Schwer und müde hängt der Sommer in den Bäumen, lehnt an einer Mauer, und würde den Schwalben zusehen, wenn es hier welche gäbe irgendwo zwischen Arkonaplatz und Mauerpark. In meiner Tasche obenauf liegen gelbe Pflaumen, Flaschentomaten und Aprikosen mit einer dichten, stumpfen Haut in der Farbe mancher fremdländischer Mönche, deren langezogenes, modulierendes Singen gut in diesen Tag passen würde, in dessen warmer Luft die Konturen der Welt schon jetzt, gen Mittag, zu verschwimmen beginnen. Die Schatten der Bäume lasten schwarz auf dem ausgeblichenen, rauhen Asphalt.
Ein Paar steht küssend an einer Hauswand. Ein Radfahrer tritt stehend in die Pedale, ein Kind geht starr auf den Gehsteig blickend immer geradeaus. Eine alte, winzige Frau läuft die Schwedter Straße hinab, in jeder Hand einen geblümten Stoffbeutel. Vor den Mülleimern bleibt sie stehen, sucht mit der Hand nach weggeworfenen Pfandflaschen, und aus meiner offenen Einkaufstasche steigt der Geruch der reifen Früchte nach oben und streift mein Gesicht.
Schon morgen würden die Früchte Stellen aufweisen, dunkle Verfärbungen auf dem hellem Safrangelb. Schon morgen ist der Sommer vielleicht vorbei, nimmt der Herbst der Sonne die kraftvollen Arme, und vielleicht ist nur heute, nur diesen Vormittag der Sommer in dieser reifen, vollkommenen Balance: Schwingend wie die Pendel alter Uhren, ein entspanntes Vibrieren, das so perfekt erscheint, so fehlerlos, dass die eigene Seele, der Perfektion entwöhnt, auf die Schüsse wartet, auf die Beschleunigung des Metronoms, auf Blut und Schreie.
Aber dann fängt doch nur Billie Holiday zu singen an, und man überlegt, was man essen sollte, heute mittag oder heute nacht.
ja ja, es ist nicht die sensation die einen über die runden bringt, sondern der tranquile trott der alltäglichkeit.
Das Wort „essen“ fällt hier verdächtig oft. Ich überlege nie mittags, was
ich zu abend essen werde, und mein Mittagsmahl richtet sich nach der
Bestelliste des Bringdienstes. Mehr als 1, 2 Minuten verbringe ich alltags
nie mit dem Gedanken an die Essensfrage.
Auf jeden Fall sollte ich heute früh Feierabend machen. Die Sonne ist Wonne.
REPLY:
was hat denn das mit dem thema zu tun?
REPLY:
Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
REPLY:
Ich finde, das Wort Essen kann kaum oft genug fallen.
REPLY:
Alles – auch eine sinnliche Angelegenheit.
REPLY:
Der Begriff der sinnlichen Angelegenheiten ist ja einigermaßen weit. Ich gebe zu, ich frage mich auch des öfteren, ob der eine oder andere Kommentar wirklich viel mit dem Text zu tun hat, der drüber steht, und komme gelegentlich zu durchaus negativem Ergebnis. Manchmal haben solche Kommentare dann ihren eigenen Wert und freuen mich, manchmal habe ich das Gefühl, hier würde nur um des Kommentierens willen irgendetwas darunter geschrieben, ohne sich auf den Text einzulassen.
Aber der Zusammenhang ist doch evident: Du hast einen extrem sinnlichen
Text geschrieben (wie zuvor schon mit der Torte), was Du beschreibst, ist ja schon
fast körperlich zu spüren, und der Kommentar von kleinesF in dem Zusammenhang nur
folgerichtig: Den Sommer noch einmal genießen wollen, mit Haut und Haar, jetzt,
hier und sofort. Dem kann ich mich dann auch nur noch anschließen.
Es mag ja sein, dass diese Deutung von Dir so nicht beabsichtigt war, trotzdem
ist die dem Thread inhärente Entwicklung in der Wirkung Deines ursprünglichen
Textes angelegt.
REPLY:
das ist ja das lustige bei den tiefgangblogs (nett gemeint, modeste). jeder noch so kontextmissachtende kommentar ergibt irgendwie sinn, solange er sich vor einschlägigkeit und eindeutigkeit hütet. insofern hamse recht, herr che. aber evident ist hier nichts. tschuldigung für die unbequemlichkeiten.
> ich frage mich auch des öfteren, ob der eine oder andere Kommentar wirklich viel mit dem Text zu tun hat, der drüber steht, und komme gelegentlich zu durchaus negativem Ergebnis
Sie unterschätzen die Assoziationsfähigkeiten Ihrer Leser. Was wie geistiges Froschhüpfen aussehen mag für den Kommentator durchaus Sinn ergeben.
Zum Beispiel hätte ich zu Essen und Vibrieren spontan Quadrat gesagt. Da kann man ganz leicht drauf kommen – wenn man weiß worum es geht.
Jetzt bekomme ich gerade etwas Angst, Frau Modeste. Der „neue“ Sommer darf noch nicht wieder zu Ende sein, ich habe diese Woche noch Urlaub und liebe das Meer!
Der heutige Tag war mir auch schon wieder fast zu perfekt; bis auf die Rückenverspannung.
… sorry, ich drifte ab und werde threadfremd! 🙂
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Ich habe keine Ahnung, Herr Gibsmir, worum es geht – erzählen Sie doch mal. Selbst wenn es sich vom zu kommentierenden Text weit entfernt, wohlüberlegte Kommentare, die mein Interesse wie auch immer erregen, lese ich stets gern. Die einzigen Kommentare, die in mir eher gemischte Gefühle hervorrufen, sind diejenigen, in denen offenbar der Text gar nicht gelesen wurde, und das Kommentieren der puren Erregung von Aufmerksamkeit dient.
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Dann wünsche ich Ihnen gute Besserung – Rückenschmerzen sind ja gemein. Und das schöne Wetter wird sich diese Woche hoffentlich noch mindestens halten – ein spätsommerlicher September und ein goldener Oktober wären auch nicht übel. Ich habe ja jedes jahr ein bißchen Angst vorm Winter, der hier eisig kalt wird und sich in die Haut gräbt, wenn man nicht aufpasst.
Kommentar-Kommentar-Kommentar.
Im Idealfall wird der Leser mit seinem Kommentar den ganzen Artikel in seiner Gesamtheit aufgreifen, und einen eigenen Beitrag bzw. eine Meinung dazu äußern. Dabei wird es für den Verfasser des Artikels meist schön sein, wenn der Kommentar sowohl Thema als auch Stimmung des Verfassers trifft, und etwas gemeinsames herausarbeitet, damit die Stimmung des Artikels fortdauern kann. Einfach nur zuzustimmen oder zu loben, was die meisten Kommentatoren tun, finde ich selbst ausgesprochen langweilig – es ist dem Unterhaltungswert des Artikels, zu dem die Kommentare dazugehören, weil zugelassen, eher abträglich.
Daher müsste es auch möglich und zulässig sein, dass ein Kommentator sich ein für in seine Stimmung gerade passendes Stück, Teilthema oder Detail herausgreift, assoziiert und kommentiert, vielleicht noch ein eigenes Gefühl hinzufügt und ausdrückt – denn ums Gefühle ausdrücken geht es meistens, insbesondere in Modestes Blog, den ich besonders ins Herz geschlossen habe. Wenn dabei ein sehr kurzer Kommentar mit einer eigenen Information oder Wendung herauskommt, kann das für einen Teil der Leser sogar witzig sein, oder für einen Teil der Leser den eigentlichen Artikel ergänzen. Insbesondere für die Leser, die denken, dass zu geistreicher Melancholie auch in Maßen pointierte Bemerkungen dieser Art passen können. Die Melancholie lebt manchmal von der Missachtung anderer.
Überhaupt nicht zu dulden ist demgegenüber meiner Auffassung nach ein besserwisserischer Kommentar, der sich über einen anderen Kommentar aufregt, ohne ihn verstehen zu wollen, und damit die Stimmung des Artikels komplett zerstört, weil er in selbstsüchtiger Manier die gesamte Aufmerksamkeit auf sich selbst lenkt. Solche Effekthascherei trägt zum eigentlichen Ausgangspunkt des Autors überhaupt nichts bei. Die unterschwellige Unterstellung, man würde nur kommentieren um des Kommentierens Willen, ist boshaft und Bildzeitungsniveau. Genau das tut nämlich der sich aufregende Kommentar. Ferner lässt es keine fremden Gefühle oder Einstellungen gelten. Genau mit dieser Zucht- und Ordnungseinstellung, alles auf eine Linie, sind wir ja in den 30er, 40er Jahren schon einmal gut gefahren, nicht wahr?
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Essen ist absolut sinnlich. Ich sinniere den halben Tag darüber, was ich abends kochen will.
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Che, leider ist meine Antwort nach unten verrutscht. Wegen Tiefgang.
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ich alter nazibär.
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Ich dachte BärTiger.
> Ich habe keine Ahnung, Herr Gibsmir, worum es geht – erzählen Sie doch mal.
Nix wichtiges. Auf was man halt so kommt beim Lesen:
a) Essen – das Logo der Stadt Essen auf http://www.essen.de
b) Vibriert – Eine Rüttelplatte
aus a) und b) folgt: Quadratisch.
So, und da machen ’se jetzt ‚ma eine Geschichte draus 🙂
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Danke für diese ausführliche Kommentieranleitung. Ich werde selbige in Zukunft buchstabengetreu ignorieren.