Vorbei

Wir sahen alle schon mal besser aus, schaue ich in Gedanken noch einmal in die Runde von gestern. Diese glatte Marzipanhaut hat niemand mehr am Tisch. So langsam verändern sich auch die Haare, und auch unter der Haut tut sich etwas. Nasen werden knolliger, Augen kleiner, die Haut sitzt nicht mehr so straff auf den Knochen, und nackt würde sich wohl niemand mehr gern jemandem zeigen, der einen nicht schon kennt.

Ab jetzt geht es nur noch abwärts, sinkt mir ein bißchen das Herz. Ich war ja nie schön, vielleicht so gerade eben und an guten Tagen ein nettes Mädchen eben, aber selbst dies zu verlieren, nicht mehr gesehen zu werden, einfach nur noch so da, totes Fleisch, das wird mich doch nicht wenig schmerzen

Du wärst gern schön gewesen, seufze ich mir zu, aber dann stehe ich doch auf, koche mir Kaffee, streichle den F. wach und hole ihn aus seinem Bett, und schaue nur noch flüchtig in dem Spiegel im Flur. Vorbei ist vorbei.

21 Gedanken zu „Vorbei

  1. Ich bin froh älter geworden zu sein. Ich sah immer aus wie Barbie. Ein Püppchen. Immer niedlich. Süß. Beschützenswert. Egal, was ich angestellt habe. Furchtbar. Das bisschen Alter an mir mag ich. Kann so weitergehen. Auch figurtechnisch. Kurz: ich war noch nie so selbstzufrieden wie heute.

  2. Ich finde Frauen ab 40 (so wohl die Altersangabe bei wortschnittchen) durchaus interessant und mit eigener Schönheit begnadet. Ich mag Gesichter mit sprechenden Linien.

  3. Als ich ein Kind war, waren die Frauen ab 30 bereits matronenhaft und begannen „alt“ auszusehen. In den letzten 50 Jahren hat sich soviel verändert. 40 und 50-Jährige sehen fantastisch aus und sind in Hinsicht Attraktivität und Erotik ihren jüngeren Geschlechtsgenossinnen manchmal weit überlegen.
    Das ist natürlich auch den „Supermodels“ und den entsprechenden Fernsehsendungen geschuldet. Denn jetzt glauben die Jungen, dass sie wirklich auch so aussehen müssen. Dann wirken sie puppenhaft und steril. Sie können auch schon hundertmal gevögelt haben und haben von der Sexualität keine Ahnung.

    Dort wo Sex im Fernsehen ausgeklammert ist und es wirklich junge Schauspielerinnen gibt, kommen dafür recht interessante Frauen vor.
    Meine Favoritinnen sind ja zur Zeit Rose Tyler und Amelie Pond. (Die zugehörigen Schauspielerinnen heißen Billie Piper und Karen Gillan.)

    Ich persönlich bin froh, dass manches vorbei ist. Dabei hat mir gestern jemand versichert, dass ich mich in den 20 Jahren, die wir uns nicht gesehen haben, kaum verändert habe. Ich war wahrscheinlich schon als 40-Jähriger uralt;)

  4. Na immerhin tun wir es gemeinsam, welken.
    Wobei, dem ewigen Jugendideal können alle nur ein paar Jahre entsprechen, verlängernd vielleicht mit ein paar Eingriffen, Leben ist weit mehr als Aussehen.

    Ein wohlgeformter Körper, Mann oder Frau, Augenweide. Ein paar Augen mit Blick, ein Lächeln, Gesten, Ausdruck, das wiegt mehr.

  5. Ich war ja nie schön, vielleicht so gerade eben und an guten Tagen ein nettes Mädchen eben

    Och, Modeste, Sie sind eigentlich alt genug, um mittlerweile zu wissen, dass Sie niemals nur wie „ein nettes Mädchen eben“ aussahen. Ich jedenfalls bin lang genug dabei, um mich noch daran zu erinnern, wie halb Bloggersdorf aus dem Häuschen war, nachdem irgendwo einmal nach einer Bloggerlesung Fotos von Ihnen zu sehen waren. Obendrein habe ich Sie auch schon von Angesicht zu Angesicht gesehen.

    Sie waren nie schön? So ein Quatsch.

  6. du wärst …

    … gern schön gewesen …
    ochje.
    schön zu sein, ist ja kein verdienst, auch wenn es vieles leichter macht.
    der verdienst liegt darin, aus dem, was man hat, das beste zu machen. nicht nur so im sinne von gerade-zufrieden-sein. sondern wirklich und optimal aus einem gefäß zu schöpfen, das so oder so gefüllt ist.
    tatsächlich richtet sich mit zunehmendem alter die aufmerksamkeit mehr nach innen. was scheren einen da haut, haar und figur, wenn eine/r mit klugheit, wortwitz und lebenserfahrung aus dem innen strahlt?

    nur der übergang vom einen ins andere wertsystem ist zugegebenermaßen etwas schwierig. 😉

  7. Hach ist das süß! Ich hatte immer Phasen im Leben, wo ich dachte, jetzt ist es vorbei. Als junge gestresste Mutter, als selbständige Alleinerziehende im Hamsterrad mit Beziehungsproblemen, als kranker Single in einer Einzimmerwohnung.
    Und jedes Mal ging es besser und interessanter weiter und ich betrat die nächste Dimension. Komischerweise möchte ich nicht noch einmal Anfang oder Mitte 20 oder 30 sein. Und selbst der Fakt, nicht mehr Objekt der wahllosen Geilheitsaufmerksamkeit von Männern zu sein, sondern die erfahrene Geliebte, die sich nimmt, was die braucht, ist allemal besser.
    Diese Depression ist nur ein Zeichen, daß ein innerer Anpassungsprozeß fällig ist.

  8. Sie sind mit dieser Klage übrigens nicht allein, der Tagesspiegel berichtete gestern (5.3.) über eine neue Studie:

    ———————————————————— schnipp ————————————————–

    Seh ich nicht ziemlich alt aus?
    Frauen klagen häufiger über angebliche Problemzonen. Neben diesem „Fat Talk“ gibt es inzwischen ein weiteres Thema: die Angst, nicht mehr jung auszusehen.

    ———————————————————— schnapp ————————————————–

  9. REPLY:

    Ein sehr kluger Satz, Frau Kitty, den muss ich mir merken.

    Überhaupt: Ist es nicht so, dass mit zunehmendem Alterungsprozess des Körpers der Geist sich in lichte Höhen schwingen sollte ? Auch wenn das, was gemeinhin als äußere (vorwiegend jugendliche) Schönheit definiert wird, entschwindet, so vermehren sich täglich unser Wissen, unsere Menschenkenntnis, unsere Lebenserfahrung. Ein reifer Mensch kann auf diesem Weg etwas erlangen, was jungen Leuten nur selten zufällt: Charisma.

  10. REPLY:

    … das halte ich aber mal für ein gerücht. mit 20 kann man gar nicht gut aussehen. ich habe wirklich noch nie eine gut aussehende 20 jährige gesehen, die einer gut aussehenden 40 bis 50 jährigen auch nur annähernd das wasser reichen könnte. das sage ich heute mit 40, habe ich aber auch schon mit 20 gedacht.

    was das „jung“ aussehen betrifft: das eine ist die frage, ob man das will. das andere ist die frage, ob man das WIRKLICH will. denn der weg geht immer über die figur, und der weg tut halt weh und erfordert viel disziplin, die man als 20 jähriger natürlich noch nicht so braucht.

  11. REPLY:

    Gern geschehen. Musste sofort an Sie denken, als ich es las. Besonders heftig fand ich den letzten Satz:

    Es sei zudem gut möglich, dass die heute noch ganz jungen Frauen im hohen Alter von der „Doppelbelastung“ des Dünn-und-jung-sein-Wollens noch weit mehr betroffen sein werden, als heutige Seniorinnen das schon sind.

  12. REPLY:

    Ich würde das so vergleichen. Ich sehe etwas an und messe die Attraktivität an der Freude in der Betrachtung und dem erwarteten Lustgewinn. Jetzt nehme ich eine wunderschöne, rote Tomate (vermutlich aus den Niederlanden) die fast nach gar nichts schmeckt und aus Plastik sein könnte. Und dann nehme ich eine selbstgewachsene Tomate, mit einem etwas anderen Formfaktor, das Rot ist ein bisschen gesprenkelt, aber ich weiß, dass sie einen wunderbaren Geschmack haben wird. Ich kenne das aus früheren Vergleichen, wo ich in einem Fall enttäuscht und im anderen Fall erfreut war.
    Es scheint allerdings einfach eine Geschmacksfrage zu sein, was unter gut aussehen verstanden wird. Und es soll Männer geben, denn selbst eine 20-Jährige schon zu alt ist.

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