Es soll Menschen geben, denen die Welt in Katzen- und Hundeliebhaber zerfällt, andere unterscheiden Optimisten und Pessimisten, und manche teilen das Universum sogar in Sozialdemokaten und Konservative auf. Alle diese Unterscheidungen, o meine verehrten Leser, gehen indes am Kern der Sache selbstverständlich vollkommen vorbei. Das innerste Wesen des Menschen, sein Geheimstes und Intimstes, verrät der Mensch nicht als reuiger Sünder, nicht als Beichtkind, und nicht einmal im Suff: Es sind die Torten, die die Geister scheiden.
Vollkommen klar ist jedem denkenden Wesen, dass zwischen Obst- und Sahnetortenliebhabern eigentlich keinerlei Gemeinsamkeiten bestehen können: Die grazile Käuferin eine Stücks Erdbeertorte auf Biskuit? Vergessen Sie´s, wenn Sie in Nusstorte, dreilagig mit Sahne ihr Glück gefunden haben. Die gesteigerte und verfeinerte Form des Tortenessers, die Liebhaber raffinierter Cremetorten, finden aus selbigem Grunde selten Freunde oder bloß Geschäftspartner in den Reihen derjenigen, denen die schlichten, rustikalen Genüsse genügen.
Warum aber, so fragt sich der geneigte Leser, sollen ausgerechnet Torten die Kriterien darstellen, an denen sich die menschliche Welt in divergierende Teile scheidet? Sind, so fragt sich der magere tortenabstinente Leser, denn Torten überhaupt so wchtig, darf, fragt sich der Moralist, ein für die Erhaltung der Volksgesundheit ganz und gar überflüssiges Gebäck diese Relevanz besitzen?
Torten sind, so erwidere ich jene Einwendungen, keinesfalls ein bloßer Luxus, ein überflüssiges und dickmacherisches Produkt geschäftstüchtiger Konditoren. Torten, meine Damen und Herren, sind der Nabel der Welt. – „Wie kommen Sie denn darauf?, murmelt es aus den Tiefen des Netzes. Nun, sage ich – diese Feststellung beruht auf unmittelbarer sinnlicher Anschauung, und wird von der gesamten tortenessenden Welt geteilt:
Die Gabel in ein blattdünn mit aromatisiertem Marzipan überzogenes Tortenstück zu senken. Der aufsteigende Geruch von Mandeln, Champagner, weißer Schokolade und Biskuit. Die helle Ceme, locker, aber keinesfall von jener Schaumigkeit, die die Backmischung verrät, die geschlagene Sahne besitzt genau jene Konsistenz, die ein einziges Grad leichter ist als der helle Biskuit. Die Sahne, die auf der Zunge warm wird und verläuft, die nachlässigen, leichten Bissen, die dem Boden gelten. Die Cremefüllung, die vanillig und leicht auf den ersten Bissen wirkt, und dann ins warme, weinhaltige changiert, um nach dem Hinunterschlucken der ganzen Pracht am Ende einen Eindruck, nein: eine Vision von Orange zu hinterlassen, und man der Gabel selig nachlächelt.
Ein solches Erlebnis, meine Damen und Herren, kann das Zentrum der Welt nur sein.
Geschätzte Modeste,
auch auf die offensichtlich unmittelbare Gefahr hin, mein Geheimstes und Intimstes zu offenbaren, aber Champagner und Marzipan sind die Friedmann und Schäfer meiner Kuchenkultur. Was liest die Tortologin in mir wenn ich sage: Erdbeerkuchen auf Vanille und Zitronenkuchen von Bahlsen? Vielleicht möcht ich’s auch gar net hören.
ich esse alle torten gleich gern, solange sie nicht nougat oder marzipan enthalten 🙂
schokoladig und cremig muss eine torte sein!
Falls Sie danach jemanden inniglich küssen, ist dieser Champagnerbomber sicher angeehmer als, sagen wir mal, eine Zigarette.
Ein solches Erlebnis, meine Damen und Herren, kann das Zentrum der Welt nur sein.
Danke. Keine weiteren Fragen. >-)
REPLY:
Der Torte sei Ehre!
Mit Schokoladentorte kann man mich jagen, außer der berühmten Schwarzen Torte
meiner Mutter. Ansonsten widerspreche ich den Typisierungen der orthodoxen Tortologie,
dass Sahne-Creme-und Obsttorten sich ausschlössen, bevorzuge aber doch neben der
eingangs von der Dame ghostgiverin nein Gastgeberin intensivst geschilderten
Champagnercremetorte eher Fruchtiges. Käse-Sahne oder Schwarzwälder Kirsch geht
gleich gar nicht. Zu bedenken gebe ich, dass das beiläufige und selbstverständliche
Essen mediokrer Torten zum Kaffee die Torte als Solche herabwürdigt. Zum Kaffee
esse ich üblicherweise überhaupt nichts, sondern trinke nur Kaffee. Das Essen einer
Torte stellt für mich durchaus eine eigenständige Mahlzeit dar, das von diversen
Getränken accompagniert werden mag, wobei hier außer Kaffe oder Tee durchaus
Champagner oder andere Schaumweingetränke, aber auch Madeira (Gruß an netbitch!),
Sherry oder Rotwein zum Einsatz kommen können.
Die Torte als Mahlzeit, nicht als Beiwerk, wäre eine Forderung, die ich ohne Weiteres
in meine allgemeine Agenda aufnehmen würde.
REPLY:
Erdbeerkuchen auf Vanille also….das klingt ausbaufähig. Den Zitronenkuchen von Bahlsen, den können Sie sich aber sparen. Ich kenne das Produkt nicht, stelle mir aber irgendetwas Unschönes darunter vor. Eine ordentliche Erdbeertorte dagegen…..
REPLY:
Marzipan scheint ja umstritten zu sein….kann ich gar nicht verstehen. ist doch etwas ganz Herrliches, so eine Marzipantorte.
REPLY:
Eine eigenständige Mahlzeit? Che, wo denkst Du hin? Als Abschluss einer eigenständigen Mahlzeit vielleicht, oder zusätzlich zu einer egenständigen Mahlzeit – aber das Abendessen weglassen für ein Stück Torte?
Niemals!
REPLY:
Immer diese Nichtraucher……
REPLY:
Finde ich auch.
REPLY:
Ich habe gesagt, eine Torte essen, nicht ein Stück Torte :-)))
Nein.
REPLY:
(Was den Diät-Content angeht, natürlich…)
Luxemburgerli
Bin immer noch bekennender Tortianer! Doch seit ich Luxemburgerli kenne, weiß ich, wonach ich wirklich süchtig bin.
http://www.spruengli.ch/Shop/geschenkideen_product.php?art_nr=12787
Beatles o. Rolling Stones, etc.
Man hat mir mal gesagt es gaebe zwei Sorten von Menschen. Diejenigen, die glauben es gaebe zwei Sorten von Menschen und diejenigen, die nicht glauben, dass es zwei Sorten gibt.
@gheist: Glauben Sie ja nicht, wer Sie sind :-)))
September
Hi Modeste, ich freue mich sehr darauf, Sie im September live zu hören. Bin in Neuss dabei.
Und schlußendlich geht es hier nicht um Marzipan oder Fischbrötchen liebe Freunde, sondern es geht um das Können der Schreiberin, um das ästhetische Wort, das sie gekonnt an den Strand der Geschmacksnerven spült….
werbemann
Frau Modeste,
diesmal nicht ausschliessliche Bewunderung, sondern – wie soll ichs ausdrücken… vielleicht ganz banal: Ich hab mich gekugelt vor Lachen (Sie entschuldigen bitte). Dort, wo Sie Ihrem Text die Krone aufsetzen, bei dieser opulenten, ja hocherotischen Schilderung, wie sich „die Gabel in ein blattdünn mit aromatisiertem Marzipan überzogenes Tortenstück (…)“ senkt, da „sieht“ man förmlich die aufkommenden Wasserfluten in Ihrem Mund, Ihren Augen, wie Sie zu schwanken beginnen, sich Ihre Sinne benebeln von diesen prächtigen Vorstellungen, wie Sie die Kontrolle verlieren und der Ohnmacht nahe weiterschreiben (tortentrunken und nicht mehr so genau): …der aufstegende Geruch… die helle Ceme… aber keinesfall von jener Schaumigkeit… die auf der Zunge veräuft… Köstlich. Oh, wie kann ich das verstehen. Jede Konditorei schlägt mich mit Blindheit für meine Vorsätze, degradiert mich zur willenlosen Marionette, macht mich lull und lall, der Diätbeginn wird auf den nächsten Tag verschoben… Buter, Sane, Mazipan – ich lib euch übe ales.
Ich, als Kuchenmann, fühle mich ein klein wenig ausgeschlossen.
Wo bleiben der gemeine Sand-, der erfrischende Käse- oder der delikat-schokoladige Dominokuchen? Kuchen verhindern Revolutionen, das ist doch historisch belegt. Drum gebührt dem Kuchen Ehre, wegen seiner sozial stabilisierenden Eigenschaft!
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‚kuchenmann‘ – wie süß! 😉
REPLY:
Marie Antoinette und Zitate
„Um ihren Ruf zu schädigen, wurde die Geschichte in Umlauf gebracht, dass sie auf die Vorhaltung, die Armen könnten sich kein Brot kaufen, geantwortet habe: »Dann sollen sie Kuchen essen!«. Richtig lautet die Redewendung »S’ils n’ont pas de pain, qu’ils mangent de la brioche« und wurde von Jean-Jacques Rousseau einige Jahre vor Marie Antoinettes Thronbesteigung erfunden oder zitiert.“
Nein zu Torten!
Lenôtre
Heute gab’s Mascotte vom feinsten Bäcker der Stadt.
Dafür würde ich auch glatt nach Nashville reisen:
http://www.gaylordhotels.com/gaylordopryland/meetings/springhouse/buffet.cfm
wiener schmäh dazu
vorab: kompliment zu dieser huldigung – sollten sie je nach wien kommen,
emfpehle ich ihnen die vorstadtkonditorei fercher in der engerthstraße aufs herzlichste!
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unlängst in einem der größeren und älteren kaffeehäuser mitgehört:
gast steht vor der vitrine – darin befinden sich nebeneinander eine
schwarzwälder kirsch- und eine sachertorte.
gast zum kellner: herr ober, was isn der unterschied zwischen den beiden da?
der ober ungerührt auf die rechte zeigend: die da ist größer.
Neulich erst QUALEN und jetzt schon Champagnercremetorte? Oder bereits Wahnphantasien erzeugt durch besagte Qualen?
REPLY:
Feuchte Torten, trockene Kellner: Genau so habe ich Wien in Erinnerung. Herrlicher Schmäh!
Frau Modeste, Sie werden doch nicht etwa rueckfaellig? Oder ist dies lediglich eine Reminiszenz an vergangene Zeiten?
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Was isst Du denn im Sudan für Kuchen?
REPLY:
Käsekuchen, genau. Aber vergessen Sie mir die Obstkuchen nicht. Keine halben Sachen, sondern mit ganzen Erdbeeren, die sich aufrecht eng nebeneinander drängen. Zwetschgen, die dicht an dicht stehen, sozusagen im 45 Grad Winkel. So muss das sein.
REPLY:
Nun, hier gibt es keine Torten oder Kuchen im europaeischen Sinne. Dafuer auf dem Blech ziemlich kalorien- und fetthaltige Sachen, die kiloweise verkauft werden. Die ersten Tests verliefen eigentlich problemlos, aber die Aussentemperaturen regeln diese Angelegenheit ganz von alleine. Man isst bei diesen Temperaturen automatisch weniger. Oder man wartet bis tief in die Nacht.
Ich werde mal ein wenig probieren gehen und dann wieder einen Beitrag lancieren.
(Tschuldigung, Frau Modeste, aber Sie denken ja anscheinend trotzdem die ganze Zeit ans Essen, oder?)
REPLY:
Danke – ich freue mich auch auf Neuss.