He, Sie!

Da sind Sie ja. Jeden Morgen, vielleicht auch einmal ein paar Tage nicht, aber mit schöner und schmeichelhafter Regelmäßigkeit sehe ich Sie bei mir vorbeilaufen, und da habe ich mir gedacht, ich bitte Sie doch einmal herein. – Legen Sie erst einmal ab. Ja, die Tasche können Sie im Korridor stehen lassen. – Einen Tee? In ein paar Stunden würde ich einen Sherry anbieten, aber um diese Zeit… Ein Stück Kuchen können Sie auch bekommen, und jetzt setzen Sie sich erst einmal hin.

Jetzt sitzen Sie mir also gegenüber, auf meinem grünen Sofa, und sind so stumm wie immer. Ich plaudere ein bißchen daher, wie meistens, vom gestrigen lustigen Abend im Visite ma tente, vom vorgestrigen im Prater, lästere ein bißchen über Bekannte, die ich nicht mag, und Freunde, die´s vertragen, und Sie sitzen mir einfach so gegenüber und baumeln ein bißchen mit den Beinen. Ist´s Ihnen unbehaglich auf meinem grünen Sofa? Sie sind ja so still! Mögen Sie lieber den Ohrensessel haben, der ist bequemer, und für´s Wohlfühlen gemacht und nicht fürs Paradieren? – Ach, so, unterhalten werden wollen Sie hier, und selber plaudern möchten Sie gar nicht? Und die anderen Gäste, die reden Ihnen schon genug, und da mögen Sie selber gar nicht dazwischenreden? Schüchtern sind Sie am Ende gar? – Aber nicht doch. Erzählen Sie mir doch ein wenig. Kennt Sie hier doch keiner.

Bei Ihnen daheim, da reden Sie schon genug? Ach, sage ich, und ziehe Sie ein wenig an den Ohren – und da denken Sie, das reicht? Ein guter Gastgeber zu sein, sage ich Ihnen, und dränge Ihnen noch eine Tasse Tee auf, reicht schließlich nicht. Auch ein guter Gast muss man sein, die Hausherrin mit reizenden Geschichten zum Lachen bringen und sie ein wenig aufheitern, wenn die Welt ihr gerade nicht gefallen mag. Virtuelle Blumen sind gern gesehen, denn die Hausherrin wird demnächst ja schon 300, und reife Damen hören ja gerne Komplimente. Das Kölnisch Wasser können Sie aber getrost Ihrer Großmutter schenken, so alt bin ich auch nun wieder nicht. Plaudern Sie einfach ein bißchen.

Und kommen Sie gerne wieder vorbei.

24 Gedanken zu „He, Sie!

  1. Bon jour, Modeste!

    Sind wir gut aufgelegt heute morgen? Scheint so. Danke erstmal
    für den Tee *mitabgespreiztemkleinenfingerauswunderschönerchinesischetasseschlürf*,
    das Datum Deines Geburtstags musst Du mir unbedingt mailen, nicht, dass ich
    daran nicht rechtzeitig denke. Ich weiß nicht, ob das Manuskript meines Romans Dich
    aufgeheitert hat, ist schließlich etwas sperrigere Kost als die Frankreich-Erzählung, so
    richtig Witziges habe ich in den letzten Tagen auch nicht erlebt, aber lassen wir den Tag
    auf uns zukommen und sehen, was des Weges kommt. Dein Tee ist schon einmal sehr gut.
    Ist das ein Yünnan?

  2. REPLY:

    Ach was, nein, morgens bin ich nicht für Extravaganzen. Einen sehr kräftigen Earl Grey, zum Wachwerden, gerne auch einen Sencha, wenn´s denn grün sein soll, und ein Stück Hefezopf mit Butter dazu. – Marmelade gefällig? Der Lemon Curd ist leider ausgegangen, aber ein bißchen Honig könnte ich noch anbieten. Und Geburtstag habe ich am 10. September, leider ist Jungfrau ja kein besonders interessantes Sternzeichen. – Ach ja, das Manuskript – da drüben auf dem weißen Tisch am Bett. Im Hefter, weil ich am Bildschirm nicht gerne lese. Ganz durch bin ich noch nicht, erst war der Krausser dran, UC, aber nun kommst Du, und dann melde ich mich einmal ganz ausführlich.

    Noch ein bißchen Tee?

  3. REPLY:

    Ja, so Leute wie Sie, so Leute ohne eigene URL, das sind mir ja die besonders Rätselhaften. Aber setzen Sie sich dazu, warten Sie, ich hole Ihnen eine Tasse, und dann erzählen Sie mir ein bißchen. Die Arbeit ist heute öd genug.

  4. REPLY:
    Nun,

    erst mal brauche ich einen Kaffee; das ist noch nicht meine Uhrzeit zum Plaudern. Es ist ja nicht so, dass es keine URL’s zu mir gäbe, nur eben keine, bei der meine Anonymität gewahrt wäre. Ich führe aber kein Blog, da ich als Musiker durchaus andere Möglichkeiten habe, mich mitzuteilen. Und nach einem Konzert, besonders, wenn es gut war, besteht für mich kein Anlass, noch irgendetwas zu sagen bzw. zu schreiben.
    Ansonsten wohne ich gleich in Ihrer Nähe; wir bewegen uns aber in höchst unterschiedlichen Kreisen; da ist es hübsch, zu lesen, wie es sich auch noch leben lässt. Im Grunde bin ich aber einfach nur hier zu Besuch, weil Sie ganz erstaunlich gut schreiben.

  5. Ich war in letzter Zeit ein schlechter Gast auf Ihrem Sofa, werte Modeste. Ein wenig übellaunig und zufrieden damit, die Entertainment-Qualitäten der anderen Gäste zu genießen. Aber ich finde es momentan herrlich, die Beine von der Sofakante baumeln zu lassen und zu lauschen. Ich gelobe Besserung, sobald das rostige Herz mit einer ganzen Flasche Karamba entrostet wurde. Morgens sind Ihre Texte ein Genuss wie das tägliche Eincremen nach der Dusche. Es besteht ja noch eine wage Hoffnung, dass ich demnächst Ihre Gastgeberin sein darf und der eine oder andere Gin Tonic mit Spreeblick fließt.

  6. Ach der Tee

    ist ja wunderbar erfrischend, herzlichen Dank. Wo ich doch zwischen zwei Kulturen stehe: der Informatiker in mir verlangt Kaffee in rohen Mengen, wohingegen der Ostfriese natürlich Tee bevorzugt (Thiele Tee: Broken Silber). Das ist so ein Thema, das mich zum Reden bringen kann. Aber sonst führt die Kombination dieser Kulturen bei mir zum beredten Schweigen. Vor allem in Gesellschaft von Menschen wie Ihnen, die so unbeschwert amüsant erzählen können, ohne dabei trivial zu werden. Danke für die Gastfreundschaft.

  7. Sie kennen ja

    meine Zeiten, so kurz nach drei schaue ich vorbei, lese,was Sie so fabriziert haben und freue mich über ihren lakonischen , plaudernd daherkommenden Stil und trauere ein wenig mir Ihnen , dass kein toller Kerl vorbei kommt. So nehme ich heute gerne die Einladung zu Kaffee und Kuchen an. Und ich sage Ihnen endlich, dass es mir bei Ihnen sehr gefällt, vor allem weil es so menschelt. Danke für die Einladung!

  8. Guten Abend in die Runde.
    Ich spendiere zum Tee oder Kaffee mal ein Törtchen für jeden, dass hebt die Laune und stimmt fröhlich.
    Gleichzeitig lasse ich auch mal ein dickes Lob an die Frau Modeste los: Ihre Geschichten lese ich regelmäßig mit Begeisterung. In Ihnen schlummert echtes Erzähltalent, wenngleich ich auch nicht immer kommentiere (ich werde mich bessern).
    So, nun an die Törtchen!

  9. REPLY:

    Ja, dankeschön allerseits. Kaffee, Herr Aufpasser, trinke ich ja gelegentlich auch nicht ungern, leider macht mein Magen das nicht mehr mit. Irgendwann musste ich mich entschieden: Kaffee oder Zigaretten – und trinke seitdem Tee.

    Ist ja ohnehin schon zu spät für Kaffee geworden heute, aber Törtchen isst man doch immer gern. Ich nehme das Eclair. Ja, danke. Sehr lecker. Habe ich erzählt, dass ich heute das größte Eclairt der Welt gesehen habe? Nein? – Nun, vieleicht später.

    Der Mangel an wirklich tollen Kerlen in meinem Leben, Frau Croco, ist ein wirklich ärgerliche Sache. ich habe mir da ja verschiedene Theorien zurechtgelegt, an die ich je nach Laune glaube: Bei riechtig mieser Laune fürchte ich ja, mich will einfach keiner. Bei etwas besserem Gesamtzustand habe ich mir da eine Reihe von Euphemismen zurechtgelegt, die bei nüchterner Betrachtung ungefähr dasselbe besagen. Und bei blendender Laune glaube ich, der Richtige steht morgen beim Bäcker neben mir.

    Und den Gin Tonic, Frau Spreepiratin, den trinken wir ganz bestimmt zusammen, ob es nun am 30. klappt oder nicht.

  10. REPLY:

    Schönen guten Morgen Modeste (und auch zum Reste)!
    Was die spannenden Kerle in Deinem Leben angeht:
    Nachdem, was Du über Dich schriebst, wurdest Du
    in Deinem Leben bis vor einiger Zeit ziemlich verwöhnt,
    zumindest aus meiner Sicht betrachtet
    (jahrelange Frauenlosigkeit am Stück ist für mich
    Normalzustand, In-Beziehung-sein positive Ausnahme),
    und so nimm doch Deine jetzige Phase als eine Art Trockenzeit
    in Erwartung des Monsuns, der sowohl Stürme als auch Blüten
    bringt.

  11. *demütigstgestehe*

    Ja, verehrte Frau Modeste, ich bin auch einer jener Anstandslosen, die Ihnen ihre URL und damit ihr elektronisches Gesicht vorenthalten. Ich komme also gewissermassen jeweils mit der Sturmmütze in Ihre gute Stube zum Tee (danke für den kräftigen Earl Grey, haben Sie übrigens auch dessen Lady in der Dose? Am Morgen unschlagbar!) Daran ist nun aber nicht meine Scheu schuld, sondern der Umstand, dass ich die Musse für meinen ersten Blogeintrag noch nicht fand. Ich werd’s aber bald tun müssen, da ich sonst ende wie all jene, die ewig am perfekten ersten Satz ihres dann nie geschriebenen Romanes feilen. So schlimm ist es aber nicht. Spätestens wenn meine neue Kaffeemaschine geliefert wird, lade ich zum Espresso. Versprochen.

  12. Huldigung

    Übrigens möchte ich diesem Weblog einmal ein wahrhaft großes Lob hudeln. Dass
    die Gastgeberin eine äußerst wortgewandte, schreibbegabte, kultivierte, charmante,
    intelligente und gefühlvolle Dame ist, ist die eine Sache. Aber zum Anderen sind auch
    die Gäste eigentlich durchweg reizende, kluge und füreinander offene Menschen.
    Von anderswo in der Bloggosphäre üblichem Gedisse habe ich hier nichts mitbekommen.
    Das Modeste-Blog ist eine Stätte der respektvollen Begegnung und des geistreichen,
    immer humorvollen, aber nie albernen, immer leichten, dennoch sehr nieveauvollen
    Dialogs. Die Frau Modeste (deren Name, so vermute ich, ohne die Lektüre von Balzac
    nicht zu denken wäre) führt hier einen gutgehenden Salon der angenehmeren
    Gesellschaft.

  13. Oh, spät zwar, aber doch möchte ich mich kurz einreihen und artig „Guten Abend“ sagen. Immerhin war ja französischer Nationalfeiertag, da wäre ein Fisimatente schon angebracht gewesen.

  14. REPLY:

    Ah, ein später, aber gerngesehener Gast – ein Biére Picon für den Herrn? – Und dem Herrn Che vielen Dank für die üppigen Blumen. Ja – und Herr oder Frau Moccalover – ein allzu perfektes Blog wäre doch langweilig. Und sagen Sie Bescheid, wenn Ihre Espressomaschine angekommen ist ;o).

  15. REPLY:
    nur dieses eine Mal!

    mache ich bei Ihnen Eigenwerbung. Versprochen, aber das muss sein. Weil ich Ihnen ja schon einmal ein Versprechen abgab – hier.

    Die Kaffeemaschine heisst (nach Herstellerbezeichnung) Silvia und schnurrt wie geschmiert. Und nun habe ich es auch geschafft, die Blogküche minimal einzurichten, damit Sie sich beim Espressonippen etwas unterhalten können. Ich bin also nicht mehr ganz anonym und würde mich über Ihren Besuch sehr freuen!

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