Eine möglichst kleine Tasche packen, die Abflugzeiten auf einem Post-It notieren, und dann die Wohnungstür hinter sich zuziehen. Die Treppe herabzulaufen, und zu wissen, das man den roten Sisal nicht wiedersehen wird, wenn man nicht wirklich will: Wegzufahren und bleiben zu können, den Personalausweis, ein paar Karten, und sonst nichts in der Hand. Nur denjenigen Bindungen unterliegen, deren Druck angenehm auf der Haut liegt. Die Wohnung, denke ich, könnte ich von überall auf der Welt kündigen, per Telephon meine Sachen verschenken, einen Job irgendwo auf der Welt annehmen, ein neues Lächeln in neuen Städten erwidern, ein anderes Zimmer mieten, und schwimmen in Wassern des Lebens, die ich noch nicht kenne.
Nie lebt man so intensiv wie auf der Durchreise. Nie leuchtet eine Stadt mehr als beim ersten Besuch, wenn man vom Flughafen in die Innenstadt fährt, und das fremde Licht um die Silhouette einer Stadt spielt, in der ich noch nie war. Der Geruch einer Stadt im klaren Morgen und nachts. Auf Plätzen sitzen, von denen man gestern nur den Namen kannte und das Leben derer zu erraten versuchen, die im Anzug mit Tasche an einem vorbeihasten. Alle eure Bindungen sind nicht wirklich, denkt man dann, und dass sie alle wegfahren könnten, ihr Leben stehenlassen, ihren Job kündigen, ihre Frau verlassen und an anderen Orten ein anderer Mensch sein. Seine Vergangenheit in ein Weckglas zu tun, das man gerne in die Hand nimmt, betrachtet, den Kopf schüttelt und lächelt, weil es schön war, manchmal oder meistens. Den Zauber des Anfangs immer wieder erleben, den Zeiger immer wieder auf Null setzen, anderen Boden unter den Füßen zu spüren, andere Stimmen hören, und wissen, dass man ganz und gar freiwillig zurückkommt, wenn das, was einen hält, noch schwerer wiegt als der süße Geruch der Fremde.
Noch liebe ich Berlin. Montag bin ich wieder da.
gute reise! (und bis dann, später, wieder in berlin. 😉
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Und immer ein Handbreit Tortenboden unter dem Kiel!
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Ich fahre nach Budapest, da wird es an Torte nicht fehlen.
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Schöne Grüße an das Burgviertel, die Vaci utca, den Moskva ter und, nicht zu vergessen, den Franz Liszt ter! ;o)
Im Burgviertel gibt es ein kleines Café mit hervorragendem Apfelstrudel. Leider den Namen vergessen.
Pflicht für die gepflegte Tortenorgie in gediegenem Ambiente ist natürlich das Gerbeaud. Unbedingt mitnehmen!
Auch noch sehr zu empfehlen: der Apfelkuchen im Anna Café.
Ach ja: das Ruszwurm hätte ich beinahe vergessen! Wie konnte ich nur?
Jó utat!
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Oh, danke für die Links – an Torten gehe ich doch nie vorbei.
Klassik
Wo hast Du Dir nur diese klare Sprache angeeignet, Modeste?
Wenn Herr Bandini der Vertreter der „Direkten Gegenwart“ ist, so ist Dein Schreibstil pure „Klassik“.
„Nie leuchtet eine Stadt mehr als beim ersten Besuch..“
Danke und weiter so.
Genießen Sie – und kommen Sie uns wohlbehalten wieder zurück.
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Esst soviel Torte wie Ihr könnt, die ist wirklich überall sehr gut, heißt es in diesem Erfahrungsbericht. Und dass man in der Metro dauernd kontrolliert wird. (Haben Sie eigentlich den zauberhaften Film Kontroll gesehen? Das Metro-Fest, das sie darin feiern, gibt es übrigens wirklich.)
Am Wochenende sei Petöfi Flohmarkt im Varosliget, wo es alles gebe, vom Radiowecker bis zum Hundewelpen – falls Sie an so etwas Bedarf haben sollten.
Ich wünsche Ihnen eine gute Reise und viel Vergnügen! Und freue mich auf Ihre Rückkehr.
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Was finde ich denn da für einen Kommentar. Direkte Gegenwart. Danke schön dafür. Aber genau über den Satz war ich bei Modeste auch gestolpert. Sehr schönes Bild.
Wie wahr. Nie wieder strahlen Momente so intensiv wie beim ersten Mal. Nichts ist so aufregend, wie Neuland zu betreten. Wenn alles unbekannt riecht und schmeckt, wenn das Auge begeistert umherhüpft, um alles bisher Ungesehene, alles was ihm bisher verborgen blieb, ganz schnell einzufangen und im Blick zu bannen. Das Prickeln und Pritzeln, die vor Aufregung glühenden Nervenstränge, jederzeit gefasst auf neue Überraschungen, ohne zu ahnen, welche verblüffende Wendung des Geschehens, welches Unerwartete sich in den nächsten Sekunden oder Minuten auf Dich stürzen wird und Dich überwältigt und fesselt wie ein Polizist einen schuftigen Gauner. Irgendwann sinkt man erschöpft zusammen, weil alles sirrt und flirrt, weil die Klänge im Kopf nachhallen, die Bilder in wuseliger Reihenfolge vor dem inneren Auge vorbeischwirren, weil Dutzende ungeschmeckter Geschmäcker über die Zungenknospen flitzen und das Hirn Alarmstufe orange ausgerufen hat, weil es erstmal Zeit braucht, wieder für Ordnung zu sorgen… 🙂
Ich fürchte, ich werde im Marz/April ein Leucht-Overkill bekommen, wenn ich mir ganz Asien (na gut, nur das saubere Singapur, Honk Kong, Bali und Bangkok (kann sich noch ändern)) ansehe. Und das bei meiner Hohe-Luftfeuchtigkeits-Unverträglichkeit. Ihnen ein schönes Wochenende!
Beste Reise, leckere Torte, viel Kultur, nette Leute und all das, was sonst noch so zu einer gelungenen Kurzreise gehört.
Achja, mindestens ebenso gute Heimkehr nach Berlin.
Abscence makes the heart grow fonder. Sie werden Berlin danach nooooch schöner finden. Gute Reise,
Das ist genau das,
was den Unterschied zwischen den Nomaden und den Sesshaften ausmacht, wie der Lieblingsautor aller Zugvögel, Bruce Chatwin, behauptet.
Diese Freude am Neuen haben Sie sehr gut beschrieben.
Meine Liebe zu Kiel verblasst. Wie die Tageshelligkeit.
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So, wieder da, randvoll neuer Eindrücke, übermüdet, erschöpft, begeistert – und den Schreibtisch voller Arbeit. Zuviel gegessen habe ich auch. Erfahrungsbericht gibt´s heute abend oder morgen früh.
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Nicht weitersagen…
Das Bild ist nicht von mir, das habe ich – durchaus nicht absichtslos – bei Thomas Mann geborgt, Gladius Dei.
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Dito.
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In diesem Zustand der Reizüberfütterung bin ich gerade angekommen, ich bin seit zwei Stunden daheim und ganz Budapest fährt in meinem Kopf Karussell. Jetzt brauche ich erst einmal ein paar Stunden Ruhe, gerade hatte ich schon Besuch, und habe mich kaum unterhalten können – jetzt muss ich erst mal ankommen.
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Das hört sich großartig an, und mit der Luftfeuchtigkeit lässt sich leben. Sie werden begeistert, befremdet, abgestoßen und fasiziniert sein – und werden hoffentlich ausführlich drüber schreiben.
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Die Torte war wirklich großartig, ich habe kaum etwas anderes anderes zu mir genommen.
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Das sind, Frau Spreepiratin, wirklich die Gelegenheiten, bei denen ich mich in Berlin sehr beheimatet fühle: Mit der S 9 von Schönefeld Richtung Alex fahren und sich fühlen, als käme man nach Hause. Um dieses Gefühl überhaupt spüren zu können, Frau Croco, muss man vielleicht sogar ein Zugvogel sein, der gerne ausfliegt und gern heimkommt. Was Kiel damit zu tun hat, ist mir allerdings, Herr F komplett schleierhaft.
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asien laedt ein
schon im voraus willkommen bei uns hier in singapur
ich bin sicher, sie werden es moegen
es kann sauber und gepflegt und sicher und langweilig sein
aber auch asiatisch und fremd und neu und scharf
liegt ganz an ihnen
gute reise schonmal im voraus