Neu und lesbar

Andere Leute lesen das doch auch, denke ich und zwinge mich durch die Leseproben der Bücher von der Longlist für den Deutschen Buchpreises. Die ausgewählten Bücher, stelle ich fest, interessieren mich nicht die Bohne.

Vermutlich liegt’s an mir, sage ich mir. Bestimmt sind die Bücher super, und nur meine Vorurteile gegen die Gegenwartsliteratur hindern mich daran, mir etwa aus dieser Liste ein dickes Päckchen für den demnächst stattfindenden Urlaub auf Bali zusammenzustellen. Bestimmt warten irgendwo Perlen auf mich, an denen ich auf den eingefahrenen Gleisen meiner Lesevorlieben einfach vorbeifahre, und doch bringe ich es einfach nicht über mich, mir bei amazon irgendetwas auszuwählen und mitzunehmen. Gerade, stelle ich fest, erscheint mir das alles nicht reizvoll, was in den letzten Jahren geschrieben worden ist, und so frage ich, sehr verehrte Damen und Herren, wiederum Sie:

Hat Sie eine Neuerscheinung beeindruckt? Oder können Sie vor irgendwelchen Lieblingen des Feuilletons nur warnen? Was soll eine wirklich diesmal ziemlich erholungsbedürftige Frau auf Bali am Strand lesen, der die Politeia zu mühsam, Krimis zu langweilig, Familiengeschichten zu oft dagewesen, Problemliteratur zu abscheulich und Paolo Coelho und Konsorten zu flach erscheinen?

26 Gedanken zu „Neu und lesbar

  1. Meine Lieblinge der letzten Jahre, die mir spontan einfallen: Ralf Rothmann: Hitze, William Trevor: Seitensprung, alles von Alice Munro, Brigitte Kronauer: Die Tricks der Diva, alle Krimis (ja, doch, sehr besonders) von Fred Vargas, d.i. eine Französin.

  2. mir geht es derzeit wie ihnen. einzige ausnahme: ebenfalls fred vargas und die nehme ich mir schön langsam vor, damit ich lange was davon habe.
    ich bin allerdings in sachen literatur nicht sehr experimentierfreudig und lese immer nur gut abgehangenes.

  3. Wofür sind Tage gut…

    …wenn nicht zum Lesen? Hab gerade David Nicholls entdeckt, sein letzter Roman ist auf Deutsch bei Kein&Aber in der Schweiz erschienen,
    heißt: „Zwei an einem Tag“ und erzählt die Geschichte von zwei Menschen quer durch die Zeit (jeweils an einem 15. Juli). Hat mich sehr fasziniert!
    Schönen Urlaub
    P.

  4. Gerade für die heiße Zeit scheinen mir Krimis sehr geeignet zu sein – sogar mir, die ich aus diversen Gründen keine Krimileserin bin. Heikel bin ich allerdings in der Wahl dieser Lektüre – und habe bis dato nichts gefunden, das an Robert van Gulik und Simenon herankommen könnte.

    Wie schrieb David Ramirer heuer im Frühjahr so schön:
    Er würde dieses Jahr in Simenon urlauben …

  5. Nicht neu – der Autor ist auch schon etliche Jahre tot -, aber gut sind die Erzählungen von Raymond Carver: „Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden“ und „Würdest du bitte endlich still sein, bitte“. Die gebundenen Ausgaben gibt es derzeit für knapp fünf Euro bei Zweitausendeins (die vierbändige Werkausgabe ist für 15 Euro zu haben). Ich habe die Geschichten in den vergangenen Wochen spät nachts im Bett gelesen. Müsste sich auch für den Strand eignen, da schläft man ja auch ganz gern immer mal wieder zwischendurch ein. Die erste Erzählung „Warum tanzt ihr nicht?“ aus dem erstgenannten Band fängt so an:

    „In der Küche machte er sich noch einen Drink und warf dabei einen Blick auf die Schlafzimmereinrichtung in seinem Vorgarten. Das Bett war abgezogen, und die bonbonfarbenen gestreiften Laken lagen neben zwei Kopfkissen auf der Frisierkommode. Davon abgesehen sah alles ziemlich so aus wie zuvor im Schlafzimmer – Nachttisch und Leselampe auf seiner Seite des Bettes, Nachttisch und Leselampe auf ihrer Seite.“

    ***

    Von Therézia Mora kenne ich nur „Seltsame Materie“, das ich fasziniert gelesen habe. Von dieser Longlist würde mich auf dern ersten Blick nur Herta Müllers „Atemschaukel“ reizen. Und vielleicht noch Jirgls „Die Stille“ sowie der Haas für zwischendurch.

  6. Den neuen Tim Parks: Träume von Flüssen und Meeren kann ich nur empfehlen. Mir hat er eine Zugfahrt vom Süden in den Norden Gesellschaft geleistet.

    Allerdings finde ich auch eine Reihe von Büchern von der Longlist interessant. Der Brenner und der liebe Gott, Welt aus Glas, Flughafenfische und das Leben der Wünsche werde ich wohl lesen.

    Ich habe nämlich fest gestellt, dass die Überwindung sich bei Gegenwartsliteratur manchmal lohnt. 🙂 Allerdings sind meiner Experimentierfreude auch eindeutige Grenzen gesetzt.

  7. von der Longlist müsste Ihnen eigentlich „Kürzere Tage“ von Anna-Katharina Hahn
    gefallen: liest sich schnell (trotzt einiger Längen zum Ende hin), ist entspannend und von sympathischer boshaftiger Alltagsbeschreiung. Es reicht allerdings NICHT für einen ganzen Urlaub, aber für ein paar schmunzelnde Stunden am Meer..

  8. REPLY:
    Das letzte Buch, dass mich wirklich beeindruckt hat war „Alles was wir geben mussten“ von Kazuo Ishiguro. Dagegen kann ich beispielsweise den Hype um Bücher wie „Saturday“ oder „Mister Aufziehvogel“ nicht nachvollziehen. Gut dagegen noch „The old ace in the hole“ von Annie Proulx, weil sie es geschafft hat, mir eine Landschaft und ihre Menschen näher zu bringen, die mich eigentlich nicht interessiert.

  9. Geschätzte Madame Modeste, ich komme eben aus Bali zurück – sparen Sie es sich, allzuviel Lektüre mitzunehmen, die Insel bietet so viel! Vielleicht Vicky Baum mit „Liebe und Tod auf Bali“, uralt und gar nicht so Literatur, aber eben sehr Bali. Und W-Lan gibt es viel und oft. Wohin fahren Sie denn? – Aaach, wie schön ist es dort! Nada Brahma von Joachim-Ernst Berendt habe ich wieder gelesen, das hat auch gepasst.

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