Innerhalb der EU habe ich kein Auslandsgefühl. Auf eine selbstverständliche Art und Weise gehe ich davon aus, dass alles, was zuhause in Berlin gilt, auch in allen anderen Mitgliedstaaten Gültigkeit besitzt. Dass man nirgendwo Verständigungsschwierigkeiten hat. Dass man das Leitungswasser trinken kann. Dass die Stecker passen. Wenn das – wie hier – einmal nicht stimmt, bin ich immer so ein ganz klein wenig verstört, bemerke umgehend das Unpassende an dieser Empfindung und vergegenwärtige mir, dass Italien (Frankreich, England …) so lange Ausland war, dass man auf Schritt und Tritt auf Relikte der Fremdheit stoßen wird. Ab und zu denke ich dann daran, dass sich das auch alles sehr schnell wieder ändern kann mit dem Inlandsgefühl, aber daran will ich nicht denken. Statt dessen suchen wir in Buonconvento und schließlich in einem Ortsteil von Montalcino nach einem Adapter für mein Macbook.
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Ich lese Lauren Groffs „Licht und Zorn“ durch. Das Buch besteht aus zwei Teilen, jeder Teil erzählt eine Perspektive einer Ehe, einmal die des sonnigen, charmanten, sportlichen und erfolgreichen Lottos und einmal die seiner schönen, verdüsterten, geheimnisvollen Frau Mathilde. Mathilde ist möglicherweise ein monströser Mensch, klug, abgründig, kalt. Vielleicht ist Mathilde aber auch ein verstörtes, verstoßenes Mädchen. Vielleicht ist sie ein Engel. In jedem Fall ist sie hundertmal interessanter als ihr Mann, in dessen Schatten sie lebt, der es mir sauer gemacht hat, das Buch durchzulesen. Es ist sehr, sehr gut, aber gemocht habe ich es nicht.
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Am ersten Nachmittag F. zum Reiten gebracht. Am zweiten selbst ausgeritten. Dieses leuchtende Heu. Die schmerzhafte Perfektion der toskanischen Landschaft, die Farben, der straff gespannte Himmel. Der Geruch von Pferden, wie eine Mähne sich anfühlt, diese Empfindung von gesammelter, gezähmter Kraft. Vielleicht werde ich wieder häufiger reiten.
Eine sehr unoriginelle Frage: Welcher Bauernhof ist das? Nach einer Woche Frieren auf Nordsee-Bauernhof klingt Toskana-Bauernhof exzellent. Weiterhin schönen Urlaub!
Wir waren auf der Fattoria Pieve a Salti. Sehr empfehlenswert, nur 20 Minuten von Montalcino und 30 von Siena entfernt, tolle Landschaft. Das Essen ist gut, viele andere Kinder. Sehr ruhig und sehr entspannt. Der Reitstall ist super, sowohl der F. als auch ich sind ausgeritten.