Leben

Der kinderlose Dienstag

Es gibt Mahlzeiten, die man aus Bequemlichkeit oder Zeitmangel auswärts isst. Spaghetti Bolognese etwa, das kann man prima zuhause machen, aber es dauert halt vier Stunden, und die habe ich nicht. Es gibt aber auch Essen, das ich nicht zuhause esse, weil ich das nicht kann. Das betrifft die ganze Hochgastronomie, aber auch Steaks mangels offenem Feuer und Schnitzel. Die sind bei mir nämlich ungefähr zentimeterdick, die Panade klebt eng am Fleisch und das Ganze schmeckt okay, aber eher nach Bielefeld als nach Wien.

Nun verfügt Berlin über mehrere renommierte Schnitzelbräter. Ich schwöre aufs Alt Wien. Das ist zum einen bei mir um die Ecke, zum anderen ist es großartig. Hauchdünn, riesengroß, perfekter Kartoffelsalat. Hirter Bier und Null Komma Josef, ordentlicher Wein.

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Als ich komme, sind Herr SvenK, seine zauberhafte Frau und Frau Wortschnittchen schon da. Der J. biegt gerade um die Ecke. Es werden vier Schnitzel bestellt, drei Bier und einen Wein, danach eine Mehlspeisenplatte. Wir sprechen über Craft Bier (wir waren am Wochenende mit dem großartigen Mek und seiner Frau ausführlich Bier trinken), über Neukölln, über Kommunalpolitik, Reisen, unsere Eltern und wie man nach Kambodscha kommt. Ich bestelle noch einen Wein. Das Leben ist schön.

Aber die Wohnung ist wahnsinnig leer ohne Kind.

Der kinderlose Montag

Eine Woche weilt der F. allein bei den Großeltern, weil seine Kita vier Tage geschlossen hat. Teamfortbildung. Ich habe ein bisschen Angst vor Teamfortbildungen und den daraufhin unweigerlich folgenden pädagogischen Experimenten, weil ich Veränderungen nicht schätze und die aktuellen pädagogischen Trends für Blödsinn halte, vom offenen Konzept bis zur Kompetenzorientierung. Vermutlich liegt das am Alter. Leute werden ja immer konservativer, wenn sie älter werden. Das gilt auch für mich, allerdings bisher begrenzt auf das Gebiet der Erziehungswissenschaften.

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Dem F. geht es bei den Großeltern prächtig. Er isst den ganzen Tag leckeres, sehr fettes Zeug, spielt im Riesengarten und übt mit der Großmutter seine Theaterrolle für die Kitaaufführung und Schwungübungen, weil es ihn irgendwie fertig macht, dass seine Fünfen nicht so schön aussehen wie die eines anderen Kindes in seiner Kitagruppe, das er um die Schönheit seiner Zahlen heftig beneidet.

Es ist unglaublich, wie viel Zeit man hat, wenn das Kind nicht da ist. Man kann bis nach acht im Bett liegen und ist trotzdem um halb zehn im Büro. Man muss sich im Büro nicht beeilen, weil es ja total egal ist, wann man nach Hause kommt. Man kann sich irgendwann nachmittags Kaffee holen, man kann plaudern, man kann der Uhr dabei zusehen, wie es acht, neun, halb zehn wird, und wenn man nach Hause kommt, lässt man sich aufs Sofa fallen und isst Falafel von der Bude um die Ecke.