„Wie habt ihr das gemacht?“, fragt mich die N. nach der Organisation des demnächst stattfindenden Kitawechsels des F. in eine verhältnismäßig nachgefragte Kita hier um die Ecke und breitet ihre Arme vorsichtig hinter ihrem Sprössling aus, damit er im Falle des Falles nicht von der Wippe auf den Boden fällt, sondern in ihre ausgestreckten Arme. Ihr gegenüber, auf der anderen Seite der Wippe nämlich, mache ich hinterm fröhlich wippenden F. genau dasselbe. Vermutlich sehen wir gerade ziemlich dämlich aus.
„Ach, gar nichts.“, wiegele ich ab. „Ihr habt den Platz jetzt aber nicht einfach so bekommen?“, bohrt die N. nach. Einfach so gibt es auch im verhältnismäßig gut versorgten Berlin nämlich keine Kitaplätze, zumindest nicht hier im Prenzlberg. Meine Freundin I. etwa fährt vom Kollwitzplatz jeden Tag nach Mitte, bringt ihr Kind weg, und fährt dann wieder in den Prenzlberg zurück. Dabei gibt es eine Kita gegenüber, die ihr Kind – aus welchen Gründen auch immer – aber nicht aufgenommen hat, und auch wir sind sind mehrere Monate täglich in eine ziemlich weit entfernte Kita gefahren, in der Kinder mittags Wurstgulasch essen, Väter tätowiert sind und Mütter manchmal Kopftuch tragen oder Nagelstudios wahlweise frequentieren oder betreiben.
„Habt ihr Elternarbeit versprochen?“, werde ich weiter gefragt, und verneine. Wir haben in diversen Kitas, die sich nie gemeldet haben, alles Mögliche versprochen, aber hier haben wir weder Kochen, noch Putzen, noch irgendwelche pädagogischen Beiträge in Aussicht gestellt. In dieser Hinsicht haben Juristen oder andere Bürobewohner nämlich ohnehin Pech. Wessen Eltern etwa Bildhauer sind oder Tanztherapeuten, der wird in Kitas, hört man so, immer ganz gern genommen und dann die Mütter oder Väter zu regelmäßigen Unterweisungen der lieben Kleinen verpflichtet. Da sind wir raus. Wer will schon, dass eine Rechtsanwältin mit den Fünfjährigen regelmäßig Schriftsätze schreibt?
Die N. wirkt unzufrieden. Vermutlich sucht sie gerade nach den richtigen Worten, mit denen man gute Bekannte unverfänglich fragt, ob sie die Kitaleiterin bestochen haben, wie teuer das war, und wie man das korrekt bewerkstelligt. „Wir haben jetzt also auch nichts versprochen oder so, wiegele ich präventiv ab, gebe aber zu, dass auch ich kurzzeitig intensiv darüber nachgedacht habe, wie man das macht und was wohl kostet. Glücklicherweise mussten wir uns nicht einmal dem Tribunal anderer Eltern stellen, die, wie wir gehört haben, in manchen Kitas die anderen Eltern vorladen, um sicherzustellen, dass die Eltern der anderen Kindern ganz genau so sind wie sie selbst.
Tatsächlich, unterstreiche ich nochmals, haben wir eigentlich gar nichts gemacht. Nur regelmäßig per E-Mail nachgefragt. Bilder geschickt, auf denen der F. besonders niedlich aussieht. Der J. hat sich mehrfach zur Sprechstunde der Kitaleiterin begeben, weil wir gehört haben, dass fragende Väter besonders sympathisch und irgendwie hilfebedürftig wirken. Mit Titeln und Berufen gewinkt, was wir ansonsten eigentlich nie machen und was uns entsprechend peinlich ist, und entschlossen jedes Unbehagen verdrängt, dass diese monatelangen Anstrengungen inzwischen so selbstverständlich sind, dass auch die N. sie locker unter „gar nichts“ subsumiert.
(Von der Anfrage am nächsten Tag, was der J. bei seinen Bettelzügen zur Kita denn so angehabt habe, will ich an dieser Stelle barmherzig schweigen.)
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