Journal :: 13.05.

John Gabriel Borkmann, Schaubühne

Etwas hakt. Nicht ganz klar ist, ob es an Bierbichler liegt, der zu erdhaft, zu bäuerlich, zu verwachsen mit den Elementen scheint, als dass man ihm den betrügerischen, inhaftierten und entlassenen Bankier John Gabriel Borkmann abnehmen würde. Die Illusionen über sich, über die eigene Bedeutung und die eigene Zukunft – das ja. Nicht aber das geisterhaft verstiegene, das ganz und gar unsinnliche Hingegebensein an die abstrakte Macht des Geldes, das in diesem Stück von Ibsen etwas Dämonisches ausstrahlt, ohne doch die Sinnlichkeit zu gewinnen, die Bierbichler verkörpert.

Vielleicht ist es auch der Sohn, den Sebastian Schwarz mit angemessener Erbärmlichkeit darstellt, denn wie soll auch jemand beschaffen sein, an dem jedes Familienmitgliedes Wünsche hängen wie schwere Steine. Den Freiheitsdrang jedoch, der ihn am Ende das Gespinst fremder Erwartungen zerreißen lässt, ist in der Darstellung der ersten 45 Minuten kaum angelegt. Ein wenig kretinhaft wirkt er, und nicht ganz überzeugend ist, dass Mutter und Tante ihre Erwartungen an jemanden heften, der so ist, wie er scheint. Die Macht der Illusionen, die Kraft unserer Wünsche, die Welt so anmuten zu lassen, wie wir sie gern hätten: Ein wenig Nahrung braucht sie halt doch, und so hätte ein wenig mehr Elastizität diesem Erhard Borkmann gut getan.

Immerhin: Es wird nicht langweilig. Der Abend rauscht mit Tempo und schnellen Wechseln durch nicht ganz zwei Stunden. Auf der karg ausgestatteten Bühne strahlen wenige Möbel der schon leicht museal wirkenden letzten Moderne eine Lebensfeindlichkeit aus, die diesem Stück des endgültigen Ruins nicht nur der Existenz, sondern auch aller Chancen, einen Rahmen bietet, auf dem ich fast mit ein wenig Rührung Kirsten Dene und Angela Winkler als feindlichen Schwestern zusehe, wie sie scheinbar um den Sohn und wirklich um das eigene scheiternde und vergehende Leben kämpfen, um am Ende beide zu verlieren.

„Nett war’s.“, sage ich schließlich, eine Stunde später in der Bahn, den Hörer am Ohr. Viel zu viel habe ich heute gesprochen, fällt mir auf. Ein Vortrag, vier Telefonate, ein bißchen Geplänkel. Ein Empfang. Ich bin so müde.

„Ich schreibe später auf wie’s war.“, sage ich und lege auf.

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