An sich, meine Damen und Herren, müssen Sie sich so ein ganz idyllisches Setting vorstellen. Ein schöner halbverfallener Hof. Ein par alte Ställe und Gesindehäuser, in denen heute Feriengäste unterkommen, und überall freilaufende Tiere. Geht man am Gutshaus vorbei, vorbei an allen Stallungen bis ganz nach hinten, steht man vorm Stall. Da sind die Pferde.
Wenn man – wie ich – einmal ein Pferd heiraten wollte, ist man hier richtig. Der Stall ist eher ein Liebhaberstall als besonders professionell, aber es riecht, wie es riechen soll, die Pferde sind gepflegt, und man braucht sich für eine Reitstunde für sehr lange nicht gerittene Wiedereinsteigerinnen nicht anzumelden, wenn man einen Reitlehrer findet, der ein bisschen Zeit hat. Ich ziehe mich also um und sattele das Pferd.
Auf dem Reitplatz stehe ich vorm Pferd, ziehe ich mein linkes Bein ganz nach oben und packe den Sattel beherzt an beiden Seiten. Mein Fuß sollte nun im Steigbügel stehen. Statt dessen trete ich ein paarmal in die Luft. Der Steigbügel baumelt ungefähr zehn Zentimeter über meinem Spann. Erst, als ich den Steigbügel unter den nachsichtigen Augen der Reitlehrerin verlängere, bekomme ich meinen Fuß hinein.
Nun aber. Mit dem rechten Fuß stoße ich mich vom Boden ab. Das linke Bein drücke ich durch. Gleichzeitig ziehe ich ordentlich am Sattel. Für einen Moment liege ich bäuchlings auf dem Pferd, dann zieht die Schwerkraft mich wieder nach unten. „Mamaaa!“, feuert mein Fünfjähriger mich an, ich zappele mit den Beinen. Dann stehe ich wieder neben dem Pferd. Geduldig schaut das Schulpferd in die unendliche Weite. So geht das zweimal.
Inzwischen bin ich halb anstrengungsbedingt, halb vor Scham knallrot. Außerdem ist es heiß, ich schwitze, ich will mir gar nicht ausmalen, wie ich wohl aussehe, so eine mittelalte, leicht dickliche Frau, die auf ein Pferd nicht raufkommt, und kurz spiele ich sogar mit dem Gedanken, es einfach sein zu lassen. Ich bin über 40, vielleicht reicht es jetzt auch einfach und ich altere mit beiden Beinen auf dem Boden zuende.
Dann aber hole ich für einen letzten Versuch tief Luft. Ich trete so heftig nach unten, als ginge es darum, mit schierer Muskelkraft ein Loch in den Boden zu stampfen, lande wieder mit dem Bauch auf dem Pferd, ziehe, ziehe, ziehe, und bekomme mit knapper Not das rechte Bein auf die andere Seite des Pferdes. Da sitze ich nun also. Alt, schwer, schon zu Beginn der Reitstunden erschöpft, aber immerhin: Auf dem Pferd. Es kann also los gehen.
Aber ich habe für den kommenden Donnerstag ein Probetraining im Fitnessstudio vereinbart.
Gute Idee. Ich konnte auch mal Yoga, und jetzt? Ich kann noch nicht mal mehr einfach so auf dem Boden knien, oder die Unterschenkel kreuzen, geschweige denn eine Kerze oder einen Kopfstand machen.
Ich hoffe ja auf ungeheure Fitnesszuwächse, sobald ich wieder Sport mache.
Liebe Frau Modeste,
ja hat denn die idyllische Reitschule keine Aufstiegshilfe aka Block, Tonne, o.Ä.? Das ist erstens für die Reiterin weniger yogamäßig, noch für das Pferd, denn dieses Ziehen am Sattel ist in Wahrheit ein Ziehen an der Wirbelsäule des braven Tieres und wenn das -wie ja meistens bei Schulpferden- oft passiert, auf Dauer nicht so furchtbar gesundheitsträchtig.
Kleine Anregung, damit der Kopf das nächste Mal nicht ganz so rot wird 🙂
Herzliche Grüße
Isi
Ich hoffe, wenn ich wieder ein bisschen trainiere, wird das wieder. Gibt ja auch keine Aufstiegshilfe im Gelände.
Verblüffend wenn der Kopf noch weiss wie es geht aber die richtigen Muskeln dazu auf einmal nicht mehr da sind.
Herr Wischmeyer sagte heute morgen im Radio dazu „… durch Trendgehampel … dem Schiksal noch ein paar fette Jahre abtrotzen.“.
*Grins*
Ich hoffe ja auf einen noch reversiblen Prozess.
(Große Liebe für die Überschrift.)
Danke!
Danke. Sehr gelacht. Gleiche Altersklasse, gleiches Problem. Zumal Gauli-Reitbeteil ein Stockmass jenseits der 170 hat. Komm ich mir jedesmal SO alt vor. Achja, und andere „Frau-jenseits-40“ Problemchen gibts auch noch