Man wird ja noch mal sagen dürfen.

Sie. Ja, Sie an Ihrem häuslichen Rechner. Ich möchte Sie kennenlernen, denn über Leute wie Sie weiß ich bisher nichts.

Gelegentlich begegne ich Ihnen beim Zeitunglesen im Netz, aber bis heute weiß ich nicht einmal, wie man Sie anspricht. Sagt man „Liebe Forennutzer“? Oder ist „sehr geehrte Damen und Herren Kommentatoren“ besser? – „Hallo miteinander“ erscheint mir etwas informell, denn so, wie Sie sich in den Foren und Kommentarsträngen zu vorwiegend politischen Artikeln etwa bei Spiegel Online, bei faz.net, sueddeutsche.de oder zeit.de äußern, scheinen Sie sich meistens so ernst zu nehmen, dass ein lässig dahingegrüßtes Winken Ihrem Geltungsanspruch möglicherweise nicht gerecht werden wird. Vielleicht sind Sie dann beleidigt. Beleidigt sind Sie – verzeihen Sie mir den Einwurf – schließlich ziemlich oft.

Ich will nicht ungerecht sein, aber der Anteil derer unter Ihnen, die sich von der Welt und der Politik beständig schlecht behandelt oder auf bisweilen diffuse Art und Weise geringgeschätzt, für dumm verkauft oder nicht ernst genommen fühlt, erscheint mir verhältnismäßig hoch. Ich teile diese Empfindung, meine Interessen würden nicht gehört, zum Beispiel nur sehr selten, aber diese Ansicht über die Einrichtung der Welt gilt Ihnen, ich habe es gelesen, entweder als naiv oder ich gehöre in Ihren Augen möglicherweise auch zu denen, die dieses Land zu ihrem Vorteil unter sich aufgeteilt haben. Die Meinung, es gebe eine Art Verschwörung wahlweise von naiven „Gutmenschen“ oder von „denen da oben“, die an der Mehrheitsgesellschaft vorbei Klientelinteressen bedienen, scheint unter Ihnen deutlich verbreiteter zu sein als unter Menschen, mit denen ich am Tisch sitze und Meinungen austausche, wenn mir einmal danach ist.

Überhaupt Meinungen. Ein schwieriges Thema. Ich bin mir, was die eigene Meinung angeht, oft nicht so sicher, welche Mechanismen Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft bewegen. Was rechts unten passiert, wenn man links oben an einer Strippe zieht, ist für mich oft überraschend. Ich habe mich da auch schon nicht selten geirrt. Zum einen verstehe ich nicht so arg viel von Volkswirtschaft oder Soziologie. Zum anderen ist mein Horizont ein ziemlich spezieller. Ich kenne einen eher engen Ausschnitt der Gesellschaft. Das bringt die Großstadt so mit sich; bei meinen Eltern in einem kleinen Nest von 10.000 Einwohnern ist das noch deutlich anders. Wären alle Menschen so, wie die, die mich umgeben, wäre jeder so ungefähr 35, hätten die Grünen Stimmanteile von 85%, weniger als 25% der Bevölkerung hätte ein Auto, dafür 95% einen geistes- oder gesellschaftswissenschaftlichen Abschluss und gute 75% Wohnungen am Prenzlauer Berg. Es mag deswegen sein, dass die Gesellschaft auf irgendwelche Maßnahmen oder Änderungen völlig anders reagiert, als ich es annehme. Dass das die Belastbarkeit meiner Einschätzungen beeinträchtigt, versteht sich von selbst.

Sie dagegen sind, wie ich Ihren Postings entnehme, von der Allgemeingültigkeit Ihrer Weltsicht oft auf frappierende Weise überzeugt. Andere Ansichten sind deswegen in Ihren Augen meistens keine Anregung, wie man die Welt sonst noch so betrachten kann, sondern schlichtweg falsch. Temperamentvollere Gemüter unter Ihnen sehen angesichts falscher Ansichten dann jedesmal gleich das Abendland in Gefahr. Sie sehen, wenn ich Sie richtig interpretiere, in Diskussionen nicht eine ziemlich gute Methode, die vielen gesellschaftlichen Handlungsoptionen daraufhin abzuklopfen, ob sie einerseits funktionieren und andererseits von tragfähigen Mehrheiten unterstützt werden. Sie gehen stattdessen vielfach davon aus, es gebe einen richtigen Weg zu einer guten Gesellschaft, und wer diesen nicht vertrete, sei entweder böswillig oder dumm.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, wenn Sie Entscheidungsträger in Politik oder Wirtschaft geringschätzen. Wer denkt schon gut über böse oder dämliche Personen. Was ich aber doch gern einmal von Ihnen wüsste: Glauben Sie wirklich, das alles ginge anders? Politik könnte einfach so Ihre persönliche Weltsicht vollstrecken, durchregieren, umsetzen, was Ihnen richtig erscheint? Und halten Sie Ihre Ansicht wirklich für so verbreitet, wie es bisweilen scheint? Sie identifizieren sich ja in verblüffendem Maße mit einer angeblich schweigenden Mehrheit. Woher wollen Sie das eigentlich wissen? Halten Sie es nicht für möglich, dass es Ihnen am Ende geht wie mir: Sie leben umgeben von Personen, die Ihnen vom Herkommen, vom Habitus, von den Lebensumständen und von der Weltsicht stark ähneln und verwechseln ihre persönliche Wahrnehmung mit der Realität einer komplexen Bevölkerung von 80 Mio. Menschen.

Wie diese Lebensumstände aber so aussehen, in denen Sie sich befinden, dass frage ich mich bisweilen dann doch. Ich kenne keine Leute, die mir spontan in den Kopf kommen, wenn ich lese, wie Sie sich austauschen. Oder kenne ich sie doch, aber Sie verschweigen mir Ihre Ansichten, wenn Sie mir gegenüberstehen, weil sie annehmen, dass ich diese nicht teile? Halte ich jedes Gegenüber für einen weltklug-humorvollen Liberalen, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass es Leute gibt, die ich nett finde, die aber Weltsichten hegen, die ich unverständlich finde, ein wenig engherzig oder gar verächtlich? Oder leben Sie tatsächlich woanders, in kleinen Städten irgendwo am Land vielleicht oder in Spandau, Köpenick oder Wilmersdorf und ich treffe Sie deswegen nie? Sind Sie vielleicht deutlich älter als ich, vielleicht ein gelangweilter Rentner? Ich kenne quasi niemanden über 50, vielleicht liegt es daran. Ich stelle Sie mir meistens männlich vor, aber vielleicht stimmt das gar nicht? Sind die männlichen Namen, die Sie bei der FAZ angeben, vielleicht Pseudonyme und in Wirklichkeit heißt mancher Gerd Gertrud, Manuela oder Kerstin?

Aber werden wir konkret: Sind Sie verheiratet? Wann waren Sie das letzte Mal verliebt? Sehen Sie gut aus? Ich trage heute Jeans von G-Star, Chucks, ein Top von Zara und einen Cardigan vom Comptoir des Cottoniers. Was haben Sie denn so an? Haben Sie dieses Jahr schon für etwas demonstriert? Wie viel geben Sie pro Jahr für andere Menschen aus? Überhaupt Geld: Sind Sie mit Ihrem Einkommen zufrieden? Ist Ihnen Geld wichtig? Wären Sie als Unternehmer lieber Steve Jobs oder Ferdinand Piëch? Als Schriftsteller lieber Clemens Meyer, Daniel Kehlmann oder Frank Schätzing? Wer würde Sie in einem Biopic angemessen darstellen? Glauben Sie an Gott?

Ich weiß nichts über Sie. Ich würde gern wissen, wer Sie sind.

(Ich glaube, ich werde Sie nicht mögen.)

31 Gedanken zu „Man wird ja noch mal sagen dürfen.

  1. Ein sehr schöner Artikel, vielen Dank Frau Modeste. Da ich nicht zur beschriebenen Klientel gehöre, kann ich Ihre Fragen leider nicht beantworten, kann Ihnen aber mitteilen, dass sie mit dieser Fragestellung nicht alleine sind. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie viele Menschen die Welt an sich verstanden zu haben glauben, und ohne den leisesten Zweifel oder auch nur das Betrachten der Möglichkeit, andere Meinungen könnten zumindest mal für fünf Minuten bedenkenswert sein, ihre Ansichten in die virtuelle Welt hinausschreiben (oder sind das gar nicht so viele und die wechseln nur stetig ihre Nicks?). Aber diese Verwunderung haben Sie ja gerade schon wesentlich eloquenter als ich es könnte formuliert. Ich wage allerdings zu bezweifeln, dass Sie hier Antworten bekommen werden…

  2. Werte Modeste,

    Wären alle Menschen so, wie die, die mich umgeben, wäre jeder so ungefähr 35, hätten die Grünen Stimmanteile von 85%, weniger als 25% der Bevölkerung hätte ein Auto, dafür 95% einen geistes- oder gesellschaftswissenschaftlichen Abschluss und gute 75% Wohnungen am Prenzlauer Berg.

    Ich kenne quasi niemanden über 50, vielleicht liegt es daran.

    genau daran liegt es. Sie geben sich die Antwort ja schon selbst: Wer einen derartig beschränkten Bekannten- und Freundeskreis hat, der kann ja gar nicht über seinen Tellerrand hinausblicken, so sehr er sich auch anstrengen mag.

    Zu meinem Freundeskreis zählen zum Beispiel sowohl Anfang 20- als auch über-60-jährige, mit der ganzen breitgestreuten Palette dazwischen (und da ist die Familie jetzt noch nicht einmal berücksichtigt) – und das sind gute bis sehr gute Freunde, die man noch an den Fingern abzählen kann. Allerdings gilt diese Verteilung genauso für die Leute, die ich eher als Bekannte bezeichnen würde.

    Außerdem scheinen Sie meiner bescheidenen Meinung nach viel zuviel Wert auf Äußerlichkeiten zu legen – glauben Sie mir, damit kann man ganz schön danebenliegen und auch tierisch auf die Nase fallen…

  3. REPLY:

    Wer einen derartig beschränkten Bekannten- und Freundeskreis hat, der kann ja gar nicht über seinen Tellerrand hinausblicken, so sehr er sich auch anstrengen mag

    Doch sicher, vielleicht aber nicht ganz so weit. Und diese Einschränkung wiederum kann man (frau) erkennen und sich nicht zum Erklärbar für alle Probleme der Welt aufschwingen. Thematisiert wurde hier doch, so verstehe ich es, die mangelnde Fähigkeit mancher Mitmenschen, ihre eigenen Ansichten als relativ zu erkennen und nicht als der für alle Lebewesen gültig zu seiende Weisheit letzter Schuss. Oder glauben Sie, dass der beschriebene *Typ* Umgang mit Menschen aus allerart Altersstufen, Kulturen, usw. pflegt und ob dieser Bekanntschaften ein reiflich durchdachtes, ausgewogenes, „gerechtes“ Urteil über eine Fragestellung fällt?

  4. (Ich glaube, ich werde Sie nicht mögen.)

    Ich weiß, schon, dass Sie mich nicht mögen. Ich bin schon fast 60.

    Aber den Fragen stelle ich mich ohne Weiters:
    Aber werden wir konkret:
    Sind Sie verheiratet?
    JA
    Wann waren Sie das letzte Mal verliebt? Ich bin ständig verliebt, mitunter sogar in meine eigene Frau.
    Sehen Sie gut aus? Können Sie selbst anhand des Fotos beurteilen.
    Ich trage heute Jeans von G-Star, Chucks, ein Top von Zara und einen Cardigan vom Comptoir des Cottoniers. Was haben Sie denn so an?
    Heute ist Sonntag, da bin ich leger. Sonst trage ich Anzüge, Krawatten entweder von meiner Tochter oder welche mit einer Aussage.
    Heute einen Pulli von Hesse-natur, eine Hose von Eurex, ein Hemd 100% Baumwolle rot.
    Haben Sie dieses Jahr schon für etwas demonstriert? Vielleicht das erste Mal habe ich mich in einer Petition engagiert und sogar einen Internet-Aufruf weitergeleitet. (Es ging um die Zwillingen-Abschiebung.)
    Wie viel geben Sie pro Jahr für andere Menschen aus? Schwierig zu beantworten, vermutlich die Hälfte, nachdem die Kinder schon aus dem Haus sind.
    Überhaupt Geld: Sind Sie mit Ihrem Einkommen zufrieden? JA
    Ist Ihnen Geld wichtig? MITTEL. Wichtiger ist mir Spass – auch bei der Arbeit.
    Wären Sie als Unternehmer lieber Steve Jobs oder Ferdinand Piëch? Na doch Steve Jobs, passt ja auch besser zu meinem Beruf.
    Als Schriftsteller lieber Clemens Meyer, Daniel Kehlmann oder Frank Schätzing? Daniel Kehlmann, das ist ziemlich eindeutig.
    Wer würde Sie in einem Biopic angemessen darstellen? Keine Ahnung
    Glauben Sie an Gott? Sind Sie Gretchen? Können Sie Gott z.B. leugnen, wenn Sie den Beitrag lesen: http://kwakuananse.twoday.net/stories/8390535/ ?

  5. Ein grottenschlechter Text

    Affekttriefend, fehlerstrotzend, oberflächlich.
    Der Erzähler darf alles sagen – aber selbstverständlich! Dazu bedarf es keineswegs dieser übertitelnden, indignierten Selbstermächtigung. Doch ist die Welt mittlerweile geradezu zum Bersten angereichert mit solch verschnöselten, achtelgebildeten Wohlstandshalbkindern um die 35. Insofern bietet der Text nichts Neues oder gar Bemerkenswertes.

    Überdies vermag sich mir in keiner Weise zu erschließen, wie dieser Text Sie persönlich in Ihrer menschlichen Entwicklung weiterbringen könnte, werte Modeste, außer, dass Sie möglicherweise einmal Ihren „Schatten“ bedienten.

    PS: sorry für die harsche Kritik

  6. Offenbar wissen Sie bereits jetzt schon, obwohl Sie nur einen extrem kleinen Personenkreis Ihrem Einzugsgebiet zuordnen….dass Sie Menschen nicht mögen, die in solchen Foren ihre Meinung äußern. Nein, ich tue dies nicht…mich dort äußern, obwohl ich mit Fug und Recht behaupten kann, dass ich als alleinerziehende Mutter, die zudem auch noch Geschäftsfrau ist nicht die Erfahrung gemacht habe, dass mich dieser Staat bei meinem – weit über das Normalmaß gehenden- Bemühung in irgendeiner Weise unterstützt.
    Mein Bekannten und Freundeskreis ist ähnlich wie bei meinen Vorrednern durchaus komplexer, vielfältiger was den beruflichen Background anbelangt und auch die Altersgruppe. Zudem habe ich jeden Tag mit Menschen zu tun die jeden Alters und jeder Gesellschaftsschicht entstammen. Das macht manchmal wütend, traurig, ist oft hilf- und lehrreich und fast immer eine Bereicherung.
    Da ich bereits schon die 50 hinter mir gelassen habe sind solche Persönlichkeitsprothesen wie Markennamen irgendwelcher Bekleidungshersteller noch irrelevanter als sie vielleicht in jungen Jahren mal gewesen sein mögen….(jeans, Boots, Parker…henna-gefärbtes Haar). Es ist für mich sehr aufschlußreich, dass Sie dies überhaupt erwähnen.
    Nein, ich war nie verheiratet……..ja…ich war sehr verliebt in den letzten 5 Jahren….heute trage ich eine Jogginghose und nen Schlabberpulli (zum Kelleraufräumen ;-))))). Ja, ich habe dieses Jahr demonstriert und spende regelmäßig für ‚Ärzte ohne Grenzen‘ …Die Reihe der Schriftsteller reicht mir nicht und meinen Glauben behalte ich für mich.

    Klara…einfach Klara 😉 Frau wird bescheiden im Alter und benötigt die konventionellen Attitüden immer weniger………..

  7. vielleicht ist es mein fehler. vielleicht ist das alles ironie und satire und ich verstehe es nur nicht. und überhaupt fühle ich mich nicht eigentlich angesprochen, ich bin zwar alt genug, um mich angesprochen fühlen zu können, aber ich lese meine zeitung immer noch am küchentisch, die unhandliche variante aus papier, die so schön knistert beim umblättern und poste danach nichts.
    aber ist das so bei dieser gruppe (vermeintlich) gutgekleideter mittdreißiger vom prenzlauer berg, dass sie kennenlernen für etwas halten, das aus abgrenzen besteht und nicht aus neugier?
    ich glaube ich möchte nicht unbedingt wissen wer sie sind
    (vielleicht würde ich sie sogar mögen)

  8. REPLY:
    Interessant

    Wenn ich das richtig interpretiere, verteidigen Sie den hiesigen Artikel, obwohl Sie gerade zu der adressierten Gruppe gehören. (Gut, vielleicht sind Sie eine Freundin der Autorin und fallen daher aus dem Schema heraus.) So wie es aussieht, bloggen Sie anonym mit einem Nickname, der keinerlei Aufschluss über Ihren Hintergrund gibt.
    In manchen durchaus seriösen Tageszeitungen sind die anonymen Forenpostings von einem Niveau, das erschreckt. Es ist Stammtisch unter dem Deckmantel der Anonymität. Während am Stammtisch das Gruppenbewusstsein die Legitimation für Vorurteile, Verhetzungen und Denunzierung ist, ist es in der vemeintlichen Anonymität des Netzes die Aonymität selbst.
    Ich kenne die Autorin nicht, obwohl ich ungefähr 85% der Mitglieder, bei denen ich kommentiere oder die bei mir kommentieren persönlich kenne. Genau das, was die Autorin aber in ihrem eigenen Blog moniert, macht sie selbst. Als anonyme Bloggerin, von der man das Alter, ihre Angst, noch älter zu werden, und ein gewisse Obeflächlichkeit kennt, wundert sie sich anscheinend, dass sie von anderen Vertreter ihrer eigenen Gruppe nichts weiß.
    Da steckt doch ein gewisse Unlogik dahinter, oder?

  9. Nun, ich würde wahrscheinlich auch zu dem Klientel gehören, welches Sie anhand meiner öffentlich zur Schau gestellten Meinung eher nicht mögen würden. Das kann ich nachvollziehen, denn mir geht es oft genug genauso. Würde ich nur diesen Text lesen, dann hätte ich wahrscheinlich auch ein ungutes Gefühl bezüglich Ihrer Person, aber die (wenigen) Begegnungen im sog. Reallife belehrten mich eines Besseren …

    Insofern sage ich Sie haben „auch“ Recht, schlussendlich ist m.E.n. alles eine Glaubensfrage. Glaube ich dass der Politiker meine Interessen nach bestem Wissen und Gewissen vertritt oder glaube ich es nicht. Mein Bekanntenkreis ist ebenfalls viel heterogener als Ihrer und darunter sind ebenfalls Menschen mit abweichender Meinung oder auch politischem Desinteresse und mit allen habe ich gelernt umzugehen.

    Der Text ist eigentlich hervorragend, den er formuliert genau das ungute Gefühl welches ich habe, wenn mich jemand nach einer meiner Unmutsbekundungen fragt wie ich es denn machen würde.

  10. REPLY:
    Tatsächlich hat mich das auf die Diskussion um Herrn Sarazzins Buch einigermaßen beschäftigt – wer das wohl ist, der in den Kommentarsträngen zu dieser Debatte im Brustton der Überzeugung seine Ansichten äußert, ohne den geringsten Zweifel, recht zu haben. Diese ganz charakteristische Mischung aus Selbstgerechtigkeit und Rechthaberei. Kurios.

  11. REPLY:
    Herr Virtualmono, die Vielfalt Ihres Freundeskreises ist sicher erfreulich für Sie, hat mit dem Gegenstand dieses Textes aber nichts zu tun. Dieser dreht sich, wie Frau Mia anmerkt, um die Frage, woher die Kommentatoren von Zeitungsartikeln eigentlich die Gewissheit nehmen, sie hätten recht und alle anderen unrecht. Dies zu benennen muss man, Herr Steppenhund, auch nicht mit mir befreundet sein. Ihre Analyse über den Online-Stammtisch teile ich in erheblichem Maße, allerdings möchte ich doch anmerken, dass ich es nicht sonderbar finde, dass Kommentatoren anonym bleiben möchten (vielleicht haben sie schlicht – wie ich – einen Job, der dies nahelegt?), sondern wie und was sie vielfach äußern.

  12. REPLY:
    Ich habe, Herr Steppenhund, natürlich nichts gegen ältere Menschen, mir laufen nur sehr wenige über den Weg. Das ist ein Nachteil großer Städte – man hat wenig Berührungspunkte mit Menschen aus anderen Gesellschafts- und Altersgruppen.

  13. REPLY:
    Ob Sie es glauben oder nicht – ich will mich hier nicht weiterbringen, sondern amüsieren. Quasi als Nebenprodukt amüsiere ich auch gern andere Leute. Wenn diese sich nicht amüsieren – nun, das Netz ist groß genug.

  14. REPLY:
    Die Ansichten, die viele Kommentatoren von Zeitungsartikeln äußern, wirken auf mich nicht besonders sympathisch. Ich stelle mir da keine sehr angenehmen Menschen vor.

    (Etwas gestutzt habe ich ja bei Ihrer Aussage, der Staat habe Sie nicht bei Ihren Anstrengungen unterstützt. Ich finde ja eher nicht, dass der Staat für die Unterstützung von Leuten zuständig ist, die hierzu selbst in der Lage sind, aber da gibt es sicherlich zu recht sehr unterschiedliche Meinungen.)

  15. REPLY:
    Ich glaube, Herr Foxxi, auch nicht, dass jeder Politiker meine Belange angemessen vertritt. Man kann Staatlichkeit ja sehr unterschiedliche Aufgaben zuweisen, auch die Interessengewichtung ist naturgemäß differenziert.

    Ich denke aber (und da sind wir uns wohl einig), dass es höllisch schwer ist, zu erkennen und umzusetzen, was alle berechtigten gesellschaftlichen Belange jetzt und in Zukunft hinreichend berücksichtigt. Ich möchte diese Verantwortung nicht tragen. Die oft apodiktischen Urteile in vielen Kommentaren zu Zeitungsartikeln sind vor diesem Hintergrund erstaunlich.

  16. REPLY:
    Das ist ein interessanter Aspekt. Möglicherweise liegt es auch an der Überalterung Wiens. Die Stadt selbst ist ja ebenfalls eine Millionenstadt. Ich habe immer sehr viel Kontakt zu älteren Menschen gehabt.
    Schon als ich noch Kind war, waren es im Park die schachspielenden Pensionisten, darüber hinaus meine Großeltern und Großonkeln bzw. Großtanten. später waren es Professoren und Chefs, die damals mit 50 Jahren auch schon ziemlich alt erschienen;) Dann bin ich Mitglied eines Vereines, (wohlweislich weder Burschenschaft noch CV) in dem das Durchschnittsalter der Mitglieder weit über meinem lag. Dort konnte ich erleben, dass ein wirklich alter Mann anläßlich der Feier seines 100sten Geburstags von der Rednerbühne eine freie Rede über 20 Minuten hielt. Ähnliches tat Prof. Zemanek, der anläßlich seines 85ten Geburtstages einen eineinhalbstündigen Abriss über sein Leben in der Informatik gab. (Er gilt als Pionier, der den ersten volltransistorisierten Computer „Mailüfterl“ gebaut hat, quasi ein röhrenloser Zuse.)
    Jetzt kann man sagen, dass mir diese Herrschaften nicht zufällig über den Weg gelaufen sind. Aber berührungspunkte gab es häufige. So wie es jetzt umgekehrt ist: viele meiner Kontaktpersonen sind viel jünger: Studenten, Kollegen, Mitarbeiter. Gerade der Altersunterschied macht den Austausch von Meinungen so interessant.
    Ich nehme an, dass aus den geschlechtsspezifischen Gründen in Ihrem Fall eher der Kontakt zu älteren Frauen interessant wäre. Ich kann Ihnen versichern, dass es da ganz außergewöhnliche Exemplare gibt. Z.B. sind meine Schwägerinnen alle gleichalt oder 5 Jahre älter als ich und nehmen sehr regen Anteil am Leben. In Foren schreiben sie allerdings nicht, was mich manchmal betrübt.
    Ist halt eine andere Generation;)

  17. REPLY:
    Wenn man – wie unsereins schon berufsbedingt – schon ein wenig länger sowohl auf diesem Drecksplaneten als auch im Internet verweilt (das übrigens NICHT das Klickibunti ist, das Sie als zu spät Geborene als „das Internet“ kennen – das ist nämlich nur das http://www...), dann weiß man einfach, daß es verdammt viele Trolle da draußen gibt, die man am besten einfach ignoriert, denn jedwede Beschäftigung mit denen wäre sinnlos verschwendete Lebenszeit… es ging mir eigentlich darum aufzuzeigen, daß Sie mit Ihrer – selbstgewählten? – Beschränkung auf ihre Altersgruppe so einiges verpassen 😉

    Anonymität im Netz ist darüberhinaus nur eine nette Illusion (sprach der Hacker *g*)…

  18. REPLY:
    Jetzt kann man sagen, dass mir diese Herrschaften nicht zufällig über den Weg gelaufen sind. Aber berührungspunkte gab es häufige. So wie es jetzt umgekehrt ist: viele meiner Kontaktpersonen sind viel jünger: Studenten, Kollegen, Mitarbeiter. Gerade der Altersunterschied macht den Austausch von Meinungen so interessant.

    Same here – ich habe nich als Jugendlicher ziemlich oft an ältere gehalten, weil die einfach mehr und andere Dinge wußten und konnten als ich, sodaß ich eine Menge lernen konnte dabei… und heute ist es umgekehrt – die „jungen Hüpfer“ fragen mih um Rat, wenn sie nicht weiterwissen…

  19. REPLY:
    Nehme wir doch nur mal die gerade so populären Beispiele S21 und Laufzeitverlängerung für AKWs als Beispiel. Hier formt sich gerade – und zwar quer durch alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen – massiver Protest gegen die Klientel-Politik unserer sogenannten Volksvertreter, und zwar in der ganzen Republik – und da glauben Sie immer noch, daß die ja „eigentlich einen guten Job machen“? tss tss…

  20. REPLY:
    Ich glaube Ihnen, Verehrteste, wenn Sie es sagen, dass Sie sich mit Ihren Texten nicht weiterbringen wollen. Weiters glaube ich Ihnen ohne zu zögern, dass Sie sich mit Ihren Texten schlicht amüsieren wollen. Ob Ihre Texte einer eher „uneleganten“ Geisteshaltung entspringen, wäre demzufolge eine wahrhaft grenzüberschreitende bis verletzend wirkende Überlegung. Konsequenterweise nehme ich mein Urteil im oben stehenden Kommentar ersatzlos zurück.
    Viel Vergnügen noch und nix für ungut.

  21. REPLY:
    aber doch nicht angesprochen, frau modeste, eher abgestossen. und dass ich etwas las und nachher meinen senf dazu abgeben musste, lag wohl an meiner neugier. z.b. auf ihre antwort.

  22. REPLY:
    @ steppenhund
    Das ‚Brüllen‘ lag mir fern 😉
    @ Modeste
    Nein, ich mag sie auch nicht: Die Menschen, die den Staat zur Rettung einer eigens inszenierten Misere herbeirufen, die sich ständig vom Leben benachteiligt fühlen und sich mit ihrer jammerigen, mißmutigen Unzufriedenheit das Leben schwer machen. Ich habe sie fast jeden Tag um mich, und sie sind meist gutsituiert, was mich immer wieder neu in Erstaunen versetzt.
    Allerdings bin ich der Meinung, dass die politischen Entscheidungen in diesem Land wenig mit meinen Interessen gemein haben. Beispielsweise habe ich mit meiner ca. 60 Stunden-Woche kaum die Möglichkeit eine ausreichende Altersvorsorge zu treffen (trotz einer akademischen Ausbildung), noch habe ich auch nur eine annähernd passable, schulische Begleitung für meinen Sohn erfahren, um nur 2 mir persönlich sehr wichtige Dinge zu nennen. Bedauerlicherweise sieht sich die Fraktion der alleinerziehenden und berufstätigen Mütter nicht imstande neben dieser übermächtigen, alltäglichen Anstrengung Kraft für politische Veränderungen (z.Bsp. eine Rente für Kindererziehungszeiten wie in der Schweiz ) aufzubringen. Aber dies ist wirklich ein anderes Thema.

  23. REPLY:
    Vielleicht – und da nehme ich mich nicht aus – sollte man mehr machen, als nur bisweilen unzufrieden sein. Mich stößt der Parteienbetrieb aber etwas ab. Gleichwohl sind Parteien wohl der einzige Weg, nicht nur punktuell Unmut oder Beifall zu äußern, sondern kontinuierlich zu verfolgen, was man für richtig hält.

  24. REPLY:
    Wie kommen Sie denn darauf, dieser Text sei durch etwas anderes motiviert, als durch Neugier? Mich würde wirklich interessieren, was für Leute das sind, die da posten, leider sagt’s mir keiner.

  25. REPLY:
    Wie kommen Sie darauf, dass ich annehme, „die“ (falls eine solche Generalisierung für sehr verschieden motivierte Politiker mit sehr unterschiedlichen Ansichten überhaupt Sinn ergibt) machten einen guten Job? Ein harter Job ist das, das sicher, aber viele Entscheidungen teile ich nicht, andere halte ich für schmerzhaft, aber sinnvoll, und bisweilen bin ich auch einfach zufrieden. Bisweilen erscheint es mir, als würden Politiker überaus kritisch beurteilt, kritischer als die meisten anderen Berufsgruppen.

  26. REPLY:
    Als ich jünger war, kannte ich auch noch mehr ältere Menschen, Familie, ältere Mitglieder meines Sportclubs, etc. Mi den Jahren hat sich das dann verloren. Ich lerne wenig Leute kennen, die ganz anderen Alterskohorten angehören. Ich wundere mich allerdings ein wenig, dass diese Feststellung hier schon fast in einen Vorwurf mündet – als gebe es eine Verpflichtung, wie man seinen Bekanntkreis zusammenzusetzen hat.

  27. REPLY:
    Keinesfalls ein Vorwurf, das bleibt schließlich jedem selbst überlassen, eher schon ein wenig Mitleid… wenn ich mich ausschließlich mit Leuten meines Alters abgeben müßte, dann würde ich mir wahrscheinlich die Kugel geben. Das liegt aber auch daran, daß die meisten meines Alters eben der Gruppe „married (with children)“ zugehörig sind, während ich mich augenblicklich eher wie ein verliebter Teenager fühle, aber auch außerhalb solcher Phasen eher 10-15 Jahre „gefühlt jünger“ bin als der durchschnittliche Mittvierziger…

  28. REPLY:
    Auch viele andere bauen vorwiegend Mist – es wird nur noch „billig, billig, und möglichst schnell“ produziert, die Qualität bleibt allenthalben auf der Strecke, denn Qualitätskontrollen kosten ja Geld, und die breite Masse findet ja Geiz geil, ist also überwiegend selbst Schuld an dieser Entwicklung. Unsereins, der einfach brauchbare Ware und nicht fabrikneuen Sperrmüll kaufen will hat es zunehmend schwerer, überhaupt etwas den Ansprüchen genügendes zu finden… der Unterschied ist aber: Ich kann mir als Kunde immer noch aussuchen, wem ich mein Geld gebe, weil ich dafür eine entsprechende Leistung bekomme – die Politiker aber werden ebenfalls von meinem Geld bezahlt, und ich habe keine Wahl – die machen was sie wollen und setzen Lobbyinteressen gegen den erklärten Willen des Volkes durch, um ihre Pfründe zu sichern (und nun kommen Sie mir bloß nicht mit dem Kreuzchen alle 4 Jahre…).

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