Journal :: 18.05.

Neun Kilo habe ich seit Weihnachten abgenommen, behauptet die Waage. Leider sieht man nichts. Oder nur ganz wenig. Frisch geduscht stehe ich vor dem Spiegel, kneife mir in die Seiten, beuge mich vor und zurück und frage mich, was man eigentlich machen muss, um so auszusehen, wie man aussehen will, oder ob das gar nicht geht. Irgendwie habe ich am Bauch immer noch mehr Speck als Muskeln.

„Findet ihr, ich mache mir zu viel Gedanken um mein Aussehen?“, frage ich die Lieblingskollegen mittags beim Sushi. Aber nein, sagen beide brav im Chor. Es hört sich irgendwie verdächtig an. Ob eine weitere Gewichtsabnahme empfehlenswert sei, frage ich daher nicht. Als ich nach Hause komme, schaue ich bei Google nach, was man eigentlich idealerweise wiegt, wenn man so groß ist wie ich. Leider ist das Internet bei den wirklich ernsthaften Fragen des Lebens auch diesmal keine große Hilfe.

Nach sechs soll man nichts mehr essen, habe ich gehört. Andere Stimmen dagegen behaupten, die Uhrzeit sei egal. Weil ich eh nie vor neun zu Hause bin, beschließe ich, die zweite Ansicht sei zutreffend, richte Salat mit Huhn an, backe eine Brezel auf, und sollte zu Bett gehen, als ich doch noch – nur für eine halbe Stunde, sage ich mir – ins Lass uns Freunde bleiben gehe, mit dem J. und dem M.2 erst eine Weinschorle und dann einen Sekt trinke, über Politik und Cabrios lache und schließlich zu spät zu Hause bin, wie immer.

Es ist zwanzig nach eins. Der Tag wird lang.

21 Gedanken zu „Journal :: 18.05.

  1. deine texte sind schön und witzig. das ewige diktat der waage! hauptsache du fühlst dich wohl und dir gehts gut!
    liebe grüsse
    waldviertelleben

  2. man kann es dem text nicht entnehmen, aber zum „aussehen, wie man aussehen will“ gehört neben gutem essen das antrainieren des genusses von grenzschmerzen. ich gehe seit etwa anderthalb jahren in die sparta version des krafttrainings [keine musik, keine bar, keine handys, kein nerviges gekwatsche] und kann selbstgeißelung inzwischen etwas besser nachvollziehen. davon ab: das dauert mindestens 5 jahre bis man in etwa da ist, wo man hin will …

  3. REPLY:
    Danke! Das freut mich ganz besonders. Ich fürchte ja bisweilen, die Darstellung meines alles in allem ziemlich banalen Daseins sei etwas langweilig. So ein Alltagsleben haben Leute ja schließlich auch selbst.

  4. REPLY:
    Ja, aber morgens kann ich doch nichts essen. Und Mittags geht es meistens zu schnell, und vor zehn bin ich selten daheim. Da bleibt nicht viel. Ich weiß nicht, wie andere Leute mit Job sich ernähren. Vielleicht nehmen die sich immer was mit und essen einsam am Schreibtisch?

  5. REPLY:
    natürlich, das Leben ist voller Banalitäten und die Kunst ist daraus etwas interessantes zu machen. Das gelingt Ihnen ganz famos. Mir gelingt das viel weniger, da ich so unglaublich zufrieden bin und nichts mit Weltschmerz und Unverständnis betrachte. Deshalb sind Single- auch viel spannender als Paargeschichten.

  6. Die Uhrzeit ist in der Tat egal. Die Gesamtkalorienzahl ist es. Und das auch nicht unbedingt täglich, sondern über eine Woche gesehen. Mehr Kalorien als Verbrauch führt langfristig zu Röllchen oder Rollen. Weniger Kalorien als Verbrauch langfristig zu …. naja… manchmal sieht man nix. Gottseidank aber auch andersrum. Sieht man manchmal nix. Merkt man nur. An den blauen Lippen bei Tragen der Lieblingsjeans. Lieblingsjeans oder Atmen. Man muss halt einfach Pioritäten setzen. :)))

  7. REPLY:
    Erdbeerkuchen zum Beispiel. Ich habe heute mit einem späten Frühstück den gesamten Kalorienbedarf eines Tages auf einmal verschlungen, aber es hat sich gelohnt.

  8. REPLY:
    Da Neid leider nicht schlank macht, möchten Sie doch bitte verraten, wie Sie das in der kurzen Zeit geschafft haben. Trotz Alkohol und dem ein oder anderen Restaurantbesuch.

  9. REPLY:
    Ich habe mich bei WW online angemeldet. Lustigerweise bin ich mit den Punkten trotz fast täglichen Essengehens sogar hingekommen, allerdings habe ich auf Fritiertes und Sahnesaucen (fast) komplett verzichtet, Kuchen nur noch am Wochenende gegessen und mehr Sport getrieben. Ganz konsequent war ich nicht, außerdem habe ich die Möglichkeit genutzt, kohlenhydratreiche Lebensmittel in ziemlich großen Mengen zu essen („Sattmacher“). In den einschlägigen Foren behaupten Massen von Leuten, man nähme dann nicht ab, ist aber Quatsch.

  10. REPLY:
    In Anbetracht der Tatsache, dass ich ohnehin kaum Kuchen, Sahnesaucen, geschweige denn Frittiertes esse (mag ich auch gar nicht), den Süßigkeiten weitgehend entsage, wenig Alkohol trinke und auch regelmäßig Sport treibe, lässt mich das nun nicht hoffen, damit ähnliche Erfolge erzielen zu können.

  11. REPLY:
    Naja, ich schlage normalerweise schon ziemlich zu. Ich gehe mittags und abends essen und bestelle halt lieber Lasagne als Spaghetti Napoli, lieber Kroketten als Kartoffeln und ziehe Kuchen Brot vor. Eine Diät im engeren Sinne, bei der ich mich völlig umstellen müsste, halte ich deswegen nicht durch. Der partielle Verzicht bringt aber schon was, leider sieht man es nicht so richtig.

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