Wir warten auf den Weihnachtsmann

„Klopf, klopf, klopf, kommt der Weihnachtsmann!“, behauptet der F. so circa am ersten Advent, und unterstreicht mit weit ausholenden Gesten, wie er sich die Bescherung vorstellt. „Ein alter Mann, mit Bart. Und einem Sack!“, beschreibt er den Spender von möglichst zahlreichen Geschenken, über die er täglich erhitzter spekuliert. Ein Kasperletheater soll er ihm mitbringen, eine Klarinette, ein Cello, eine Tuba gar, wenn möglich, und auf jeden Fall viele Bücher, bevorzugt über die Feuerwehr.

Im Laufe der Vorweihnachtszeit wird die Sache mit dem Weihnachtsmann immer elaborierter. Am zweiten Advent fährt der Weihnachtsmann mit einem rentierbespannten Schlitten über den Himmel. Am dritten Advent soll er auch F.s Kuscheltieren bescheren, und nach den drei Weihnachtsfeiern der letzten Woche kennt die Begeisterung eigentlich keine vernünftige Grenze mehr: Der F. fiebert dem Weihnachtsmann entgegen wie die Urgemeinde der Parusie Christie am Jüngsten Tage.

Das Problem an der Sache allerdings: Ich habe keinen Weihnachtsmann in petto. Ich habe mehrere Freunde gefragt, aber meine Freunde haben entweder selbst Kinder und sind deswegen Weihnachten daheim unabkömmlich, oder aber sie haben noch keine Kinder und fahren deswegen – wie man auch jenseits der 30 und vor zehn Jahren ausgezogen zu sagen pflegt – nach Hause. Also zu ihren Eltern, irgendwo in der entlegenen Provinz. Ostfriesland oder Unterfranken oder Oberschwaben oder die Eifel. Vielleicht geben sie da vor ihren Neffen und Nichten den Weihnachtsmann. Ich aber – oder besser gesagt: Der F. – haben hier das Nachsehen.

Schüchterne Versuche der kommerziellen Buchung kommen sämtlich zu spät. Einen allgemeinen Aufruf in den sogenannten Sozialen Netzwerken hat der J. verhindert, dem ein Eindringen halbbekannter Dritter in unsere häusliche Unordnung irgendwie unsympathisch erscheint, und so bleibt es wohl dabei, dass am Heiligen Abend eine Katastrophe dräut, wenn wir dem F. mitzuteilen haben, dass der Besuch des Weihnachtsmanns stattgefunden habe, als er just dem Kindergottesdienst beigewohnt hat. Ich ahne schon jetzt jammervolle Verzweiflung, kaum abgemildert durch die Geschenke, die der allzu schnell Entschwundene zurückgelassen haben wird.

14 Gedanken zu „Wir warten auf den Weihnachtsmann

  1. schon jemanden gefunden? hab meine kontakte nach berlin spielen lassen. da wäre evtl. der sohn einer bekannten…
    (bei noch bestehendem bedarf gebrauch von meiner e-mail machen. dann würde ich eine tel.nr. rüberschicken und ihr macht das direkt aus.)

    1. Danke. Es ist lieb, dass Sie an uns gedacht haben. Wir haben es für dieses Jahr beim knapp verpassten Weihnachtsmann belassen. Und dann sind wir ihm ja sogar noch begegnet. Damit war der Abend sowieso gerettet.

  2. Nun, ich denke, der J. wird den Weihnachtsmann mimen müssen. Das braucht natürlich eine entsprechende Dramaturgie, innerhalb der der J. das Weihnachtszimmer verlässt, um den Weihn.mann „hereinzulassen“ und sich dann schnell als solcher verkleidet (viel Bart!, ganz tiefe Stimme!).
    Der F. wird so aufgeregt sein,dass ihm gar nicht auffällt, dass der Herr Papa gerade nicht dabei ist und höchstselbst unter dem roten Mantel steckt.

    Das ist ein schon erprobtes und funktionierendes Szenario. In dem Alter geht das auch noch. Nächstes Jahr dann am besten schon im Januar den Weihnachtsmann für Dezember buchen.
    Alles Gute!

  3. Bei uns kam der Nachbar bis letztes Jahr zum Einsatz, wo er enttarnt wurde. Ihm hat es einen riesigen Spaß gemacht. Vielleicht einfach mal fragen und dringend um ein Kostüm kümmern, dass ist auch gern ausverkauft. Ansonsten fand ich es als Kind schon sehr schön, wenn der Weihnachtsmann, wenn schon knapp verpasst, die Geschenke in einem großen Sack vor der Tür (falls sicher, sonst Flur) abgestellt hat.

  4. Immerhin, es könnte wilder kommen: Jack Skellington, als Weihnachtsmann verkleidet! Und dann läßt der so merkwürdige, halloweenige Geschenke zurück. Dann lieber „knapp verpassen“. So oder so: ein schönes, friedliches Weihnachtsfest!

  5. Oh, sicher zu spät, aber eine organisatorische Warnung noch: In der alten TV-Serie der „Addams Family“ sollten die Kinder Wednesday und Pugsley auch vom „Weihnachtsmann“ überrascht werden. Nur leider hatte sich die Familie nicht richtig abgesprochen, so daß sich jeder als Weihnachtsmann verkleidete und nacheinander auftrat… Ein typischer Fall von overdone.

  6. Wir haben damals das Fenster weit geöffnet und behauptet, der Weihnachtsmann sei mit dem Schlitten vorbeigerauscht, habe kurz die Geschenke vorbeigebracht und es sehr eilig gehabt, weil die anderen Kinder ja auch warteten. Die Antwort des Kleinen war (damals 5 Jahre alt): „Das stimmt nicht, ich hab gestern Nacht gesehen, wie ihr die Geschenke unter dem Sofa versteckt habt!“

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