Journal :: 12.06.

Aber wenn der Regen warm wäre, mein Lieber, und Berlin menschenleer, dann stünde ich auf. Sandaletten würde ich tragen und einen Badeanzug und sonst nichts, und liefe die Treppen abwärts zum Hof. Schwer hingen die Wolken schwarz auf den Dächern, die Luft wäre heiß, feucht und nass und die Straßen glänzten körnig im Dampf. In den Rinnsteinen stünde das Wasser vor den Gullys, ich schöbe mein Fahrrad auf die Straße und radelte los. Der Regen durchnässte mir Haare und Haut, und schon auf der Schönhauser Allee wüsste ich nicht mehr, was Schweiß wäre, und was nur der Regen.

Am Shiro i Shiro böge ich ab, auf die Linden würde ich fahren, und im Licht der Laternen, glitzernd vor Tropfen, radelte ich an der Oper vorbei Richtung Westen. Ein Wind käme auf, warm wie an südlichen Meeren, führe mir in die Seiten und holte mich schließlich vom Rad. Am Rande der Straße würde ich liegen, und um mich herum wütetet der Sturm. Unter der Straße schlüge das Herz dieser Stadt bis zum Hals, die Winde würfen mich hart in die Kronen der Bäume, und ließen mich liegen, am Morgen, schwerelos schlafend, nüchtern im Morgenrot und strahlend und schwebend, mein Lieber, über der Stadt.

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