An sich bin ich ziemlich patent. Ich laufe herum, ich belle in Telephonhörer, ich kann in 15 Minuten vier Paar Schuhe, ein Kleid und zwei Oberteile aussuchen, bezahlen und das Geschäft wieder verlassen. Ich kann einen Empfang für zehn oder hundert Leute organisieren, ich kann Papiere schreiben, die andere Leute ernst nehmen oder zumindest so tun, und an guten Tagen kann ich viel größere Tiere als mich dazu bringen, durch brennende Reifen zu springen. Ich habe das Windmachen gelernt. Ich bin ziemlich effizient und ein klein wenig nüchtern.
Anders sieht es nur aus, wenn ich krank bin. Wenn ich zum Beispiel am Montag morgen in einem Taxi sitze, ich fahre durch Berlin, und dann schießt auf einmal eine fremde Frau zwischen zwei parkenden Autos hervor, das Taxi bremst, meine Handtasche fliegt durch den Innenraum, und mein Kopf einmal heftig nach hinten und nach vorn, dann hat es sich mit mir und meiner handfesten Normalperson. Zumindest, wenn ich am nächsten Morgen ernsthafte Sorgen habe, mein Kopf bricht demnächst mal ab, lege ich mich erst für zehn Stunden zum Schlafen ins Bett (zumindest nachdem mir ein Arzt gesagt hat, es sei nichts kaputt), und dann verfalle ich in meinen „Krankes-Mädchen-Modus“.
Auf meinen Füßen liegt dann meine Katze. Ich dämmere erst ein paar Stunden so vor mich hin, bemitleide mich, schwanke alle paar Stunden ins Bad, und irgendwann versuche ich etwas zu essen. Wenn es mir nicht gut geht, esse ich nur weiche, breiige Speisen, selbst wenn ich gar nichts am Magen habe. Grieß ist gut. Milchreis noch besser. Auch so eine Pampe aus Weißbrot, heißer Milch und Zucker ist nicht übel. Dazu gibt es süßen Tee mit Milch und Kandis.
Auch literarisch – wenn es denn wieder geht – soll es weich und breiig sein. Jetzt Thomas Bernhard ginge gar nicht. Überhaupt, Lesen ist es gerade nicht so. Vielleicht ein Film. Null Tote, keine Gemetzel, Hitler darf auf keinen Fall vorkommen. Ein Merchant/Ivory Film, so etwas. Jenseits von Afrika. Sex and the City, und dann Szenen, die ich besonders romantisch finde, zweimal schauen. Ich will niemals heiraten, weil ich die Ehe aus grundsätzlichen Erwägungen ablehne, aber ich habe heute zweimal Miranda in Staffel 6 dabei zugesehen, wie sie Steve einen Heiratsantrag macht. Wäre ich nicht so müde, ich würde Pride and Prejudice einwerfen und Colin Firth bewundern.
Sobald es mir schlecht geht, platzt meine Alltagsperson von mir ab und ich überlege, wieso für mich eigentlich nie einer singt. Gut, ich würde möglicherweise lachen – aber woher will die Welt das wissen, wenn es keiner versucht? Wieso wäscht mir eigentlich niemand die Haare? Nur weil nicht einmal ich selbst in der Lage bin, mir vernünftig die Haare zu waschen, ohne dass es richtig wehtut? Wie würde ich – nur so rein theoretisch – eigentlich in einem Brautkleid aussehen?
Einige Stunden später geht es dann wieder. Die Brautkleid-Idee habe ich verworfen, weil Brautkleider ohne Eheschließung keine sehr sinnvollen Investitionen darstellen. Langsam fange ich an, die Bildschirmküsse zu zählen und kritisch zu bewerten. Zwei vollbefriedigend. Einmal ausreichend. Durchgefallen.
Etwas Scharfes zum Essen wäre es jetzt auch ganz gut, nach dem ganzen süßen Brei. Vorsichtig, schließlich schmerzt mein Nacken nach wie vor, schaue ich in den Kühlschrank und nehme mir ein Stück Käse. Dann lese ich nach, was man mir auf meinen Blackberry schickt. Bei Mails, die mir besonders wenig gefallen, fletsche ich ein bißchen die Zähne.
„Geht schon wieder ganz gut.“, maile ich und versuche, den Kopf nicht zu drehen. Morgen geht es wieder los, sage ich zur Katze. Übel ist mir nicht mehr. Schwindelig wird mir nur noch, wenn ich aufstehe, und auch die anderen Symptome sind vorbei. Vorbei.
Uiuiui, eine Romantik darf man nicht unterschätzen. Wenn sie länger als eine Woche andauert, unbedingt nochmal zu Arzt gehen, bevor sie chronisch wird.
Aber einen Tag lang ist sie, glaube ich, ganz gesund. Der Körper hat dann einfach ein paar Schaltkreise umgeleitet, damit sich die Patentzentren regenerieren können. Weiterhin gute Besserung.
gute besserung!
Oha. Lassen Sie sich bloß nicht romantisch den Kopf verdrehen, wenn es bereits ein Taxi getan hat. Gute Besserung.
Gute Besserung. Und fürs nächste Mal empfehle ich Becoming Jane im englischen Original. Wegen dieser Szene beim Tanz bei Lady Gresham.
Ich halte mich zurück und will jetzt nichts schreiben, aber Sie können sehr wohl mal Ihre Zähne fletschen. Wauauauauwww…
Nur einmal so, weil es vielleicht ganz gut tut.
Blinkyman
Zwei Stunden Information
Ja, genau zwei Stunden habe ich nun damit zugebracht, Ihr Weblog zu studieren – nach einem Beitrag, der Sympathie erwecken könnte,
der Positives über andere Menschen beschreibt – vergeblich!
Von der Rede an die Alten Männer, über die Weihnachtsgepflogenheiten mit den Eltern von J., oder die Hermann Hesse_Leser usw. usw.
Der Eindruck, den ich gewonnen habe ist, daß Sie in höchstem Maße egozentrisch sind, nur sich und Ihre Sichtweise tolerieren und alles was sich von Ihrer Vorstellungskraft nur einen Wimpernschlag entfernt, als abstrus abtun.
Ja, ich weiß, niemand verlangt von mir, dieses Weblog zu lesen – ich werde es in Zukunft auch nicht mehr tun – aber ich finde, Sie sollten sich bewußt werden und sein, daß auch Sie dem biologischen Alterungsprozess unterworfen sind und Sie sich vielleicht noch einmal glücklich schätzen, auch im Alter angenommen zu werden.
Sie als Mitarbeiterin zu haben, wäre ein Albtraum.
P.S. Sorry, weil ich anonym kommentiere, aber selbst wenn ich mich zu erkennen gäbe, würden Sie mich nicht ER_kennen, weil ich heute das erste – und letzte Mal poste.
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Das ist natürlich absolut zutreffend. Vielen Dank für Ihre freundlichen Worte und viel Freude in den Weiten des Netzes.
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Wuff.
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Ich werde es mir beschaffen, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein,
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Ich doch nicht, lieber Herr Kid.
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Danke!
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Chronische Romantik, erst recht eine chronische Romantichitis, müsste natürlich auf jeden Fall energisch bekämpft werden, aber so — alles bestens! Danke für die guten Wünsche.
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Es ist zwar nicht apothekenpflichtig, aber schon hoch dosiert. Mit Empirekleidern, Jane Austen und allem. Besagte Szene auf dem Ball dauert gar nicht so lange, aber dieses Lächeln und diese Blicke sind einfach umwerfend.
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Ich finde es ja ganz erstaunlich, dass jemand zwei Stunden Ihr Weblog lesen kann, ohne auch nur ein Wort zu kapieren.
Weil’s so schön war, verlinke ich hier doch glatt nochmals die Rede an die alten Männer, damit sich alle nochmals daran und an den Kommentaren ergötzen können.
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da hat sich wohl jemand betroffen gefühlt.
danke für die wunderbaren texte madame modeste.
Da ich gerade „Stolz und Vorurteil“ schaue (woran Sie nicht ganz unschuldig sind), so fiel mir eine nicht uninteressante Sache ein: wenn Sie einmal Ihrer romantischen Seite etwas Auslauf verschaffen wollen, so wählen Sie bitte das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig zu Pfingsten. Bizarr! Sie erschauern? Ja, durchaus. Man muß aber das Kleingedruckte kennen. Es gibt zu jedem Wave-Gotik-Treffen ein viktorianisches Picknick im Park. Man kann gut und gern auch im Empire-Stil kommen, man ist da nicht so. Sie würden verblüfft sein, wie stilvoll es dort zugeht. Kostümball mal so ganz anders.
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Dieses Stoppl ist übrigens ganz putzig. Ich meine es ganz unironisch, aber wie kann man so gänzlich die modeste Melancholie verkennen und außerdem so jeglichen literarischen Geschmacks ermangeln? Es geht über meine Vorstellungskraft. Aber offensichtlich ist die Spannweite des menschlichen Irrsinns unendlich: Matto regiert.
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Oh, das klingt in der Tat sehr nett. Ich verkleide mich ja sehr gern. Ich mag diese Spielerei mit den anderen Möglichkeiten seiner selbst.
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Also ich werde dieses Jahr zum 10. mal an Pfingsten nach Leipzig fahren, da ich ein glühender Anhänger der schwarzromantischen Szene bin. Ich kann ihnen das WGT auch wärmstens empfehlen, es ist eine wirklich schöne Veranstaltung nicht nur für Gothics sondern auch für jene, die für die Musik und die Lebenseinstellung Sympathie empfinden.
Nur eines: „Verkleiden“ Sie sich nicht, denn das machen diejenigen, die nur den „Event“ sehen und ständig irgendwelchen Moden hinterherrennen. Tragen sie nur ein Korsett, wenn sie sich auch im Alltag darin wohlfühlen würden und die sagenhaften Kleider sind viel zu schade um nur eine Möglichkeit zu sein…