Nora ist jetzt ziemlich fertig

„Nützt ja nichts!“, sage ich also letzte Woche zum J. „Besser wird’s nicht.“, scrolle ich ein bißchen durch meinen Roman. 113 Seiten sind es jetzt, also nicht so besonders viel, und neben einigen Episoden, in denen Nora vergeblich einen Mann sucht, der sie mehr amüsiert als der, den sie hat, gibt es noch zwei Kapitel, in denen Nora einmal mit ihrer Familie und einmal mit einem alten Freund über so dies und das mit den Bienchen und den Blümchen konversiert.

Immnerhin, spreche ich mir Mut zu, habe ich endlich eimal einen Text nicht nur angefangen, sondern auch fertiggestellt. Ich mache also Fortschritte. Bis jetzt hat das nie hingehauen. Ich bin nämlich nicht nur ziemlich faul, sondern auch ziemlich unsicher, ob das, was ich schreibe, Hand und Fuß hat oder schlicht unter lächerlich vertane Zeit fällt. Bisher habe ich deswegen jedesmal, wenn mir jemand mitgeteilt hat, ich schriebe gerade haltlosen Blödsinn, aufgehört. Diesmal habe ich den Roman deswegen bis zum Ende niemandem gezeigt.

Erst am Samstag packe ich die Datei in eine Mail und schicke Sie Herrn Glam. Der versteht etwas von Literatur und hat ähnliche Vorstellungen von Literatur, Unterhaltung und Kunst wie ich. Dann sitze ich vor dem Rechner, lese noch ein bißchen in den Kapiteln, die mir besonders gut gefallen haben, als ich sie geschrieben habe, und hoffe und bete, dass der Text diesmal besser ist als die Romananfänge aus früheren Jahren, die mir die Freunde, denen ich sie gezeigt habe, verrissen haben. Am Dienstag kommt dann eine Mail von Glam, und es ist kein Verriss. Ich atme auf.

Am Abend lese ich noch einmal etwas unschlüssig im Text herum. Dann schreibe ich eine E-Mail. Eine Agentin soll das Manuskript erhalten, also jemand, der professionell liest und mich nicht kennt. Ich schließe für 30 Sekunden die Augen. Dann klicke ich: Senden. Ab jetzt wird gewartet.

12 Gedanken zu „Nora ist jetzt ziemlich fertig

  1. REPLY:

    Danke! Ich halte auf dem Laufenden. Zunächst bin ich erst einmal ganz stolz, dass ich es geschafft habe, auch einmal etwas fertig zu schreiben. Bisher habe ich immer nach ein paar Kapiteln entmutigt aufgehört, sobald jemand sich kritisch geäußert hat.

  2. REPLY:

    Sie machen sich keine Vorstellung, wie nervös ich war, als ich Ihnen das Manuskript geschickt habe. Ich habe ja immer viel Spaß am Schreiben, es ist mir aber durchaus bewusst, dass ich von Literatur im engeren Sinne nicht viel verstehe.

  3. REPLY:

    Genau das halte ich für das Hauptproblem der Literatur im deutschsprachigen Raum: Die Autoren mit haltlos übersteigertem Selbstbewusstsein schreiben munter drauflos, egal, wie (auch objektiv gesehen) schlecht das Ergebnis ist, und die anderen ….. von denen liest man wenig bis gar nichts, obwohl sie gefühlterweise oft mehr zu sagen hätten als das literarische Establishment, und das auch noch besser.

  4. In der Autobiographie von Reich Ranicki habe ich gerade gelesen, dass er irgendwann in einem Gespräch mit Anna Seghers über das „Das Siebte Kreuz“ plötzlich festgestellt hat, dass die Autoren selbst wirklich oftmals keine Ahnung von Literatur haben bzw. noch weniger von ihren eigenen Werken. Sie haben gar keinen Überblick auf einer Metaebene, was sie Großartiges geschaffen haben. Und genau das bewundert er.

  5. REPLY:

    Das würden Sie nicht sagen, wenn Sie das gute Stück kennen würden. Es handelt sicht nicht um Literatur, nur um einen kleinen Sommerroman über eine Frau und viele Berliner Nächte.

  6. REPLY:

    Wer weiß, wer weiß… Reich Ranicki hat sich auch über „Sommerhaus, später“ von Judith Herrmann und über eine Liebesszene in einem Roman von Murakami sehr positiv geäußert, obwohl diese Werke jeweils einen viel leichter lesbaren Stil und nicht eine so schwerwiegende Thematik wie „Das Siebte Kreuz“ aufweisen.
    Ich glaube, dass Sie das wahrscheinlich gar nicht selbst einschätzen können. Wenn Ihr Stil so ist, wie in Ihren Postings, kann ich mir schon ein sehr schönes Stück Literatur vorstellen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Sie möchten einen Kommentar hinterlassen, wissen aber nicht, was sie schreiben sollen? Dann nutzen Sie den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken