Wie gesegnet wir sind, denke ich und schaue über den Park. Unter ein paar Bäumen laufen unsere Kinder hinter einem Ball her. Blonde Haare wehen, dünne Beine in Jeans oder Leggings strecken sich zu weiten Sprüngen, und um zwei große Decken herum stehen einige Erwachsene, essen Kuchen und sprechen über Reisen, Restaurants und ihre alternde Eltern.
Die C. hat Sohn F. einen Kuchen gebacken, mit einer Schultüte drauf und seinem Namen, und befeuert von mehr Zucker, als er jemals gegessen hat, springt er ausgelassen über das ausgedörrte Gras dieses viel zu warmen Sommers. Ab und zu höre ich seine Freunde und ihn lachen. Wir kennen uns alle seit immer, stelle ich einer neuen Freundin meine alten Freunde vor, und über unseren Köpfen schwingt ein heller, schon fast herbstlicher Himmel im Wind.
Vielleicht sind wir nicht mehr als der letzte Lidschlag des Friedens. Vielleicht geht ein paar hundert Kilometer südöstlich von hier unsere Welt in Hässlichkeit und Hass zuschanden. Vielleicht fällt aber all das, was uns heute erschreckt, wie Schorf wieder ab von der Welt, und auf unsere Kinder wartet Freude, Sorglosigkeit und Glanz: Wie auf uns.
Das wünsche ich den Kindern und uns so sehr! Schön wieder von Ihnen zu Lesen.
Grüße aus dem Münsterland
… aber wir sind doch die Mehrheit!
Nirgendwo in meinem Leben – nicht in der Schule meiner Kinder, bei den Chören in denen ich singe, in den Vereinen in denen meine Lieben und ich Mitglied bin, in den Konzerten in denen ich mich herumtreibe, bei den Musikern mit denen ich spiele. in Kneipen, auf Ausstellungen bei der Arbeit, einfach so in den Städten des Dreiländerecks in denen wir uns hier so frei als gute Europäer bewegen – nirgendwo begegnet mir diese Fratze aus Hass, Niederträchtigkeit und Gewalt die per Twitter und TV aus dem Osten in meine Wahrnehmung flutet.
Das ist so irreal und hat so gar nichts mit dem Leben, das wir hier im Westen führen zu tun.
Wir müssen alles tun unsere Kinder vor diesem Albtraum aus Schmutz und Kleingeistigkeit zu schützen und gegen die dem zugrundeliegende Gedankenwelt zu immunisieren!
Auf das sie ein frohes, der Welt zugewandtes Leben führen.
Man glaubt es kaum, aber nun habe ich zufällig seit fast zwei Jahrzehnten Freunde in Chemnitz, die Enkel in der Schule haben und „Kinder“, die arbeiten, die in Chören singen, in die Kirche gehen, nach alten Menschen sehen, also so ein Leben führen wie „wir im Westen“. Und für viele andere Städte im Osten, kann ich das ebenfalls sagen.
Die Fratze des Hasses ist sicher nicht „DER OSTEN“, es gibt ihn nicht „DEN OSTEN“ und meiner Ansicht nach übrigens auch nicht „DEN WESTEN“. Überall gibt es solche und solche Menschen, das sollten wir nie vergessen.
Die „Fratze aus Hass, Niederträchtigkeit und Gewalt“ finde auch ich, in Sachsen geboren und bis heute hier lebend, unerträglich.
Ganz schlimm finde ich aber auch Menschen, die fast dreißig Jahre nach dem Mauerfall noch immer in Ost- und West- Schubladen denken.
Ich fürchte es wird noch viel schlimmer kommen und die Dummheit macht sich auch immer mehr hier im Westen breit Ich hoffe nur, dass unsere Regierung stabil bleibt und die Rechten nicht irgendwann das Ruder übernehmen. Dann muss ich nach Dänemark oder Schweden auswandern!
Herzlichen Glückwunsch zum Schulanfang, ich hoffe dass der F. die guten Lehrer bekommt, die man braucht, um den Spaß am Lernen zu behalten.
Ich will Ihnen ja den Spaß nicht verderben, aber die Dansk Folkeparti – das dänische Äquivalent zur AfD – ist seit 2017 Teil der Regierungskoalition. Schon vorher hat sie die Politik der rechtsliberalen Minderheitsregierung in weiten Teilen bestimmt, was u.a. dazu beigetragen hat, dass Dänemark im Herbst 2015 seine Grenzen dichtgemacht hat.
Und Schweden, nun ja, Sonntag Abend werden wir klüger sein …
Ich freue mich über diese wunderbare literarische Miniatur. Freude, Sorglosigkeit und Glanz.
Sind „wir“ wirklich in der Mehrheit?
An mehr Tagen als ich zählen möchte, höre ich Hass und Hässliches in der U-Bahn, hier im Südwesten, direkt zu oder laut genug über z.B. eine junge Frau mit Kopftuch und all die anderen, die mit uns leben und U-Bahn fahren. Ganz ungeniert.
Und ja, fast immer sage ich etwas, ganz freundlich und ganz deutlich.
Und ja, fast immer ernte ich Schweigen, verkniffene Münder, Blicke aus dem Fenster und keine Reaktion, keine Anwort, keine Diskussion.
Und nein, ich glaube nicht, dass ich nur ein einziges Mal etwas bewegt hätte.
Ich mache das wohl nur für mich, um in den Spiegel schauen zu können. Und ganz vielleicht für die, die mit uns leben.
Aber wird es reichen? Sind „wir“ wirklich in der Mehrheit?