Wer Berlins Mütter sehen will, geht zu den Kinderkonzerten der Komischen Oper. Sicher, auch die Staatsoper, die Philharmonie, die Deutsche Oper weit im Westen haben Konzerte für Kinder. Die volkstümlichste der Berliner Opern in der Behrensstraße aber zieht sie alle an: Die tätowierte Mutter mit den Rastalocken und dem Kind mit dem Totenkopfshirt. Die Prenzlmutter im roten Wollkleid mit einem Riesenfliegenpilz drauf, die Mutter im grauen Armanikleid mit sehr schönen, rauchig-gelben Cabochons in den Ohren, eine ganz dicke Mutter mit Mallorca-T-Shirt, und der ganze Boden ist voller tobender, jubelnder, rennender Kinder.
Zwischen den anderen Kindern tappt auch der F. an meiner Hand zu seinem Platz. Wir sind nicht zum ersten Mal hier, aber zum ersten Mal in dieser Spielzeit. Der F. ist ein bißchen aufgeregt, weil er das Orchester liebt, vor allem das große Cello, weil er sich auf die Puppenspielerin freut, die im letzten Jahr eine große Puppe über die Bühne gezogen hat, und weil dem F. Musik immer so in die Glieder fährt, dass er unbedingt tanzen und sich rotglühend begeistern muss. „Wann geht es denn endlich los?“, mosert er bis um elf, und dann erscheinen endlich Musiker, die Puppenspielerin hat diese Spielzeit eine Riesenkatze, die dem F. noch besser gefällt als die Puppe vom letzten Jahr, und auch wenn ein bißchen viel gesprochen wird, und zu wenig musiziert, hat der F. jede Menge Anlass zu Applaus und Jubel für ein bißchen Haydn, ein bißchen Händel, ein bißchen Mozart, bis wir wieder auf der Straße stehen, und der F. den ganzen Weg nach Hause die Linden entlang lauthals singt und klatscht und hopst.
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