Samstag, 11. Juli

„Ich suche etwas für eine Freundin.“, sage ich und schaue mich um. Die Freundin ist dunkelhaarig und ziemlich groß. Eher Gold als Silber, vielleicht Korallen, denke ich und stelle mir den Schmuck aus den beleuchteten Fächern an der Wand an ihrem Handgelenk vor. „Eine Freundin oder deine Freundin?“, fragt der massige, ältere Mann, den ich mir kaum vorstellen kann mit den filigranen Ketten und Armbändern, die er anbietet. „Aus eigener Herstellung“ steht an manchen Vitrinen. „Eine Freundin.“, sage ich und freue mich, dass hier Berlin ist, und jetzt 2015, und die Frage, ob man einen Freund, eine Freundin oder gar keinen Freund hat, so beiläufig gestellt wird, ob blond oder dunkel.

„Dann keine Ring.“, bescheidet mich der Juwelier, und mit einem Armband verlasse ich den Laden.

Am Abend erscheine ich pappsatt und mit dem Geschenk in der Tasche auf dem Geburtstag. Es ist ein bisschen komisch, denke ich, wie schnell das am Ende ging. Erwachsen werden war so ein mühsames Geschäft. Endlich 16 sein, weil man dann allein ausgehen und Wein trinken kann. Der erste Freund, und das erste Mal mit Freunden verreisen. Endlich 18 sein. Abi, Ausziehen, Studieren. Das erste Mal für Arbeit Geld bekommen, das erste Mal für etwas verantwortlich sein, ohne dass am Ende noch einer schaut, ob man auch wirklich alles richtig macht. Mit jemandem zusammenleben. Ein Kind haben. Eine Wohnung kaufen. Und auf einmal klingelt man an einer Tür, es summt, und man steht auf dem 50. Geburtstag einer Freundin, und ist ganz und wirklich ein erwachsener Mensch, drückt seine Freunde, kippt sehr schnell zwei Glas Wein auf das viele Essen von der Thaiwiese in Wilmersdorf und ist auf einmal sehr zufrieden. Ich habe es ganz gut getroffen, proste ich mir zu und allen anderen.

5 Gedanken zu „Samstag, 11. Juli

  1. Nicht nur gut getroffen, sondern anscheinend gut gemacht! Das ist nicht selbstverständlich und ich kenne nicht viele, die alles schaffen, auch wenn die Eltern oder die Freunde so tun, als sei das der Fall.

    Und ja, es geht atemberaubend schnell, zu schnell….

  2. ja, es geht schnell, fühlt sich dann aber doch richtig an. seit samstag meine ich eine kleine zusätzliche entspanntheit zu all der bunten erfahrung und den anstrengungen der letzten jahre wahrzunehmen, als ob ich mit 50 einen tick souveräner einfach so sein kann, wie ich eben bin. und du hast wirklich einen guten spürsinn bewiesen mit dem geschenk! mit freunden feiern ist ja eh zeitlos schön.

  3. Hallo,

    ich finde, dass deine Artikel sich sehr angenehm lesen lassen.
    Ich bin zwar erst knapp über dem „Abi- Punkt“, kann mich allerdings fast schon in deine Atmosphäre einlesen.
    Du hast einen sehr interessanten Stil und ich freue mich schon mehr von dir zu lesen.

    Einen charmanten Sonntag Abend wünsch ich!

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