Menschen von teuflisch schlechtem Geschmack haben ganz offensichtlich die farbige Beleuchtung markanter Gebäude in der ganzen Stadt beschlossen. Die Wirkung ist frappierend: Vom Fernsehturm bis zum Brandenburger Tor sieht ganz Berlin aus wie eine ziemlich billige Attrappe seiner selbst, wie sie etwa in einem Vergnügungspark herumstehen könnte.
Vor den bunten Bauwerken stehen, gehen und staunen Touristen die Stadt an und photographieren. Ich finde Touristen an sich sehr gut, weil irgendwer schließlich diesen nicht gerade vor Produktivität platzenden Ort finanzieren muss, aber ab einer gewissen Konzentration von Menschen pro qm sieht man auch grundsätzlich willkommene Menschen weniger gern als sonst. Der Weg von der abendlichen Lesung im Tucher zurück erst in eine Kneipe an der Auguststraße und dann in den Prenzlauer Berg ist ein wenig, nun, mühsam.
Am Ende gibt es nicht einmal mehr etwas zu essen für den hungrigen Herrn Neft, denn hier, östlich der Prenzlauer Allee, wird es dunkel und leer. Hier stehen keine Touristen und photographieren. Hier trinken keine zwanzigjährigen Briten. Hier feiern die Spanier nicht, hier geht das Umland nicht aus. Hier geht man einfach zu Bett. Einsam leuchtet hier und dort noch ein verlorenes Fenster. Es ist noch nicht einmal eins.
Liebe Modeste, die Senatsreserven für „Abschreckende Farben & Leuchtstoffmittel“ von 1980 in Lichterfelde Ost mussten nun zwingend wegen Verfallsgefahr aufgelöst werden. Und da der private Gebrauch von häßlichem Licht konstant zurück geht, musste das irgendwie auf den Markt. Auch die Vereinscafes mit M-Grund, Swingerclubs und Spielcasinos nehmen ja wegen dieses Gentrifidingsbums immer weniger davon ab. – Bei uns im Freien Westen sind es eher Amis und der alte Erbfeind. Die Ersteren sehr laut, aber immerhin tatkräftig; die Franzosen habe alle Kinder, aber saufen deshalb wenigstens nicht auf der Straße – „Berlin is like Berlin in the 80`s“
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Es sieht unglaublich aus, aber die Touristen scheinen die Stadt auch knallbunt ganz gern zu haben.