Hier bin eigentlich nie. Von der S-Bahn Ostkreuz laufe ich nach Norden, rechts in die Boxhagener, und es ist so kalt, als läge Berlin auf der dunklen Seite des Mondes.
Das Matreshka liegt nur ein paar Häuser weiter, kein Restaurant, eher Café, gefliest und ein bißchen folkloristisch dekoriert. Für einen Mittwoch ist es gut besucht, es gibt ein paar eher einfache Gerichte, die ganz gut schmecken, Borschtsch, Wareniki, solche Sachen, und es ist bodenlos billig. Der kleine, blonde Kellner gibt uns Wodka aus, ich trinke aus Neugierde eine Fichtennadellimonade namens Taiga und ein Birkenwasser und erzähle der J. alles Mögliche über mein Dasein, auch wenn in meinem Leben bekanntlich so gut wie nichts passiert, weil ich das langweiligste Leben von ganz Berlin führe. Im Gegenzug berichtet mir die J. von ihrem neuen Job und der Abwicklung ihres alten.
Mit der J. trinke ich erst auf viel Glück im öffentlichen Dienst und dann auf die abwesende C. Für den dritten Wodka fällt uns erst nichts ein, dann trinken wir auf den Sommer, weil es ja so nicht weitergehen kann, und für einen Moment sehne ich mich fast körperlich nach der feuchten Hitze der Hochsommernächte. Nach dem Geruch nach Asphalt, nach Abgasen und blühenden Bäumen. Nach dem Bellen der Hunde im Görlitzer Park. Das leise Lachen der öffentlich küssenden Paare. Gläserklirren. Späte Fahrradfahrten und das Rascheln des Windes in Blättern. „Auf die Sonne!“, hebe ich mein Glas. Auf die Grenzenlosigkeit. Auf den Übermut und auf die leuchtenden Nächte. Auf Grillen im Park, auf kurze Kleider. Auf den Schlachtensee. Auf Sonnenbrillen und Sekt. Auf einen ewigen, tönenden Sommer.
Dann stoßen wir an.
Prost!
REPLY:
Auf jeden Fall. Wir müssen mal wieder anstoßen.