Mir ist langweilig. Ich habe zu tun, so ist das nicht. Ich arbeite vielleicht sogar – wie meistens eigentlich – ein bißchen zu viel, erst recht für jemanden, der sich an sich im sogenannten Mutterschutz befindet, aber Arbeit ist (entgegen anderslautender Gerüchte) ja keine Beschäftigung, die für ein amüsantes Leben ganz allein ausreicht. Ansonsten ist aktuell alles ein wenig öde: Im Kino war ich schon gestern. Theater ist okay, aber auch nichts für jeden Tag. Ausgehen macht keinen Spaß. Nachdem mir vor einiger Zeit ein Bekannter angewidert mitgeteilt hat, dass die vielen Frauen mit den Babybäuchen ihn aus ästhetischen Gründen aus Prenzlberg vertrieben haben, geniere ich mich nämlich in manchen Bars ein bißchen. Schließlich geht keiner vor die Tür, um dicke Frauen zu sehen.
Essen gehen ist okay. Da muss man schließlich auch mit dicken Leuten rechnen. Besuch von Freunden ist gut. Ansonsten sitze ich hier herum und mopse mich ein bißchen. Um mich auf das göttliche Wunder des Lebens einzustimmen, habe ich mir ein paar Bücher bestellt. Ab und zu schaue ich einen Film.
„Was machen eigentlich andere Leute in dieser Lage den ganzen Tag?“, frage ich mich und meine Umgebung. Eine vernünftige Antwort habe ich noch nicht bekommen. Meine Freundin M. hat, glaube ich, ziemlich viele DVDs gesehen. Die I.2 hat bis zum Schluss gearbeitet. Ich dagegen werde – so habe ich mir das überlegt – mir Geschichten ausdenken:
Ich werde mir eine Frau ausdenken. Ich werde ihr einen Namen geben und ein Alter. Eine Biographie. Ich werde sie mit meiner Langeweile ausstatten und sie losschicken, sich zu amüsieren.
Lauf, werde ich sagen. Lauf. Und dann schaue ihr zu.
Da ich von einer Stunde auf die andere Mutter wurde und das ganz ohne Schwangerschaft, kenne ich mich mit der Langeweile nicht so aus, aber, wäre jetzt nicht noch einmal der Zeitpunkt für einen kleinen Urlaub?
Och, bitte! Die Leute, die sich von dicken Frauenbäuchen aus dem Prenzlberg vertreiben lassen, das sind doch die gleichen Leute, die ihre dicken Bäuche über kurz oder lang durch Lichterfelde West schieben. (Und ihre Bäuche sind dort nicht durchs Kinderkriegen dick geworden.)
Modeste, Modeste – ich habe immer stillvergnügt in Ihrem Blog gelesen und mich über den so gänzlich anderen Lebensentwurf gefreut. Unterschiedlicher können zwei kaum sein, nicht nur dass ich viel älter bin, ich lebe in einem Einfamilienhaus (sic!), auf dem Lande, liebe Gartenarbeit, kann mir handwerklich sehr gut helfen und ziehe dem Ausgehen schon immer das Familien- und Vereinsleben in unserem Dorf vor. Der einzige Berührungspunkt war, dass wir beide gerne Kochen und Essen, aber das war es auch, denn das Was ist ebenfalls komplett unterschiedlich. Und ich habe drei Kinder großgezogen! Und jetzt das! Nachwuchs! Sie mopsen sich freiwillig …Ich bin platt und gratulieren von Herzen!
„Sich freiwillig mopsen“ ist ja herrlich ausgedrückt. Hihihi.
Das beste Buch
zum Thema:
Das Baby – Inbetriebnahme, Wartung und Instandhaltung
Ein MUSS für Anfänger bis zum 3. Kind!
Fremderfahrungswerte sagen: die Langeweile ist bald vorbei;-) Jedenfalls die, die aus zuviel Zeit heraus rührt.
REPLY:
Ich finde das Buch ja eher mau. Solche Baby-Ratgeber sind genauso wenig meine Baustelle wie Singkreise und Krabbelgruppen.
REPLY:
mir erscheint die o. g. lektüre passender. 😉
Vielleicht ruft sie von unterwegs noch an, dann, wenn sie spannende, wenig bekannte Orte entdeckt hat, die zu erkunden sich lohnt – oder wenn sie begeisternde Menschen kennengelernt hat, mit denen gemeinsam Du auch vergnügte, langeweilefreie Stunden verbringen könntest. Und dann springst Du hinterher, und plötzlich wirkt all die Ödnis des Tages so fremd – dank einer vorher Unbekannten, die Du auf den Weg geschickt hast.
REPLY:
Gerade befindet sie sich in der Kellerwohnung eines im Internet getroffenen neuen Bekannten, der vorübergehend wieder bei seinen Eltern eingezogen ist. Leider – aber das weiß sie noch nicht – wird es auch dort nichts mit dem Amüsement. Ich habe mir gedacht, ich lasse sie auf ihrer Suche eher etwas häufiger scheitern, um den Gegensatz nicht so krass zu gestalten und noch neidisch zu werden auf mein Geschöpf. Ich habe sie übrigens Nora genannt.
REPLY:
Ich habe auch aktuell nicht zu viel Zeit, sondern eher etwas zu wenig Abwechslung. Aber gleich gehe ich ins Theater, vielleicht lenkt mich das ab.
REPLY:
Bis jetzt denke ich ja noch, dass sich die meisten Fragen im Umgang mit einem Kind intuitiv klären und es der vertieften Auseinandersetzung mit Fachliteratur nicht bedarf. Ich interessiere mich auch mehr für Gottlosigkeit als für die Fragem, wie man richtig stillt. Er wird schon nicht verhungern.
REPLY:
Danke! Ich hoffe, es wird ein sehr amüsantes Kind, und das Mopsen hat bald ein Ende.
REPLY:
Ach, dann fährt man weg, es geht los, und auf der Geburtsurkunde steht dann irgendwas Schreckliches. Nein, es sollte schon Berlin sein.
REPLY:
Derzeit scheint sich ja ein neuer „Familien sind Mist“-Konsens unter manchen Berlinern durchzusetzen, der irgendwie diffus mit eine rziemlich platten Gentrifizierungkritik mit leicht xenophoben Einschlägen zusammenhängt. Tanja Dückers hat es in der Süddeutschen recht gut auf den Punkt gebracht.
REPLY:
ich erinnere mich an ein hellblaues babybuch, das mich offensichtlich am leben erhalten hat. immerhin. 😉
REPLY:
Ach herrje, das habe ich nicht bedacht. Und in der Tat: das wäre eine Katastrophe – es sei denn, sie fahren nach Hamburg. 😉