte Löschwasser sodann nicht nur über die sicher rasch emporlodernden Flammen, sondern auch über den durchaus wasserscheuen Kater gießen, und hoffen, dass sodann nicht nur der angestrebte Erziehungseffekt eintritt, sondern auch die Versicherung zahlt, und ansonsten nicht besonders viel passiert.

Andernfalls hätte sich die Sache aber möglicherweise auch und zudem sehr endgültig erledigt.

6 Gedanken zu „Die Weihnachtsbaumerziehung

  1. Vielleicht kennt die Katze Kerzen nicht? Ich hatte ein Tablett voller halb niedergebrannter Altarkerzen auf dem Boden stehen und eine äußerst interessierte Mieze dazwischen, die sich trotz elegantester Durchwindungstechniken den Pelz verbrannte. Und seitdem jeder Kerze abstandsreichen Respekt zollte.

  2. Das Experiment hätte aber schon einen etwas hohen Preis… wer einmal eine Wohnung nach einen gut durchtrockneten, dann abgefakcelten Weihnachtsbaum gesehen hat, der würde das nicht zu Erziehungszwecken nutzen wollen…
    Ansonsten habe ich meine Katzen früher immer per Wasserpistole erzogen, z.B. von den Wellensittichen abgehalten (ja, ih war früher eine wandelnde Arche Noah) aber da muß man halt schon erst einmal immer dabei bleiben.

  3. REPLY:

    Den Kerzen auf dem Tisch ist bisher nichts passiert. Allerdings bin ich mir etwas unsicher, ob Katzen klar ist, dass es Ursächlichkeitszusammenhänge zwischen dem Sprung gegen eine Kugel und den Sturz einer Kerze drei Äste weiter ist. Daher hängen nun zwei Lichterketten im Baum, gestern eilig gekauft, und dabei übersehen, dass mindestens eine, besser zwei weitere hätten gekauft werden sollen. je nach Perspektive fällt der Mangel aber nicht groß auf, wie ja jedes Defizit stark vom Standpunkt des Betrachters abzuhängen pflegt.

  4. REPLY:

    Leider, eine Wasserpistole habe ich nicht hier. Daher nun die elektrischen Kerzen, die nicht halb so schön sind, wie die echten Kerzen in den letzten Jahren. Immerhin der Baum ist dieses Jahr herrlich gewachsen und fast zwei Meter hoch.

  5. REPLY:

    In meiner Familie waren elektrische Kerzen auch jahrzehntelang verpönt. Mittlerweile wissen wir sie aber alle zu schätzen, denn echte Kerzen zündet man nicht so häufig an, weil man die ständig im Blick behalten muss, selbst wenn man gar keinen Kater besitzt.

  6. REPLY:

    Ja, das ist wahr. Gleichwohl, ich mag die Sinnlichkeit des Kerzenlichts, den Wachsgeruch, die Wärme im Raum und den Ton des Lichts, voll und gelb wie eine reife Birne, die elektrische Kerzen nie erreichen.

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