Ich weiß nicht, wo sie sind. Ich hatte vier, zwei für Longdrinks aus gefrostetem Glas, eins davon mit Flamingos, zwei Sektschalen mit farbigem Fuß, und dazu Quirle aus Kunststoff, an deren oberem Ende je ein Wölkchen prangte. Untersetzer, ebenfalls in fröhlich-bunten Farben, gehörten auch dazu.
Ich glaube, es waren Geschenke. Freundinnen hatten mir die Gläser geschenkt. Ich habe eine vage Vorstellung von Cellophan und bunten, gekräuselten Bändern. Gefreut habe ich mich, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich weiß nur nicht mehr, wieso. Ich habe doch damals weder Longdrinks noch Sekt getrunken. Ich wurde 13 damals, glaube ich. Ich mochte Pferde und war Landesmeisterin im Doppelzweier. Ich hatte zwei hohe Ivar-Regale voll mit Büchern und zwei niedrige Ivar-Iegale, in denen auch Bücher waren und Brettspiele. Sagaland und Yenga und den ganzen Rest.
Auf den niedrigen Ivar-Regalen hatte ich bunte, sehr dünne lila Papierservietten ausgebreitet, die auch irgendwie mit den Leonardo-Gläsern zusammenhingen. Darauf standen die vier Gläser und mein erstes Teeservice, eine schwarze Kanne mit Lackmalerei und einem geflochtenen Griff und vier kleine Schalen ohne Henkel, in die rein gar nichts passte. Meine Großmutter hatte mir eine Zuckerdose gegeben, buntgeblümtes Nymphenburger Porzellan mit einer Knospe als Griff, die stand dazwischen. Das ganze Ensemble war von unglaublich schreiender Scheußlichkeit.
Meine Freundinnen hatten noch viel mehr Gläser und teilweise sogar Tabletts. Meine Freundin L. hatte eine Vitrine, die war voll. Wir haben alle ganz, ganz viel von diesem Zeug bekommen, wir haben uns gegenseitig diese Gläser geschenkt und sie nie benutzt. Wir haben nichts davon in unsere ersten Wohnungen mitgenommen. Mir scheint, die Gläser waren schon lange vorher – so mit 15, 16 – nicht mehr da. Irgendjemand muss die Gläser beiseite geschafft haben, denn in den Schränken meiner Eltern waren sie jedenfalls nicht. Vielleicht habe ich sie irgendwann in die Küche gebracht, und vielleicht hat meine Mutter die Gläser irgendwann heimlich (aber gern) im Garten zertrümmert.
Und aus den winzigen Teetässchen nippte man dann in den Freistunden Wildkirsch-Vanille-Tee, so man denn eine befreundete Flechtgriffteekannen-und-Joygläser-Sammlerin in der Nähe der Schule wohnen hatte. Hachja. In 30 Jahren gibt es die Gläser vermutlich in Neuauflage bei manufactum. „Es gibt sie noch, die guten alten Dinge …“ 😉
Ich hatte Leonardo-Gläser mit türkisem Boden und diesem gefrostetem Glas. Türkis! Ganz en vogue waren in dieser Zeit auch Duft-Stifte, Duft-Tinte, Duft-Radiergummis etc. Da mußte man einfach mit durch. Im knielangen Jeansrock. Fies diese Achtziger. Aber geschadet hat es uns doch nicht, oder? 😉
Das waren noch Utopien!
(Und ich hatte einen extra Füller mit rosa Tinte und sogar mit Duft, war eigentlich schon alles klar)
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Die Historisierung der eigenen Vergangenheit ist ja ohnehin ein Skandal.
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Nicht geschadet? Ich habe ganze Photoalben verschwinden lassen müssen, weil ich dermaßen unglaublich aussah, dass ich den Gedanken nicht ertragen kann, dass mich jemals jemand so sieht.
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Ich auch! Ich auch! Mit Glitzer und einem Pseudoperlmuttring in der Mitte.