Sehen Sie, die Regierung hat halt Feinde. Ich meine da nicht die Opposition. Die Opposition besteht ja in Deutschland einerseits aus sehr staatstreuen und andererseits aus völlig unfähigen Leuten. Die Opposition steht deswegen keineswegs den Bestrebungen der Regierung im Wege, die Deutschen zum Kinderkriegen aufzufordern. Wenn ich von „Feinden“ spreche, dann meine ich andere Kräfte.
Nicht, dass ich wüsste, um wen es sich dabei handelt. Ich bin eine einfache Rechtsanwältin, woher soll denn ausgerechnet ich wissen, wo das ganze Geld herkommt, das den Pressemarkt überschwemmt? Nur dass es da irgendwelche Geldflüsse gegeben haben muss, davon bin ich überzeugt, denn es kann doch kein Zufall sein, dass seit ein paar Jahren – ungefähr solange, wie es das Elterngeld gibt – alle Zeitungen und Zeitschriften nur noch schreiben, wie grauenhaft es ist, Kinder zu haben. Der FAZ ist das auch schon aufgefallen. Wie nervig die kleinen Blagen sind und wie langweilig das Leben als Mutter, steht da dann etwa. Dass man immer unausgeschlafen sei, keine Zeit mehr habe, zu lesen oder auszugehen, und dass man statt nach New York die nächsten zwei Jahrzehnte nach Dänemark fahren wird.
In Wirklichkeit ist das alles Quatsch: Ich habe seit Jahren nicht mehr so viel geschlafen, weil ich ansonsten ja arbeiten muss und zuviel ausgehe. Die Vereinbarkeit von Berufs- und Nachtleben hat bei mir nie so richtig hingehauen, und dann habe ich halt am Schlaf gespart. Das ist nun natürlich anders. Gerade ein Baby kann man außerdem überall hin mitnehmen. Wir waren mit F. beispielsweise auf einer Vernissage und gehen ständig essen. Später hat man dann Babysitter und ansonsten wechselt man sich halt ab. Man muss ja nicht zwangsläufig zusammen ins Theater. Überdies – mein Gott, so ein Baby schläft 12 Stunden am Tag, das reicht für einen Haufen Bücher und Filme. Selbst ein waches Baby liegt ja meistens einfach so auf seiner Decke und spielt fröhlich brabbelnd mit herabhängenden Rasseln oder versucht vergeblich, einen großen Plüschwürfel vollständig in den Mund zu stecken. Da kann man gut daneben sitzen und die Süddeutsche lesen, so beispielsweise. Oder man sitzt in einem Flugzeug nach San Francisco, sieht hintereinander True Grit und zwei Folgen The Big Bang Theory und sieht wohlgefällig seinem Baby zu, dass in einem Hängebabybett vor einem liegt und freudig strampelt, strahlt und meistens schläft. Die Geräusche des Flugzeugs und die Vibrationen müssen da irgendwie eine ziemlich wohltuende Wirkung ausüben: Der F. schläft zwar auch ansonsten viel, aber so viel schläft er eigentlich nicht.
Geschrien hat der Kleine auf der ganzen Reise im Übrigen überhaupt gar nicht. Zweimal habe ich gewickelt, ebenfalls zweimal wurde er gefüttert. In der Schlange für die Passkontrolle wurden der J. und ich dann etwas ungeduldig, nicht aber der F., und als wir todmüde um 19.30 Ortszeit zu Bett gehen wollten, schlummerte auch der F. in seinem Babybett selig ein.
Die ausufernde Gegenpropaganda kann ich mir daher ganz eindeutig nur mit Bestechung erklären. Die Verlage müssen für ihre Greuelpropaganda in Geld schwimmen. Nur warum irgendwer ein Interesse daran hat, dass die Deutschen aufhören, Kinder zu bekommen, kann ich mir nicht erklären. Die Deutschen sind doch so nützlich. Man denke doch nur an die Eurokrise. Wie soll denn das weitergehen, wenn es irgendwann keine Deutschen mehr gibt? Die einzige Erklärung, die mir für die Überschwemmung mit „No Kids“-Texten daher einleuchtet, ist diese: Die Regierung hat Feinde. Irgendwen. Irgendwen mit ziemlich viel Geld.
Grundsätzlich kann ich der Verschwörungstheorie folgen, weiß aber aus eigener Erfahrung, dass es auch Kinder in dem Alter gibt, die deutlich(!) weniger schlafen und auch schon aktiver waren. Da sieht die Welt dann schon etwas anders aus …
(Was den Verschwörern aber trotzdem kein Recht gibt.)
Mit dem unterschiedlichem Schlafbedürfnis, schließe ich mich der Vorrednerin an. Meine Tochter hat mit 6 Monaten schon keinen Tagesschlaf mehr machen wollen und mit einem Jahr dann wirklich komplett abgelegt. Und die Nächte fingen immer spät an und waren relativ kurz.
ABER:
Ich geben Ihnen vollkommen recht. Es scheint, wenn man dem Ton der Medien glauben mag, manchmal so, als wären Kinder irgendwelche Aliens, die sich heimlich in unser Fleisch als Eiblasen einnisten und dann bei Reifung aufplatzen und von uns Besitz ergreifen. Und die davor glücklichen, mit sich harmonisierenden Menschen werden nun Eltern und sind von diesem Moment an nicht mehr sie selbst, fremd- bzw. kindgesteuert, jeglicher Individualität beraubt. Alle Formen von Selbstverwirklichung gehen plötzlich flöten. (Als könnte man sicht gerade in unserer Gesellschaft nicht genügend Freiräume schaffen!)
Seltsam ist nur, dass unsere Spezies ohne die Aliens nicht existierte und dass wir selbst in unserer eigenen, erbärmlichen Biographie für mindestens 15 Jahre ein parasitäres Aliendasein führten. Ich frage mich manchmal, warum wir in einer Zeit leben, in der dem simplen, schnöden Familienglück ein so großer Hohn entgegengebracht wird.
Ach, die armen Eltern von heute, duzi, duzi…ups jetzt haben die Elterchen aber ein Bäuerchen gemacht…fein gemacht….
Sie haben meine volle Zustimmung. Mich stört bei diesem Thema ganz gewaltig, dass da getan wird, als hätten die Eltern nicht freiwillig entscheiden können, Kinder in die Welt zu setzen, sondern wären ausweglos irgendwo im 19. Jahrhundert mit all seinen Konventionen und gesellschaftlichen Erwartungen steckengeblieben. Wer heute in Mitteleuropa Kinder bekommt, kann mit wenigen Ausnahmen frei entscheiden, ob er das will oder nicht. Wenn er das Gefühl hat, mit einem Kind dauerhaft überfordert zu sein oder andere Prioritäten leben will, soll er Elternschaft sein lassen, und zwar im Interesse des ungeborenen Kindes, denn jedes ungeliebte Kind ist ein unglücklicher Mensch zuviel.
Geistig erwachsen sein bedeutet in der Lage zu sein, sich eine eigene, fundierte Meinung zu bilden und danach zu entscheiden; wer angesichts des eigenen Kindes voller Selbstmitleid aufjault, ist nicht erwachsen und wird vermutlich nie erfahren, welche Bereicherung Kinder sein können.
(Ja, ich bin bei diesem Thema kompromisslos. Man kann nicht „ein bisschen schwanger“ sein, und „ein bisschen Eltern sein, aber nur dort, wos nicht wehtut“ geht genausowenig.)
Ist das denn so, mit der Verschwörungstheorie? Ich habe einen ganz gegenteiligen Eindruck, dass nämlich die Medien einem seit einiger Zeit massiv um die Ohren hauen, was a) für ein unglaublich beglückendes Gefühl es sei, Kinder zu haben und b) Menschen ohne Kinder für egoistische und in letzter Konsequenz auch arme Schweine seien.
(Mag sein, dass die Wahrnehmung eine andere ist, je nachdem ob man Kinder hat oder nicht. In jedem Fall fühlt man sich gegens Schienbein getreten.)
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Ich weiß, es gibt da ziemlich schlechte Schläfer. Trotzdem, die meisten Artikel lesen sich so, als seien die Betroffenen grundsätzlich alleinerziehend (können die sich denn nicht abwechseln?), lebten von Hartz4 (haben die denn keinen, der das Kind mal nimmt?) und hätten auch keine Familien. Von den ganzen „damit ist dann erst mal Schluss“-Ansagen aus dem Bekanntenkreis hat sich bei uns jedenfalls keine einzige bewahrheitet.
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Ich verstehe das auch nicht. Das liest sich immer wie ein anderes Universum. Ich war kurz nach der Geburt während der Berlinale bei zwei Filmen und habe sogar die Theatersaison nicht ganz verpasst. Restaurants sind auch unproblematisch. Nur das Nachtleben im ganz engeren Sinne ist erst einmal ausgefallen, aber das sollte sich auch wieder ändern, wenn ich abgestillt habe. Dann nehme ich mir einen Babysitter oder lasse den F. bei Freunden und gehe aus.
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Ich bin ja pro schmerzlose Elternschaft. Ich hatte eigentlich fest vor, nicht 24/7 als Mutter zu verbringen, sondern auch weiterhin die Theater und Opernhäuser der Stadt zu frequentieren, essen zu gehen und Freunde zu sehen. Der F. wird da schon irgendwie reinpassen, zumal er abends ja ohnehin schläft. Ich habe mir Elternschaft so ein bißchen vorgestellt wie meinen Job: Meistens toll, manchmal nervig, aber letztlich alles eine Frage der Organisation. Überdies ist man ja auch zu zweit, da bleibt für jeden, hoffe ich, schon genug über für ein paar Nächte in Mitte, das eine oder andere Konzert oder auch einfach nur für einen Vormittag mit Sport und Kosmetik. Man wird da Abstriche machen müssen, aber letztlich geht es um nicht einmal zehn Jahre, dann hat man seine Abende ja wieder zurück.
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Das ist interessant, das habe ich so nicht wahrgenommen. Aber vermutlich haben Sie recht. Man macht’s nie richtig, völlig egal, wie man’s macht.
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Entspannte Eltern haben entspannte Kinder. 🙂