Aus den Augenwinkeln sehe ich, schon sitzend, einer dicken Frau zu, die ihre Tasche in der Gepäckablage verstaut. Gutmütig schaut sie aus, vielleicht lacht sie viel, wenn es nicht so heiß ist wie heute, und unter ihren Achselhöhlen sich dicke, dunkle Schweißflecken ausbreiten. Ihre Oberschenkel spannen die weiße Caprihose, und über dem Top, unter dem sich zwei Fettrollen wölben, weht eine leichte Bluse. Neben ihr steht ein Mann und hält eine weitere Tasche.
Ganz mager ist der Mann, vielleicht 45 wie seine Frau, ein bißchen ausgemergelt mit einem struppigen Bart, und schaut so in der Gegend herum, bis sein Blick an einem Mädchen hängenbleibt, das sich schlank, mit langen, braunen Haaren über den Korridor des ICE an den schwitzenden Menschen vorbeischlängelt. Auch sie trägt weiße Hosen, ein Top, auf dem „Brazil“ steht, und in ihren Ohren stecken zwei Stöpsel. Mit denen hört sie Musik.
Lieber, denke ich, würde der dünne Mann wohl mit dem Mädchen weitergehen, ins nächste Abteil, und ihr etwas erzählen, und sich freuen, wenn sie lacht. Vielleicht würde er sie in die schlanken Seiten stupsen, die nicht wirken, als gäbe da etwas nach. Vielleicht möchte der magere Mann das Mädchen küssen, vielleicht träumt er nächste Nacht von ihr, wenn er neben der dicken Frau liegt, die bestimmt schnarcht, wenn sie auf dem Rücken liegt, und die dicke Frau tut mir leid.
Dann aber hat die Frau ihre Taschen fertig verstaut, der Mann setzt sich neben sie, und zieht eine Zeitschrift aus seiner Tasche. Wenn das Mädchen, denke ich mir, ihm zugelächelt hätte, wenn er eine Chance sehen würde, mit so einem Mädchen durchzugehen – dann würde er vielleicht nicht neben der dicken Frau sitzen bleiben, und vielleicht bliebe er nicht einmal, wenn seine Frau dünn wäre und noch leidlich hübsch, aber eben 45 und nicht ungefähr 18.
Ein bißchen Angst wird mir da bei der Vorstellung, eines Tages auch 45 zu sein, und mit einem Mann an der Hand durch die Stadt zu laufen, der lieber als mit mir mit irgendeinem Mädchen davonginge, das schlechte Musik hören mag, dumm sein mag, ein bißchen ordinär vielleicht mit riesengroßen Ohrgehängen, aber jung und mit einer glatten Haut, die ich nicht mehr habe. Dass alle Liebe und die ganze gemeinsame Zeit nicht mehr ins Gewicht fallen werden, wenn es darum geht, begehrt zu werden. Dass das Lächeln eines Tages ausbleiben wird, wenn man einen Raum betritt und strahlt, weil es Sommer ist und warm. Dass man eines Tages nicht mehr mitspielen kann, wenn die Männer doch noch gut im Geschäft sind, weil Klugheit, Charme und das alles bei Frauen nichts mehr wert sind, wenn sie erst einmal 45, sind, 50 vielleicht, und die Wünsche noch lebendig. Dass man zur lächerlichen Figur wird, wenn man nicht wahrhaben mag, dass die Zeiten vorbei sind, in denen irgendwer darauf wartet, dass man ihn anruft.
Dass das alles vorbei sein wird, lange bevor erst die Wünsche sterben, und dann wir. Dass vielleicht eine Kameradschaft bleibt, vielleicht etwas, was auch zur Liebe gehört, aber nicht der Rausch, nicht das goldene Leuchten, dass niemand für einen sterben würde, und niemand für einen umziehen bis ans Ende der Welt. Und dass man eines Tages noch froh sein muss, wenn das, was dann noch bleibt, ausreicht, jemanden zu halten, der von schlanken, jungen Körpern träumt, und dass er nicht eines Tages seine Sachen packt, wenn er noch kann, und man selbst kann nicht mehr.
Wenn es so weit ist, dann werden wir von jüngeren Männern träumen, die unsere Söhne sein könnten, wenn wir früh genug angefangen hätten. Und so gerne wir darüber phantasieren werden, mit ihnen das Kopfkissen zu teilen für eine Nacht, so froh werden wir wahrscheinlich sein, dass der Alte mit Bauchansatz neben uns zu einer anständigen Unterhaltung in der Lage ist und darüber hinaus auch eigentlich über ein kleines bisschen mehr Erfahrung beim Kopfkissen-Teilen verfügt. Und ihm wird es wohl ähnlich ergehen. Das bleibt zumindest zu hoffen. Und man trägt ja mit 45 nicht automatisch weiße Caprihosen und Fettrollen. Wird schon.
Ach, Frau Modeste, schon nach ihren ersten Zeilen hatte ich den Eindruck, dass ich Ihrer Ansicht nach von Rechts wegen ins Seniorenheim gehöre.
Aber, seien sie versichert, auch als 40+ muss es nicht so sein, wie sie hier melancholisch schildern.
Und: es ist nicht die glatte Haut. Es ist das Begehrtwerden. Und dass hängt nicht vom Alter ab.
Nein, ich muss da noch was dazusetzen: Alle Liebe und alle gemeinsame Zeit zählen. Ebenso wie das Begehrt werden. Und ganz, ganz großes Glück ist, wenn beides zusammenfällt. Egal, ob mit 18 oder mit 45 – wobei, wenn Sie mir diese Anmerkung erlauben, 45 nicht den Anschein biblischen Alters hat, dem Sie ihm geben.
Seien Sie unbesorgt. Das, was dann noch bleibt, wird reichen. Selbst dann, wenn die Hölle des Bleibens der Hölle des Gehens in nichts nachsteht. Unterschätzen Sie nicht das machtvolle Phlegma desjenigen, der Chance und Gelegenheit hat, seine Sachen zu packen und es doch nicht tun zu müssen. Die Frage, die sich am Ende stellt, ist doch vielmehr die, ob Sie das auch wirklich glücklicher macht.
das wird anders, liebe modeste. ganz anders.
viel besser. die herausforderung liegt darin, der erkenntnis, der erinnerung der gelebten jahre raum zu geben und doch den jungen menschen, der man war, die ideale, die wunderbare aufbruchstimmung am leben zu halten. in dem text klingt tatsächlich auf eine mich seltsam rührende weise die vorstellung von einem methusalemartigen lebensalter von gerade mal mitte vierzig an. ich glaube nicht, dass ich in vier jahren indiskutabel verwelkt bin. was mich nicht schon mit glatten zwanzig gehindert hat, auf dem für mich außerordentlich glatten parkett der liebesirrungen und wirrungen fürchterlich auszurutschen und liegen zu bleiben. untalent in beziehungsangelegenheiten spielt sich unter anderen bedingungen ab. das alter kommt da unter ferner liefen. vielleicht sogar im gegenteil.
Wie sagte jene…
wunderbare Kabarettistin aus dem Siegerland, die vor einigen Jahren in den Mitternachtsspitzen auftrat und das Schicksal von Uschi Glas „betrauerte“ (leider vermag ich es nicht mehr wörtlich zu zitieren): „Ach liebe Schwestern, seien wir doch froh, dass, wenn die Männer alt und unansehnlich werden, Prostatabeschwerden und manches andere sie quälen, oft junge Dinger kommen und uns die Pflege abnehmen.“
Aber im Ernst: In meiner Nachbarschaft wohnte mal so ein dynamischer Manager, der – selbst um die 50 – gemeint hatte, er müsse die Familie beiseite legen und auf eine sehr viel jüngere umsteigen. Das Ergebnis war: Sie – die jüngere – ließ sich dies fürstlich bezahlen und er musste in jeder Minute, die er dem Job entfliehen konnte, zu Tauchkursen auf die Malediven, zum Schi-Fahren nach Sankt Moritz und zu ungezählten weiteren Events. Wie gern – so sagte er mir mal – würde er einfach mal mit mir spazieren gehen.
naja, irgendwie werden ja beide nicht mehr die jüngsten sein und beide nicht mehr so begehrt sein und der dünne mann wird wohl nie von der jungen frau angelächelt werden, es sei denn er ist bekannt als bill gates. eine andere motivation kann ich mir bei den jungen frauen, die so einen alten mann „in pfle nehmen“ nicht vorstellen. 😉
Aber, Mlle. Händel, die gute Unterhaltung reicht ja schon jetzt nur meistens. Und ein Faible für Zwanzigjährige habe ich nicht einmal jetzt. Nur, dass man eines Tages für Männer zu alt sein wird, die älter sind als man selber, das ist eine merkwürdige Vorstellung.
Ich weiß nicht, Herr 40something, wenn glatte Haut undall das nicht zählen würden, dann würde in der Bahn doch auch einmal älteren Frauen hinterhergeschaut und auf Zeitschriftencovern auch einmal ältere Frauen abgebildet. Faktisch möchten aber doch wesentlich mehr Sechzigjährige einen Abend mit Jennifer Lopez verbringen als mit Catherine Deneuve, fürchte ich. Und natürlich ist, Frau Gaga, 40 kein Alter. das ist ja gerade das Problem – das man nicht alt ist, und eigentlich noch gut mitspielen könnte, wenn die gleichaltrigen Männer beginnen, sehr viel jüngeren Frauen hinterzuschauen.
Und die Zweisamkeit allein, Herr Rationalstürmer, ist’s natürlich auch nicht. Ein Feuerwerk soll es sein, die größten Seifenblasen von allen, und nie, nie, nie eine Wohngemeinschaft mit Kombi und Einfamilienhaus. Lebendig begraben im Grunewald – das ist schlimmer als die Nacht der reitenden Leichen. Aber ganz allein, Herr Sokrates, ist doch sicher auch die Hölle, und die Frau, von der Ihr Nachbar sich hat scheiden lasse, der wird es nichts nützen, dass er nicht glücklich geworden ist mit seiner Trophäe.
Und dass einer nur bleibt, weil er selber nicht mehr wegkann, Herr Medienjunkie, auf der Basis mag man doch auch nicht.
REPLY:
Ja, das stimmt,
Frau Modeste (Aber ganz allein… ist doch sicher auch die Hölle, und die Frau, von der Ihr Nachbar sich hat scheiden lasse, der wird es nichts nützen, dass er nicht glücklich geworden ist mit seiner Trophäe); aber so ist es oft in diesem Leben: Diejenigen, die anderen Schmerzen zufügen, kommen selten selbst ungeschoren davon. Eine mir gut bekannte Frau, die selbst – als sie noch jünger und attraktiver war – meinte, ihren Mann mit diversem Fremdgehen schmerzen zu müssen, sitzt heute sehr alleine da. Mitunter schafft man/frau sich die Hölle selbst.
REPLY:
Also, mit einer 18 Jährigen Sex zu haben könnte ich mir schwer vorstellen,
ich wurde ja schon, als ich mit 30 einen One-Night-Stand mit einer 23 jährigen
hatte, als Pädophiler bezeichnet. Wenn wir schon bei Berühmtheiten aus dem
Filmgeschäft sind-wie alt sind denn Madonna und Sharon Stone, und sind die
nicht attraktiv? Das, was hier so als typisch für Mitte 40 angesehen wird, liegt
in meinem Koordinatensystem bei 60+.
Und dazu gleich noch das hier:
http://che2001.blogger.de/stories/487372/
Rausch und Leuchten
Es hilft alles nichts…es gilt die letzten Domänen viriler Männlichkeit zu verteidigen…
den veritablen Rausch ebenso wie das potentielle Restflackern des Augapfels anlässlich
jedweder Rockmusik…
Selbstredend spreche ich nur von Themen, von denen ich etwas verstehe, aber seien Sie versichert …: Jenseits von 45 zu sein, gehört unbedingt dazu…
Ihr ‚bisschen Angst“, liebe Frau Modeste, ist – was die Furcht betrifft, eines Tages auch 45 Jahre
alt zu sein, mehr als berechtigt…
Unberechtigt will mir aber Ihre (absichtsvolle?) Furcht erscheinen, die Wünsche könnten eher als wir, aber ebenso unwiderruflich, in den Orkus hinabsteigen…
Wünsche entpuppen sich bedauerlicherweise als völlig unabhängig von physiologischen Alterungsprozessen;
Es ist ja gerade dieses Stehvermögen, welches ein Gutteil des vermeintlichen Unglücks
ausmacht, welches die Wünsche in die Welt setzen und das seinen resignativen Ausdruck in Sätzen findet wie: „Das kann doch nicht alles gewesen sein…“!
Es war alles! Es ist alles ! Es wird alles gewesen sein!
Es lag alles, es liegt alles und es wird alles gelegen haben…nämlich in Deiner Hand!
strahlen statt ängsteln!
Ach was alt oder wie oder so – immer schön am STRAHLEN bleiben, dann klappts auch mit dem Begehren!
Mein Vater (83) treibts gerade heftig mit einer 50jährigen. Mir persönlich wäre fürs Heftige ja ein 25jähriger lieber, aber der Anspruch auf adäquate Gespräche lässt mich dann halt doch eher entspannten Mid50ern zuhören …. Zudem verfügen die meist über ganz feine Händchen! (Wenn’s sonst nimmer ganz ausreichend ist ;-))
Frau modeste, sie lesen zu viele Hochglanz-Magazine. Ich kann ihnen versichern, dass ist kein Thema.
Aber mit Mitte 40 spürt man die Endlichkeit des Lebens. Ist nicht schön, muss man auch lernen. Mal ein ganz blödes Beispiel: Es gibt sicher 100 schöne Länder auf dieser Welt, die man sehen würde, aber man hat nur noch 20-30 Jahresurlaube im Leben.
REPLY:
Eher klingt das danach, als hätte Frau Modeste
Michel Houllebeq gelesen.
Eine Frau jenseits der 45 sagte einmal sehr abgeklärt, das schöne daran, dass die Lebensmittel-Männer lieber zwei 20 jährigen als einer 40 jährigen hinterherschauen, sei die Tatsache, dass Frau 40+ mit einem Mal von der Last allezeit und immerzu gefällig und schön sein zu müssen, befreit ist. Dieses Gefühl der Befreiung sei so fundamental, dass es alles andere bei weitem überwiege. Das gibt zu denken, oder zu freuen, oder beides, oder?
ach, da muß ich aber lachen!
(nein, natürlich nicht, ich bin ja eine alte frau. 😉
Das ist so defensiv. Irgendwie verlustängstlich.
Ändert sich letztendlich so viel? Dass man nur eine von vielen möglichen Partneroptionen darstellt, ist doch alters-, schönheits-, und nicht zuletzt auch geschlechtsunabhängig der Fall.
Wenn ich mir schon Gedanken um das Altern mache (ich bin 30. Altern fängt für mich vielleicht so ab 65 an, aber sicher bin ich mir da auch nicht), dann finde ich die Vorstellung, dass Männer prinzipiell um einiges früher sterben als Frauen, um einiges unschöner als das von Ihnen dargestellte Problem.
REPLY:
Die Endlichkeit des Lebens spürte ich zum ersten Mal mit 17, als ich
unangeseilt bei einer Bergtour mich verstieg und plötzlich an zwei
Fingern über 600 Meter Abgrund hing. Als Mittzwanziger spürte
ich sie häufiger als jetzt, weil ich aufgrund unsoliden Lebenswandels
öfter Kreislaufzusammenbrüche hatte.
REPLY:
Wann ist eine Frau alt?
Ich bin älter als Modeste und jünger als Che oder Strappato, hatte in Zeiten
schwerster Wiedervereinigung gerade Abi gemacht und würde mich als junge
Frau bezeichnen. Ich halte mich mit viel Sport fit, bin schlank, durchtrainiert,
allerdings kein Gesundheitsfreak (da ist der Wein vor). Meine gleichaltrige Nachbarin,
die in Baunatal im Akkord in Wechselschicht am Band malocht würde ich nicht als
junge Frau bezeichnen, und sie sieht mindestens zehn Jahre älter aus als ich. Und
ich denke mal, dass ich mich die nächsten zehn, zwanzig Jahre auch weiterhin gut
halten werde. Es liegt am Lebensstil.
Schön bleiben
Schön bleiben –
damit muss man früh anfangen,
sehr früh am Morgen,
es liegt nicht an der Haut,
es liegt nicht an den Falten,
es liegt nicht an der Krankheit:
es liegt am Lachen
über den jungen Tag.
Zu viele lassen das
– schön bleiben.
REPLY:
@netbitch: Ein unförmiger Kloben ist diese Nachbarin, und eigentlich fertig
mit der Welt. Viel harte, stupide Arbeit, Frustfressen, ein ganz falsches Leben.
@konterkariert: Du gehörst einer Generation an, die gute Aussicht hat, 100 zu
werden.
45 ist doch ein Traumalter
Es hängt nur von der inneren Einstellung ab. Ich hatte einen Freund, der hat bereits zu seinem 30.ten Geburtstag mit Trauerparten eingeladen. Jedesmal, wenn ich ihn treffe, jammert er über das Alter.
Vor einiger Zeit war in 3SAT ein Interview mit Marthe Argerich. Damals war sie 62. Das wäre eine Frau, seufz … Die hat in drei Sätzen mehr Charme in ihren Augen als eine zwanzigjährige Schönheitskönigin. Ich mag Frauen. Eine Vierzigjährige wäre mir lieber als zwei 20-Jährige. Und am liebsten hätt ich eine Fünfzigjährige, die ich lieben darf.
Luxusleid …
Ich habe eine Bekannte, die arbeitet für das Fernsehen, vor der Kamera. Sie ist etwas über 30 und hat Panik, weil ihr die ruschische Maniküre voraus sagte (wie es deren direkte Art nun mal ist), dass ihr Präsentationsjob die 35 wohl nicht überstehen wird, wenn sie sich nicht dem Messer ausliefere. Wegen… „der hier“ ! Sie soll auf ihre kleinen Grübchen (sind das höchstens für mich) gezeigt haben. Die TV-Bekannte, muß reale Angst haben, um ihren Job, denn für die TV-Redaktion ist sie nicht zu gebrauchen, dass andere scheint mir -hier- Luxusleid.
http://staubundhoffnung.twoday.net/
REPLY:
Man hat ja als der Geschädigte nichts, Herr Sokrates, davon, wenn’s auch den anderen dreckig geht. Und natürlich sehen Sharon Stone oder madonna gut aus, Che, aber wir Normalfrauen, die mehr zu tun haben als gut auszusehen…
Ja, Herr Wallhalladada, dass die Wünsche noch da sind, wenn die Möglichkeiten nicht mehr bestehen, das fürchte ich auch. Und dass Leute mit zunehmenden Alter mehr zu sagen hätte, Frau Conalma, wünscht man sich ja, aber oft ist’s ja gar nicht der Fall.
Und das eine oder andere Hochglanzmagazin, Herr Strappato, will ich gar nicht abstreiten, den Houellebecq, Herr (?) Nachtbriefkasten auch nicht, aber letztlich kenne ich viel zu viele Leute, die irgendwann die „Alte“ loswerden wollten, und nun mit einer jungen Trophäe unterwegs sind. Und denen immer eine Ausrede einfällt, warum in ihrem fall alles ganz anders sein soll. Immer gern gehört: Sie seien ja dermaßen junggeblieben, da sei quasi kein Altersunterschied zu spüren. Und ihre Frau hätte sich nicht adäquat mitentwickelt. Na dann.
Und Frau Engl hat sich natürlich perfekt gehalten. Da mag der Lebensstil eine Rolle spielen, Frau Netbitch, bestimmt das Lachen, Herr Reuter, aber irgendwann, früher oder später, ist natürlich auch da ein Ende. Mancher mag mit 30 alt sein, mancher mit 50 jung, aber irgendwann kommt’s dann doch. Und mit 100, Herr Workingsclasshero, ist die Möglichkeit, dass sich noch einer in einen verliebt, wohl schon eher nicht so groß.
Und dass man auch mit 20 nicht jeden bekommt, den man möchte, Herr oder Frau Konterkariert, ist natürlich richtig. Aber die Chancen, fürchte ich, sinken doch mit zunehmendem Alter. Und dass Männer früher sterben als Frauen, das finde ich auch ein wenig beängstigend. Ich bin nicht gern allein. Und Geliebwerden, Herr oder Frau Staubundhoffnung, ist kein Luxus.
Aber so etwas, Herr Steppenhund, hört man doch gern. Hoffen wir das Beste. Wenn wir mal alt sind.
ich hab mal ein buch gelesen, der titel war „das liebesleben der alten“ oder so ähnlich.
da wurden menschen im altersheim dazu angeregt zu erzählen was sie anders machen würden wären sie noch jung, sehr erstaunlich ihre geschichten, sie würden häufiger und hemmungsloser sex machen, sie wünschten sich, den partner doch öfters berührt, genauer angesehen in seiner nacktheit, einfach nicht so viel gedacht und mehr geliebt zu haben!
ich denke das ist eines der geheimnisse, die augenblicke zu nutzen und sich voll zu geben, denn alles hat einmal sein ende, so oder so, und wenn ich einmal sagen kann, ja, ich hab den augenblick genutzt ohne soviel an später zu denken war es gut.
REPLY:
Vieles von dem, werte Gastgeberin, ist wahr, und ich sehne mich ja auch schon nach
meinen eigenen frühen 20ern zurück (nicht in jeder Hinsicht, natürlich). Aber der
Zeitpunkt, wo die Möglichkeiten nicht mehr bestehen, ist objektiv erst mit dem Tod
oder der definitiven Gebrechlichkeit eingetreten. Das Andere ist eine Frage der
Wahrscheinlichkeit, der Energie, des Wollens und der Lebensumstände. Klar ist
Geliebtwerden kein Luxus, wohl aber etwas, das viele Menschen entbehren. Zumindest
hast Du mit diesem Beitrag einen Nerv getroffen, wenn ich die Vielfalt der Antworten
lese und die menschliche Wärme, die das Klima des Gesprächs bestimmt.