Zu mir aber käme er ganz bestimmt nicht als ein deutscher Philosoph und noch nicht einmal als Pudel. Ein ganz normaler Mann säße, komme ich heim, auf dem Sofa, rauchte starke, scharfe Zigaretten und deutete, stünde ich in der Tür, auf meinen Sessel, als sei er hier daheim und nicht ich. Da säßen wir dann, und ich sähe ihn an.
Ich wisse schon, was er von mir wolle, würde er sagen und füllte sein Glas mit meinem Wein, und obwohl er recht hätte, schüttelte ich den Kopf. Er würde lachen. Sehr aufgeregt wäre ich, weil man derlei Besuch nicht oft bekommt, und würde ihn genau betrachten, um später aller Welt erzählen zu können, wie er aussieht. Dunkel stelle ich ihn mir vor, zartgliedrig und hübsch, mit blauen Schatten unter den Augen und langen, wächsernen Fingern. Einen Anzug hätte er an, italienisches Fabrikat, einen Ring am rechten, kleinen Finger, und seine Schuhe glänzten so sehr, als sei er nicht zu Fuß gekommen, und das würde wohl auch so sein.
Dann aber sprächen wir von Geschäften. Dass man es ja eh nicht richtig machen könnte, würde er werben, und dass jeder schuldig würde, ausnahmslos und immer. – Vor dem Fenster aber leuchtete der Abend, als gebe es ihn nicht, und auf dem Tisch verströmte ein Strauß Tuberosen die ganze süße, betäubende Fäulnis des Sommers. Heiß wäre mir, und mein Blut schlüge mir hart an die Schläfen.
Dass nichts vollkommen sei, und die Vollkommenheit selbst unerträglich, würde er wispern. Dass jedes System fehlschlüge, weil der Fehler älter sei als alle Logik. Dass die Marktwirtschaft etwa, würde er sagen, an der Gier kranke, und der Sozialismus an der Trägheit. Dass die Schönheit zum Hochmut verführe, die Hässlichkeit zur Larmoyanz, dass man den einen Mann verlasse, weil er zu langweilig sei, und den anderen, weil man ihn nicht aushielte, und nur der sei zu beneiden, der die Fehler einbaue, annehme, der selbst zum Fehler würde und tanzte lachend, den Preis des Fehlers in den vollen Händen. Dass doch ohnehin, wie es sei, alle Mühe vergeblich sei, und die Mühe selbst daher zu verwerfen. Dass am Ende doch gleich sei, ob das Scheitern trotz der guten Vorsätze oder wegen der schlechten eingetreten sei, und nur derjenige wahrhaft klug zu nennen, der im richtigen Moment die Augen zu schließen imstande sei und dies auch tue.
Fast vernünftig erschiene mir seine Rede. Die Katzen aber maunzten ängstlich im Bad. Die Blumen welkten von seinem Anhauch, und vor dem Fenster triebe ein plötzlicher Windstoß alte Blätter durch die Straßen, und ich schlänge erschauernd die Arme um meinen Leib, als gelte es, mich zu schützen. Er aber würde lachen. Dass jede Ziererei vergeblich sei und ganz und gar ridikül, würde er brüllen, ausgelassen, mit aufgerissenem Mund und spitzen, schadhaften Zähnen. Dass ich, wir alle, das alles Leben vor und hinter der Tür, sein längst sei, dass nur der Preis, der Lohn noch Verhandlungssache, dass ich es mir überlegen könne oder auch nicht, und in einer Welt aus Falschheit das Richtige nichts weiter sein könne als dumm.
Wütend würde ich werden, und wiese ihm die Tür. Bebend vor Lachen bliebe er sitzen, streckte die Hand nach mir aus, sekunden- ach: minutenlang und vielleicht, möglicherweise, ich weiß es nicht genau, griffe ich zu und würde es bedauern im selben Moment.
Warum nicht gleich so, würde er sagen, und ich läge, klopfenden Herzens, an seiner Brust.
Fröstel!
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Vielleicht fürchtet man ihn viel zu selten.
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Gut möglich. Generell wäre auch mehr Demut angezeigt.
Ich frage beim wiederholten Lesen gerade, ob ich einem déjà-vu aufsitze. Hatten Sie sich diese Begegnung mit Gevatter T. nicht schon mal ausgemalt, wenn auch etwas anders? Wenn nein, entschuldigen Sie die meiner Verwirrung entspringende Frage. Und falls doch: Ein großes Thema verdient durchaus, dass man sich ihm mehr als einmal widmet.
Oder verwechsle ich gerade Tod und Teufel?
Angesichts dieses Textes frage ich mich, ob nach Ihrer Vorstellung, Frau Modeste, wohl Louis Cyphre geschaffen wurde. Robert De Niro is waiting …
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Des Pudels Kern ist der Teufel. 😉
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Den kenne ich nicht. Indes kann ich ihn mir, glaube ich, vorstellen. Es gibt ja zwei Stränge der Teufelsdarstellung, den Bauernteufel sozusagen und den Elegant, wobei Letzterer den jeweiligen Zeitumständen ja gut anzupassen ist.