„Diese Dunkelheit.“, ächze ich. Die Dunkelheit ist fast das Schlimmste. Man wacht morgens auf und zwischen den Häusern wabert so ein dünnes, milchiges Licht, dass einem komplett die Lust vergeht, jetzt aufzustehen und rauszugehen und sich dieser Lichtlosigkeit auszusetzen, so ein bisschen, wie man Skrupel hat, in schmutziges, brackiges Wasser zu steigen.
Zu alledem weiß ich nichts mit mir anzufangen. Gut, bis letzte Woche habe ich noch ziemlich viel gearbeitet. Das war aber gar nicht übel. Ich bin alles in allem schon eher ein Arbeitstier und halte es schlecht ohne einen randvollen Tagesplan aus. Ich verkomme dann immer relativ fix , so wie früher gegen Ende der Semesterferien, wenn ich irgendwann wirklich alles erledigt hatte und mir nichts blieb außer bis morgens auszugehen und bis mittags zu schlafen. Nach spätestens drei Tagen habe ich mich dann immer irgendwie räudig gefühlt und war froh, wenn das Semester wieder losging. Aus diesem und keinem anderen Grunde habe ich als Studentin nicht einen, sondern vier Wahlfachscheine und drei Grundlagenscheine und noch so ein bisschen Krempel in anderen Fakultäten abgelegt. Manche halten mich bis heute für fleissig; in Wirklichkeit kann ich mich schlicht allein nicht beschäftigen.
Die fremde Frau, die ich mir ausgedacht habe, um mich sozusagen an ihrem Amusement zu ergötzen, hat auch nicht so richtig Spaß. Ich schicke sie kreuz und quer durch Berlin, ich mag sie auch ganz gern inzwischen, aber wie bei jedem längeren Text fallen mich die Qualitätsmängel des Konzepts nach zwanzig Seiten an und ich fühle mich irgendwie mies, so einen Schrott zu verfassen. Dabei geht es hier gar nicht um Literatur. Aber weder weiß ich, wie ich die gute Frau am Ende des bisher acht Kapitel umfassenden Konzepts vergeblicher Bemühungen um mehr Lebensfreude wieder verabschiede, noch ist mir klar, wie man den Leser davon abhalten soll, sich genauso zu sehr langweilen wie ich. Dabei ist an Leser überhaupt nicht zu denken, ich schreibe nur so ein bisschen vor mich hin, aber die schiere Existenz des Qualitätsmaßstabes guter Unterhaltung lähmt mich und macht mir schlechte Laune.
Überdies schlafe ich schlecht. Ich kann mich nicht bewegen. Ich wollte Samstag ins reinstoff, aber da war ausreserviert. Im E. T. A. Hoffmann war das Essen dann auch ganz gut, aber natürlich nicht genauso großartig. Vorgestern auf dem Weg zum Fondue bei der M. und dem M. ist mir ein Absatz abgefallen, und ich habe keine Lust jetzt loszulaufen und die reparierten Stiefel abzuholen. Ich war doch schon gestern am Alex, bekanntlich einem der hässlichsten Plätze Europas. Zwei Tage hintereinander ist schon ästhetisch ein bisschen viel.
Verabredet bin ich erst um acht, da liest Jan Brandt irgendwo in Mitte aus seinem ziemlich dicken und ganz guten Roman. Ich habe Appetit auf Ananas, aber keine Lust, jetzt welche zu kaufen und zu schälen. Ich könnte irgendwo hingehen und mit Leuten sprechen, aber wenn man so mies gelaunt ist, wie ich heute, bringt das erfahrungsgemäß nicht viel, und nicht einmal das Internet vollzuschreiben macht gerade besonderen Spaß.