Rede an die alten Männer

Gewiss, Sie können noch. Sie können noch Motorrad fahren. Sie können aus Ihrem Porsche steigen, nicht viel langsamer als vor zwanzig Jahren. Sie können – davon sind Sie überzeugt – beruflich ziemlich viel sogar besser als ein Dreißigjähriger, und dass, was Sie nicht können, erwartet auch keiner von jemandem in Ihrer beruflichen Position.

Die Frauen gefallen Ihnen nach wie vor. Sie sind gut im Spiel, glauben Sie, schließlich verdienen Sie heute besser als jemals in Ihrem Leben, und die Hemmungen von vor dreißig Jahren haben Sie irgendwann am Wegesrand liegen gelassen. Fragen kostet nichts, und Sie wissen, wie man fragt, um im Notfall ohne Gesichtsverlust den Rückzug anzutreten. Die Politik aller Lebensbereiche dagegen langweilt Sie ein bisschen. Sie wissen, wie der Betrieb funktioniert, in dem Sie stecken. Sie wissen, wie jeder sich speziell für das Zentrum der Welt hält, und Sie wissen auch, wie man andere glauben macht, das Zentrum der Welt zu sein. Sie haben bluffen gelernt in den vielen Jahren.

Auf dem Wellenkamm Ihrer Jahre glauben Sie sich damit nach wie vor. Dass Alter Ansichtssache sei, behaupten Sie gegenüber sich und allen anderen, und meistens traut sich niemand, Ihnen zu widersprechen. Indes sei Ihnen versichert: Sie liegen falsch.

Natürlich: Ein alter Mann darf vieles. Ein alter Mann darf Zigarren rauchen und viel, viel Geld ausgeben für gutes Essen. Ein Mann von dreißig, gar ein Junge von zwanzig Jahren wirkt stets ein wenig naseweis und blasiert, kennt er sich mit Wein aus, und diniert er im Vau mit seiner Freundin, so sieht das oft nicht gut aus, ein wenig sehr nach goldener Jugend und Nutzlosigkeit. Ein junger Mann sollte deswegen sorgfältig wählen, wo er isst, stets etwas günstiger, als er es sich eigentlich leisten kann, aber ein alter Mann soll zu leben verstehen, denn es gibt kein gutes Bild, wenn ein alter Mann zu lässig lebt. Ein junger Mann mit einer Bierdose sieht oft nicht einmal schlecht aus, und ein Essen aus dem Pizzakarton gehört zu den verzeihlichen Fehlern der Jugend. Ein alter Mann mit einer Tiefkühllasagne dagegen ist schlechthin erbärmlich.

Das könne sich aber nicht jeder leisten, sagen Sie? Nun, ein alter Mann – und das ist keine populäre Ansicht – hat Geld zu haben, wenn er leben will. Ein junger Mann kann an fremden Buffets schnorren, auf Empfängen herumlungern, auf denen er nichts zu suchen hat, und sich immerzu einladen lassen. Ein alter Mann hat Erfolg gehabt zu haben, und wenn er kein Geld hat, ist das ein erheblicher Schönheitsfehler. Armut hört irgendwann ab 35 auf, pittoresk auszusehen, und es bedarf einiger Anstrengung, um als alter Mann ohne Geld ein gutes Bild abzugeben. Es ist möglich, gewiss, aber einfach ist es nicht, sondern viel, viel schwieriger zu tragen als die kokette Geldverlegenheit eines Zwanzigjährigen.

Keinesfalls aber sollte Sie dies empören. Empörung ist ganz generell eine gefährliche Sache für einen alten Mann, denn Zorn über die bestehenden Verhältnisse, umstürzlerische Reden oder gar Taten sehen leicht ein bisschen lächerlich aus, wenn man Teil dieser herrschenden Verhältnisse ist, und das auch schon ziemlich lange. Ist man es aber nicht, tut man besser daran zu schweigen, denn unfreiwillige Erfolglosigkeit ist im Alter, wenn sich hieran nichts mehr ändern lassen wird, schon fast eine tragische Sache. Haben Sie dagegen den Erfolg nie gesucht, nun gut, dann können Sie aus sicherer Distanz über die Betriebsamkeit Jüngerer spötteln, aber seien Sie vorsichtig: Man wird bemerken, wie es mit der Freiwilligkeit Ihres Lebenslaufs steht.

Überhaupt sollten Sie den scharfen Blick Ihrer Umgebung nicht unterschätzen. Wo sich ein junger Mann auf eine freundlich-augenzwinkernde Nachsicht verlassen darf, was auch immer er treibt, wird man Ihnen auch dann auf Ihr Sollkonto buchen, wenn Sie glauben, dass es keiner merkt. Man sagt Ihnen nicht viel über Ihre Wirkung, etwa auf Ihrem Motorrad oder in Ihrem Wagen, aber seien Sie versichert: Man sieht. Man sieht eine ganze Menge, und dass niemand etwas zu Ihnen sagt, liegt ein bisschen an Respekt vor Ihrer Lebensleistung und in erheblichem Maße daran, dass jeder annimmt, Sie anzusprechen habe ohnehin keinen Zweck. Und: Ja, das gilt auch für die Frauen. Denn machen Sie sich nichts vor: Keineswegs ist Alter kein Hindernis. Natürlich gibt es vereinzelte Frauen, die Alter anzieht, aber das sind seltene Fälle. Die meisten Frauen der Altersstufen, denen Sie sich noch gewachsen fühlen, finden Annährungen dreißig Jahre älterer Männer bisweilen befremdlich, manchmal geradezu abstoßend, und dass Sie nicht mehr angewiderte Blicke ernten, wenn Sie fragen, wie es denn aussehe, liegt im Wesentlichen an der Harmoniebedürftigkeit der meisten Frauen und nicht daran, dass Sie gut gefallen.

Das sei ungerecht, sagen Sie, aber bedenken Sie doch: Frauen geht es schon seit zwanzig Jahren so, und ungefähr das, was Sie als Dreißigjähriger über die Kontaktversuche einer zwanzig Jahre älteren Dame gedacht hätten, wird Ihnen nun entgegengebracht, es sei denn, Sie sind sehr reich oder berühmt, und auch dann sollten Sie sich nicht vormachen, attraktiver zu sein als Sie sind. Überlegen Sie also gut, was Sie sich und Ihrem Gegenüber zumuten.

Was Ihnen dann noch bleibt, wollen Sie wissen? Sie werden es nicht gern hören, aber: Gutes Essen und herbstliche Gespräche vielleicht. Spaziergänge im raschelnden Laub. Die Literatur, Musik (aber hüten Sie sich vor elektrischen Gitarren), und wenn Sie die Frauen nicht lassen können, bewundern Sie auf Abstand. Seien Sie demütig: Wenn Sie wider Erwarten gefallen, seien Sie dankbar. Genießen Sie die letzten vollen, goldenen Tage Ihres Lebens und nehmen Sie Ihren Abschied ohne Bitterkeit. Er lässt sich so oder so nicht vermeiden.

74 Gedanken zu „Rede an die alten Männer

  1. Ja, Sie können es.

    Ich staune immer wieder. Die Vorstellungen und Kischees, auf die die Gesellschaft sich mehrheitlich geeinigt hat, man könnte sie wohl kaum besser zusammenfassen. Aber da es sich nicht um Satire, sondern um eine Rede handelt, muss ich wohl annehmen, dass Sie diesen Klischees zustimmen und dass Sie die geschilderten Wertvorstellungen gut und richtig finden. So entsteht der störende Eindruck von Häme und Schadenfreude, der das Ergebnis entwertet. Man spürt die Absicht, und man ist verstimmt.

    Zur Zeit fühle ich noch mehr mit dem Zwanzigjährigen, der beim Weinhändler nicht ernstgenommen wird, als mit dem Sechzigjährigen, dem man die Freude an seinem Motorrad nicht gönnt. Beide sollten zu ihren Wünschen stehen und sich nicht um die Reden der Gesellschaft scheren, und seien sie noch so hübsch formuliert.

  2. 😉

    mich tröstet, dass es auch andere gibt. aber vor allem mit den ein wenig irritierenden annäherungversuchen und dem taktvollen umgang damit haben sie den nagel auf den kopf getroffen …

  3. Ganz ausgezeichnet, meine Verehrung.
    Zu jedem Aspekt hatte ich konkrete Herren vor Augen – im Guten wie im Schlechten.
    (Der Mitbewohner, dem ich die Rede textartangemessen vorlas, freute sich. Und dann wies er darauf hin, dass sie eigentlich Verse verdient hätte, die Rede.)

  4. REPLY:

    Für diejenigen, die es sich hinter die Ohren schreiben sollten, können die Worte vermutlich kaum hart genug ausfallen. Wie auch immer: Sie werden es nicht lesen. Und wenn sie es doch lesen sollten – denn verschlungen sind die Wege des Netzes – werden sie es nicht beherzigen.

  5. REPLY:

    Sie, Herr Kid, haben da vermutlich nichts zu fürchten. Die Angesprochenen dagegen kommen hier ohnehin nicht vorbei. Ich könnte Bücher schreiben über diese Gattung. Und zwar mit schierer Galle.

  6. REPLY:

    Nun, ich bin nicht die Gesellschaft, sondern lediglich die Frau Modeste, welche die Ansicht vertritt, dass menschliche Wünsche nur dann ausgelebt werden sollten, wenn sie angemessen sind und Dritte nicht negativ berühren.

  7. REPLY:

    je- dass menschliche Wünsche nur dann ausgelebt werden sollten, wenn sie angemessen sind, nun also das liest sich – in meiner kleinen Welt – als eine so merkwürdige, dröge und freudlose Ansicht, als eine Hemmung, die ich niemandem den ich kenne an den Hals wünschen würde, ein weltbild, vor dessen weiterer verbreitung ich mich nur fürchten kann, dass ich beschloss, entgegen meiner Gewohnheit, nicht dort zu kommentieren wo es mir gefällt: nun werde ich Ihnen ebendies gerade einmal aufschreiben, auf dass auch Sie nun die Gelegenheit haben, über ein dem Ihren entgegengesetztes Weltbild einer fremden Person zu staunen. ich persönlich mache das recht gerne. die liebsten grüße

  8. REPLY:

    Ich glaube tatsächlich nicht, dass das Begehren das Begehrte heiligt. Konsens ist dies sicher bei Wünschen, die Dritten schaden. Dass man das Gewünschte unter diesen Umständen nicht darf, versteht sich von selbst. Wenn das Gewünschte aber nur lästig ist, lächerlich oder geschmacklos, dann wird man dies nicht verbieten können. Missbilligen, finde ich, sollte man das Unangemessene gleichwohl, ansonsten verliert man jeden Maßstab für den wünschenswerten Zustand der Welt.

  9. ich haette schon mal gerne gewusst….

    …wie alt denn in zahlen dieser alte mann ist. …und natuerlich, wer er ist…denn von der rede ausgehend handelt es sich um einen speziellen alten mann, einen, der porsche faehrt und teure restaurants aufsucht. nun gibt es eine reihe alte maenner, auf die ihre beschreibung zutrifft. gekaufte prinzen und gekaufte doktoren und wiener bauloewen wittere ich hinter ihrer beschreibung.
    aber seien sie versichert, dass ist nicht DER alte mann. der alte mann muss seine kohle zusammenhalten und faehrt nen opel oder golf , bestenfalls nen mercedes. der alte mann ist nicht ganz gesund und hat ne reihe wehwehchen. zumeist ist der alte mann auch noch verheiratet und pflegt lieber den umgang mit seinen enkeln als sich um die ladies zu kuemmern. der alte mann bewegt sich in sphaeren, die ihm keine angriffsflaeche bieten.
    ….und doch moechte ich nicht abstreiten, dass der alte mann von einer huebschen begeistert sein kann. …angesichts seines prostata-schadens allerdings hat er sich mit der bewunderung abgefunden. …..und er wuerde sich im ernstfall nicht die bloesse des versagens geben wollen.
    der alte mann wird als erster entlassen und in den ruhestand versetzt…falls der alte mann ueberhaupt noch arbeitet, denn er ist ja alt.
    nun, ich bin sicher ein alter mann und ihre rede zieht gnadenlos an mir vorbei. …an den meisten alten maennern !

  10. rede an die alten männer

    habe mit stillem vergnügen und manchem wiedererkennungseffekt bei mir selbst und anderen diese rede und die kommentare gelesen. ja es gibt solche unangenehmen vertreter, aber aus sicht eines alten mannes, es gibt auch junge menschen für die ist offensichtlich älter als 21 schon eine persönliche beleidigung, darum vielleicht ein gewisses maß an humor und selbstironie macht das zusammenleben leichter

  11. REPLY:

    Ich würde diese Bücher mit Wonne lektorieren, mir fällt zu diesem Thema auch eine Menge wenig Freundliches ein.

    Und es nützt auch nicht einmal etwas, selbst älter zu werden – es sind dann halt nur die noch älteren Herren, die dann meinen, noch unwiderstehlich zu sein und viel zu jung für gleichaltrige Frauen.

  12. REPLY:

    Ich glaube nicht, dass Ihre Welt, verehrte Frau Modeste, durch das Vorhandensein blutjunger Zigarrenraucher und steinalter Rockgitarristen irgendwelchen Schaden nehmen wird. Ich glaube hingegen sehr wohl, dass Ihr Horizont mit den Jahren immer enger werden wird, wenn Sie alles missbilligen, was Ihnen in Ihrer Welt nicht wünschenswert erscheint, und das wäre doch gerade in Ihrem Fall besonders schade. Ich meine, wo Talent ist, da sollte es auch Größe geben.

  13. Was fände ich diesen Text großartig, wenn ich, verehrte Frau Modeste, nicht irgendwo doch ganz insgeheim ein klitzekleines bisschen befürchten müsste, dass Sie in nicht allzuferner Zeit auch mich meinen könnten. Obwohl ich nicht Motorrad fahre und ungern in Läden wie dem Vau diniere. Immerhin habe ich mir vorgenommen, dass die Damen, auf die ich ein Begehren richten könnte, ein gewisses Alter – und zwar deutlich unter der von Ihnen angesprochenen Differenz – nicht unterschreiten sollten. Ich hoffe, die schlimmsten Auswüchse dessen, was Sie hier geißeln, so zumindest einschränken zu können… (Im übrigen: ein klein wenig ungerecht sind Sie schon. Ich habe nie ein Hehl daraus gemacht, dass ich als Zwanzigjähriger den Kontaktversuchen einer zwanzig Jahre älteren Dame durchaus positiv gegenüberstand. Umgekehrt wäre ich dann wohl ein dirty old man…)

  14. REPLY:

    Herr(?) Quibono, Sie sind vermutlich nie im Alter von 14 Jahren von 35-Jährigen angemacht worden, mussten sich mit Anfang 20 auch nicht den Avancen von 40-Jährigen erwehren und waren ab Anfang 30 nie dem oben beschriebenen Betragen von Über-50-Jährigen ausgesetzt. Sonst wüssten Sie nämlich, dass das einfach peinlich ist und nervt.

  15. Manchmal…

    … bin ich aber direkt froh, rein zahlenmäßig durchaus schon als „alter Sack“ durchzugehen, denn die Gefahr, daß ich mir mit den Motorrädern völlig hirnlos die Rübe einfahre ist ebenso längst Geschichte wie selbiges mit der vernünftigerweise bei 250 km/h abgeriegelten Limousine zu versuchen, denn daß man so schnell fahren kann heißt ja noch lange nicht, daß man es auch bei jedem Wetter muß. Ein Hoch auf die Weisheit des Alters.

    Elektrische als auch akustische Instrumente mit 4, 6 oder gar 88 Saiten werde ich aber – entgegen Ihres sicherlich gut gemeinten Rates (aber gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut) auch weiterhin mit der ganzen Leidenschaft und Virtuosität bedienen, wie ich das seit frühester Kindheit zu tun pflege. Und von jungem Gemüse lasse ich auch weiterhin die Finger, denn schon meine Großmutter pflegte zu sagen „Hüte Dich vor den Weibern, denn die wollen alle nur das Eine“. Und sie hatte natürlich wie immer Recht.

  16. REPLY:

    Um für Abhilfe zu sorgen, sollte man also für ganze Bevölkerungsgruppen die Nutzung von elektrisch verstärkten Gitarren und motorisierten Zweiradfahrzeugen durch konsequente Missbilligung unterbinden. Anderen wiederum ist der Genuss von Zigarren und Rotwein der gehobenen Preiskategorie zu verwehren. Dann wäre der wünschenswerte Zustand der Welt wiederhergestellt. Eine kühne Argumentation, in der Tat.

    Wie wäre es, wenn die betroffenen Damen anstatt dessen lernen würden, sich gegen unerwünschte Flirtversuche zu behaupten. Sie haben in der Situation doch alle Trümpfe in der Hand und könnten dem armen Lustmolch nach Belieben eine Lehre erteilen. Dann können die anderen, ganz gleich ob jung oder alt, unbehelligt zu Rotwein und Rockmusik zurückkehren und ich bin sicher, es wird auch Frau Modeste nicht kränken.

  17. REPLY:

    Da Sie sich so hartnäckig weigern, zu kapieren, worum es hier geht, und sich immer nur an bestimmten Punkten aufhängen, ist fast zu vermuten, dass Sie ebenfalls zu der oben beschriebenen Sorte Mann gehören.

  18. REPLY:

    Schade, dass Sie dieses amüsante kleine Scharmützel so bitter ernst nehmen, verehrte Frau Arboretum. Mir geht es um die Dinge, die ich oben angesprochen habe und die Freude am guten Wort, die Sie offenbar nicht teilen können.

  19. Gut geschrieben, aber auch gutgeschriebene Klischees verstimmen, wenn sie in so geballter Form serviert werden. Sie haben möglicherweise zu viele schlechte Filme gesehen, denn dort kommen solch peinliche Männer vor. Peinlich ist aber auch, solche Karikaturen zu verallgemeinern. „Rede an DIE alten Männer!“ und zum oberpeinlichen Schluss wird angeraten, sich in Würde auf’s Ableben vorzubereiten. Danke, Frau Modeste, aber Larmoyanz können Sie besser.

  20. Es ruhen in Frieden…

    Was die Welt des Anständigen – also die reale Welt in ihrem wünschenswerten Zustand – betrifft, mögen Sie recht behalten, Frau Modeste.
    Literarisch ist der Comme-il-faut aber nicht der Rede wert und erstaunlicherweise selber ein bißchen unanständig. All die Humbert Humberts und sonstigen begierigen Alten (Philipp Roth!) machen nämlich ganz schön was her. Ihnen gilt unsere Liebe und unsere Nachsicht. Moral ist keine Sache der Literatur.
    Altersgemäßes Wohlverhalten lohnt sich genausowenig beschrieben zu werden wie wohlfeile Klischees.

  21. REPLY:

    Freude am guten Wort habe ich durchaus, auf solch belehrende wie Ihre, reagiere ich hingegen mitunter leicht gereizt. Ich weiß mich darin aber nicht allein und habe, nebenbei bemerkt, auch nicht den Eindruck, dass Sie damit andere zu amüsieren vermochten.

  22. REPLY:

    Hmm, ich werd´manchmal ja schon kiebig bei 15 Jahre jüngeren Frauen. Erstes Anzeichen, zu den alten Säcken zu gehören, und ist das erst bei 30 Jahren Altersabstand alarmierend? Wobei, ein Status als dirty old man wäre ja vielleicht auch nicht schlecht…

  23. REPLY:

    Che, Dein Habitus ist dafür zu „jung“. Zum alten Sack gehört nicht nur ein Lebensalter, sondern eine paternalistische, selbstzufriedene und aufdringliche Art, mit jüngeren Frauen umzugehen. Die Modeste zielsicher aufgespießt und Arboretum wirkungsgenau beschrieben hat.

  24. Si tacuisses …

    Selten habe ich ein so blasiertes Geschwafel gelesen. Sie wissen nichts vom Alter und haben wenig Ahnung vom Leben. Woher nehmen Sie das Recht, einen Mann, der gern Tiefkühllasagne isst, erbärmlich zu nennen oder eine lässige Lebensweise zu verurteilen ? Für wen halten Sie sich ? Demut verlangen Sie, wenn ein alter Mensch „wider Erwarten“ gefällt ? Wofür bitte sollte Alter ein Hindernis sein ? Für Flirt, Begehren, gar Liebe ? „Pfui und das in Deinem Alter, wie unästethisch“. Was befähigt Sie zur Verwehrung später Lebensfreude ? Von wem lassen Sie sich vorschreiben, was Sie wann und wie leben und empfinden dürfen ? Gegen Belästigung kann sich jede/r wehren. Ein derart überhebliches Richtergehabe jedoch ist lächerlich.

  25. REPLY:

    Ja, Frau Netbitch, das trifft es auf den Punkt. Der „alte Mann“ ist ein Habitus, der mit den Lebensjahren nur insofern zu tun hat, dass er vermehrt ab einem gewissen Alter auftritt. Interessant übrigens, dass jede Frau diesen Typus kennt, und viele Männer entweder seine Existenz oder seine unangenehme Wirkung negieren.

  26. REPLY:

    Es geht nicht um Lebensfreude, sondern um Rücksichtslosigkeit. Und ja: Gegen Belästigung kann man sich wehren. Es wäre aber angenehmer, wenn die Belästiger das Belästigen schlicht lassen würden, denn auch die Abwehr ist anstrengend und verbunden mit sehr unangenehmen Empfindungen.

  27. REPLY:

    Weisheit des Alters, Herr Virtualmono, wünschen wir uns wohl alle, und es gelingt mehr Menschen, als man denkt. Gegen Dummheit und Rücksichtslosigkeit ist natürlich in keinem Alter ein Kraut gewachsen, aber man verlangt – wie ich meine, zu recht – mehr Reife von einem Sechzigjährigen als von einem Zzanzigjährigen.

  28. REPLY:

    Herr Beerich, natürlich, es gibt haufenweise dumme junge Menschen. Der Nachteil an ihren bejahrten Vertretern ist sicherlich, dass es ihnen oft ihre berufliche und gesellschaftliche Position ermöglicht, ihre Dummheit und Vulgarität auf sehr unangenehme Weise auszuleben.

    Und Herr (?) Schwarzmaler: Vielen Dank.

  29. REPLY:

    Natürlich ist das ein Typus, den mehr Eigenschaften kennzeichnen als nur sein Alter, etwa Selbstgefälligkeit, ein unkritischer Umgang mit sich selbst und eine gewisse Rücksichtslosigkeit auf die Empfindungen anderer.

  30. REPLY:

    Nein, der Typus, den ich meine, ist ein anderer, und seine hervorstechendste Eigenschaft sicher nicht die Neigung zu jüngeren Frauen, sondern die Selbstgefälligkeit, die sich zum einen nicht vorstellen kann, dass jüngere Frauen anderer Ansicht sind, und der es zum anderen auch gleichgültig wäre, käme derlei in diesem Weltbild vor.

  31. Was Ihnen dann noch bleibt, wollen Sie wissen? Sie werden es nicht gern hören, aber: Gutes Essen und herbstliche Gespräche vielleicht. Spaziergänge im raschelnden Laub. Die Literatur, Musik (aber hüten Sie sich vor elektrischen Gitarren), und wenn Sie die Frauen nicht lassen können, bewundern Sie auf Abstand. Seien Sie demütig: Wenn Sie wider Erwarten gefallen, seien Sie dankbar. Genießen Sie die letzten vollen, goldenen Tage Ihres Lebens und nehmen Sie Ihren Abschied ohne Bitterkeit. Er lässt sich so oder so nicht vermeiden.
    Sollte Ihre Abhandlung nur den Zweck haben, gegen die Belästigungen zu wettern, ist das Ihr gutes Recht und das anderer Frauen, die sich belästigt fühlen.
    Ihre Schlussfolgerung, was bleibt, scheint mir allerdings nicht sehr vollständig.
    Ich könnte mich als alten, zahnlosen, armen und impotenten Sack bezeichnen. Das Alter ist eine nicht zu diskutierende Größe. Ich war ganz erstaunt, als ich kürzlich ein Schreiben bekam, dass ich ab Mai die Betriebsvorsorgepension beziehen würde. (Die fängt schon mit 58 an. Finde ich cool, habe mich nie darum gekümmert.) Die Zähne sind schon fast wieder vollständig. Über Armut lässt sich diskutieren. Mir bleiben netto 950 Euro. Aber selbstverständlich kann man argumentieren, dass ich statt Miete in eine Immobilie einzahle, die nach weiteren fünf Jahren mir gehören würde. (toi, toi, toi) Da bleibt dann nur die Frage, wie sich die Kinder die Erbschaft aufteilen werden. Die Impotenz ist eine situative und nicht mit jeder Frau gegeben.
    Was ich aber wirklich auf der Habenseite verbuchen kann, ist eine Frau, mit der ich mich nach längerer Trennung sehr gut vertrage. Wir sehen froh dem Alter in einer gemeinsamen Zukunft entgegen. (Frau Columbo ist im Übrigen fünf Jahre älter als ich.) Kinder, die jobmäßig versorgt sind und einen glücklichen Eindruck machen. Vier Enkelkinder, eines lieber als das andere.
    Ja, ich liebe gutes Essen und guten Wein. Noch mehr genieße ich heute Klavier zu spielen. Vermutlich spiele ich besser als je zuvor, weil ich konsequenter übe. Ich habe Kammermusikpartner von Weltqualität, mit denen das Musizieren ein Genuss ist.
    Und ich habe meine Arbeit. Vor einer Woche erzählt mir ein Auftraggeber, dass ich nach drei Wochen Präsenz in seiner Firma zwei Leute in Einstellung und Produktivität ganz erstaunlich gefördert habe.
    Das ist ein Erfolgserlebnis, von dem ich als alter Mann zehre.
    Ich habe Ideen, für deren Prüfung und Realisierung ich vielleicht 20 Jahre brauchen kann. Man könnte es eine Vision nennen – und dafür brauche ich nicht einmal Geld. Das, was ich vor zehn Jahren einmal geleistet habe, könnte sich wiederholen.
    Ich habe eine Arbeit und habe das Glück gehabt, 95% meiner Arbeit in meinem Leben mit Aufgaben verbracht zu haben, die mir Spass machen. Und es ist absehbar, dass ich mir diesen Zustand erhalten kann. Dafür brauche ich kein Geld. Dafür benötige ich Begeisterung und Hirn.
    Es kommt dazu, dass ich ab dem 28. Lebensjahr immer das gerade bestehende Alter als das optimale empfunden habe. (Vorher wollte ich immer lieber älter sein.) Abgesehen vom Lesen könnte ich mich auf Schach oder Go verlegen, wenn mir einmal das Arbeiten zu mühsam wird.
    Und die jungen Frauen?
    Während der Trennung von meiner Frau lebte ich vier Jahre mit einer um sechzehn Jahre jüngeren Frau zusammen. Wir haben uns geliebt und sie ist eine Traumfrau: gescheit (vielleicht sogar gescheiter als ich), attraktiv, lustig, hat mich auf den Hund gebracht (seither liebe ich Hunde) und auch heute noch eine entfernte aber – man könnte sagen – gute Freundin. Nur der Altersunterschied war zu groß. Sie war in einem Alter, da war ich schon um die Welt gereist und erfolgreich gewesen. Es bestand fast so etwas wie eine Eifersucht auf mein früheres Leben.
    Danach kannte ich eine Frau, knapp um die fünfzig, die hätte ich um keine jüngere tauschen wollen. Dass es da nicht geklappt hat, lag eher an einer Lebensinkompatibilität und den Wehen einer Fernbeziehung. Dass es jetzt mit meiner Frau klappt, ist eine Errungenschaft des Alters, die mich Schwächen, die ich früher als solche empfand, die ich auch heute noch als Schwächen sehe, als die Ergänzung und Stärken sehe, die mich am Boden und in der Realität gehalten haben.
    Also wenn ich heute auf der Suche wäre, würde mich viel eher eine Frau wie Herbstfrau interessieren. Die lebt ein lebendiges Leben und strahlt bereits in den Texten Lebensfreude aus. Ich kenne einige Frauen in diesem Alter, die ähnlich aktiv wirken. Irgendwie ist da das Alter überhaupt kein Thema.
    Oder vielleicht Martha Argerich, die Traumfrau schlechthin?

    Belästigungen mag es geben – manchmal geniere ich mich selbst für meine Geschlechtsgenossen. Aber ein bisschen Augenzwinkern ist von beiden Seiten ist schon her angebracht.
    Aber ganz bestimmt gibt es mehr im Alter, als Sie anzubieten gewillt sind;)

    Nachtrag:

    Mir hat das schon vor zwanzig Jahren gefallen. Und den Text verstehe ich heute besser als vor zwanzig Jahren. Dabei lese ich Hesse seit ich achtzehn bin.
    Es lohnt sich, sich da einmal durchzuhören und die sehr hilfreichen Inserts zu lesen.

  32. Belästigung ist keine Altersfrage

    In meinem bald 52 Jahre währenden Leben musste ich feststellen, dass das Belästigungsspiel alle männlichen Altergruppen umfasst, und es war immer meine Sache, wie ich es aufnahm: mittlerweile als geschlechtszugehörige Schwäche 😉

  33. Mir gefallen an diesem Text die Beobachtungen genauso gut wie die „kritischen“ Kommentare, die jedes deiner Worte unfreiwillig verifizieren. Ich bin 29 und stelle fest, seit ca. vier Jahren verstärkt im erotischen Fokus des beschriebenen Männertyps zu stehen, dessen zentrale Eigenschaft nicht der Hang zur jungen Frau, sondern das pausbäckige Vertrauen in die eigene Unwiderstehlichkeit ist.

    Zum klugen Vorschlag, das Umfeld zu wechseln: Wer arbeiten geht, wird in den höheren Hierarchie-Ebenen fast ausschließlich mit alternden und alten Männern konfontiert. Auch wenn nur die Minderheit von ihnen zum beschriebenen Typ gehört – man trifft solche Herrschaften fast jeden Tag.

  34. REPLY:

    Ja, die Emotionalität der Kommentare überrascht und amüsiert mich aufs äußerste. So etwas kommt hier ja ansonsten quasi nicht vor. Überflüssig zu sagen, dass meine Einschätzung hinsichtlich des angesprochenen Typus durch diese Diskussion an Entschiedenheit deutlich gewonnen hat.

  35. REPLY:

    Das erleichtert sicherlich das Leben, indes wird auch durch eine gelassene Reaktion eine unangenehme Angewohnheit nicht amüsanter. Da hält man sich doch lieber an die Herren, die auf derlei verzichten. Denn auch solche gibt es ja genug für das Leben einer Dame, da kann man auf den Rest getrost verzichten.

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