Nach Hause

10.000 Meilen über dem Meer döse ich ein. Ich habe etwas an der Bucht liegen gelassen, formt sich ein vager Traum, den die Stewardess mit einem Glas Wasser jäh zerreisst. Was mein Traum auch immer an den Strand von Carmel gelegt hat: Es wird doch bleiben, mondweiß und ungeformt und schimmernd vielleicht für später.

Als die Anschnallzeichen aufleuchten, wache ich ganz auf. Der F. liegt in einem kleinen Bett vor uns, das bei Turbulenzen abgehängt wird. Für 20 Minuten sitzt der F. also auf meinem Schoß und umklammert seine Füße. „Dir hat es überall gefallen.“, flüstere ich ihm lobend ins Ohr. Nur in Las Vegas war der F. verstört und hat weniger gelacht als üblich. „Jetzt geht es nach Hause.“, sage ich ihm und frage mich, ab wann man weiß, dass es ein Zuhause gibt und wo sich das befindet.

Als es wieder ruhig ist, döse ich noch einmal ein. An die Fische in Monterey denke ich, da gibt es ein großes Aquarium, und dass ich 36 Jahre lang nicht wusste, wie schön Quallen sind, wie wunderbar zart und herrlich anzusehen in bunten Farben oder ganz weiß wie allerfeinste, hauchdünne Seide. An die Spaziergänge am Meer denke ich, ans Kaffeetrinken an der Fillmore Street, an den Himmel, der nirgendwo so schön ist wie am Meer.

„Ich freue mich auf Zuhause.“, sage ich dem J., als der wieder erwacht, und male mir die nächsten Tage aus. Ich liebe den Berliner Sommer, plane ich die letzten Tage der Elternzeit, und als wir Amsterdam erreichen, kann ich Berlin kaum noch erwarten: Berlin. Amour.

2 Gedanken zu „Nach Hause

  1. WOW!

    Vielen Dank für die verlinkten und nochmal verlinkten Texte, ich hatte gerade Tränen in den Augen vor so viel Schönheit!
    (Und wenn sie nochmal an Ihrer Wortgewalt zweifeln, komm ich rum und hau Sie!)

  2. ja, die quallen im aquarium dort, schön. viele jahre ist es her, aber ich denke immer noch daran.
    viel erfolg beim wieder-ein-gewöhnen!
    herzliche grüße

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