DkhAaB

Mit 25 habe ich Singles immer beneidet wegen lustig und so. Mit 30 war ich selbst für ein knappes Jahr Single. Das war ungemein amüsant, wenigstens meistens, und als es sich so etwas totgelaufen hatte, das war so 2006, fielen der J. und ich uns wieder in die Arme und zogen sofort wieder zusammen.

Die eine oder andere Freundin – nennen wir die Freundin, um die es hier gehen soll, der Einfachheit halber D. – setzte das mehr oder weniger lustige Leben noch eine Weile fort. Die D. etwa verliebte sich hintereinander in einen ebenso außerordentlich klugen wie neurotischen Anwalt, einen bisexuellen Sportlehrer, einen fremden Mann aus der U-Bahn und einen älteren Herrn, der am Ende dann doch seine erwachsenen Töchter nicht mit einer verhältnismäßig jungen Stieftochter enttäuschen wollte. Zwischendurch, wenn sie weder besonders verliebt war noch besonders litt, fuhr sie mit Freundinnen in Urlaub und traf sich mit dem H.

Jahrelang war der H. irgendetwas zwischen einem schon eher platonischen Freund, einem leicht peinlichen Liebhaber und einer schlechten Gewohnheit. Der H. kam, wenn er gerufen wurde, sagte nie etwas Falsches, las die richtigen Bücher, haarte nicht, aß manierlich, konnte sogar kochen, und war so nett, dass die D. ihm sogar nachsah, dass er drei Zentimeter kleiner war als sie (zumindest in Schuhen), schrecklich schüttere Haare besaß, die irgendwann in mehr oder weniger keine Haare übergingen, und überhaupt eher etwas farblos wirkte. Außerdem war er Amtsrichter. Das ist unter Juristen ein als ganz besonders langweilig beleumdeter Beruf. Weil er aus Barmbek stammt – das ist ein Stadtteil von Hamburg, der wohl auch eher als ein bißchen mickerig gilt – hieß der H. unter den Freundinnen der D. lange Jahre dkhAaB, „der kleine hässliche Amtsrichter aus Barmbek“ also, vollständig ausgeschrieben, und genoss den Ruf einer kuriosen Marotte, ungefähr so, als hielte sich die D. in ihrer Küche einen Hamster. Oder ein Huhn.

Irgendwann aber letztes Jahr zog jemand die D. einmal mehr mit dkhAaB auf, und anders als sonst, fing sie nicht an zu lachen. „Jetzt lass doch den H. mal in Ruhe.“, hieß es, und auf dem Geburtstag der F., ich selbst war nicht dabei, kam sie ganz offiziell mit dem H., um mit diesem auch wieder zu verschwinden. Ein paar Monate später erschien sie bei der V. zum Babygucken, wieder gemeinsam mit dem H., und brachte ein gemeinsames Geschenk vorbei. Sogar auf Facebook heißt es inzwischen nicht mehr „Es ist kompliziert“, sondern da steht gar nichts.

Ende Oktober platzte dann die Bombe. Die D. habe eine Wohnung gekauft, hört man aus mir befreundeten Hamburger Kreisen, in Winterhude nämlich, und dort wohne sie nicht etwa allein, sondern incredibile dictu mit dem H. Die Hälfte der alten Freunde lachte. Die andere schwieg betreten vor sich hin.

Sogar die an sich wirklich romantische V. hat die Idee eines plötzlichen Gefühlssturms  als unwahrscheinlich verworfen. Die N. immerhin verteidigt den Trend zur Vernunftehe, die der romantischen Bindung die geringere Fallhöhe voraus sei, und der J.2 behauptet, am Ende sei es ja irgendwann auch eher sekundär, wen man heirate. Hauptsache, man gehe sich nicht allzu sehr auf den Geist. Gespannt wartet nun die Gemeinde der alten und neuen Freunde auf Hochzeitseinladungen, und es kursieren die ersten Vermutungen, dass statt der obligaten Rosen Usambaraveilchen und Geranien die mit Wachstuchdecken drapierten Tische zieren. Zu essen gibt es bestimmt Kartoffelsalat.

Aber vielleicht tun wir dkhAaB auch alle Unrecht.

24 Gedanken zu „DkhAaB

  1. nun, ich teile mit der d. ausser dem anfangsbuchstaben auch den hang zu erfolglosen verliebtheiten und lese in der verbindung zum dkhaab einfach eine abkehr vom abenteuer, hin zu bleibenderen werten. sie kann sich ja weiterhin gelegentlich in einen mann aus der u-bahn verlieben, schwärmereien bringen die phantasie auf trab! ein angenehmes, wg-artiges miteinander ist nicht das schlechteste, wenn man auf die große liebe nicht ewig warten will und sich in geschmack und anspruch ähnelt. äußerlichkeiten halten eine ehe glaube ich eh nicht zusammen, und, werte frau modeste, die suche nach einer romantischen verbindung ist mit so viel aufwand verbunden, diese energie kann die d. dann in andere belange stecken. bringen sie also rosen mit, wenn es keine geben sollte.

  2. geliebte casino,
    ob Ehen oder Beziehungen – zu meinen Patienten gehören ja auch die Mitarbeiter des Standesamtes, als spreche ich auch aus deren Erfahrung – , die mittlere „Überlebensdauer“ jeglicher Bindung liegt zur Zeit bei 6 Jahren, wobei der Anteil Frau/Mann, die die Trennung initiieren, bei etwa 50:50 liegt, Hauptscheidungszeit ist übrigens die Zeit nach einem letzten Versuch im Rahmen eines 6wöchigen Luxus-Urlaubes (der manchmal auf 3 Wochen verkürzt wird, damit es nicht zu Messerstechereien kommt); und das wichtigste: der wahre Hauptgrund für den Bestand einer Langzeitbeziehung ist weder echte Liebe, noch andere romantische oder erotische Kompatibilitäten, Kinder, gemeinsames Reitpferd o.ä., sondern ganz schlicht: Gewohnheit.
    Fühl dich umarmt, schönste aller D.’s vom Prenzlauer Berg

  3. Es könnte aber noch etwas anderes, seltenes, sehr kostbares sein: langsam gewachsene Liebe.

    Daran glauben die wenigsten, aber wenn es geschieht dann hält es ewig.

  4. Gratulation an die D. Eine – wenn auch späte – Chance, einer Blase von Damen mit eingeschränktestem Wahrnehmungsvermögen und unüberbietbarer Arroganz zu entkommen.

  5. In einem normalverteilten Universum kann es nicht nur große und schöne Männer geben. Es sind immer auch (relativ) kleine und hässliche dabei, und sehr viel Mittelmaß. Wenn für 50% aller Damen nur die schönsten und größten 10% der Herren in Frage kommen, bleiben entweder 40% Single oder es bilden sich Harems (ist das die korrekte Mehrzahl?). Der H. hat ein regelmäßiges Einkommen und sagt keine ‚falschen‘ Sachen, das ist in dieser Kombination auch nicht gerade häufig bei noch nie verheirateten Männern um 40.

    1. Umgekehrt gilt das natürlich auch. Geschätzte 60% der Leute sind mit Leuten zusammen, die ihnen eigentlich zu hässlich, zu erfolglos oder zu langweilig sind. Insofern relativieren sich auch Beziehungsratgeber. Die meisten Beziehungen scheitern daran, dass sich die Leute trotz ernstlicher Versuche dauerhaft nicht arrangieren können.

      1. Darf ich das dahingehend verstehen, dass Sie im Zweifelsfall lieber zum Alleinsein raten als zum Schönreden? Weil es am Ende eben doch kracht und schmerzt wenn die Kriterien nicht erfüllt sind? Wie die D weiterhin mit dem Lebensstilwandel zurechtkommt wird Ihre Leser jedenfalls interessieren..

        1. Mit ein bisschen Glück gelingt es der D. ja, auch über lange Zeiträume, ausschließlich die Schokoladenseite des khAaB zu sehen. Die hat er ganz bestimmt, die haben wir ja alle.

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