Am Montag knicke ich ein. Ich habe ein halbes Jahr – genauer gesagt, seit der Geburt des F. – keine Kleidungsstücke gekauft, die mehr als € 30,– kosten, weil sich das ja nicht lohnt für Sachen, die man nur ein paar Wochen trägt. Dauert ja nicht lange. Ist ja nur für ganz kurz, bis ich wieder Größe 38 trage. Heidi Klum hat sechs Wochen nach einer Geburt Unterwäsche vorgeführt, da werde ich ja wohl … ich habe also mit drei Monaten gerechnet.
Nach drei Monaten aber sah ich immer noch aus wie eine Kreuzung aus Buddha und Kröte, zu alledem auch noch angezogen mit diesem superbilligen Zeug. Mit einer Freundin, die auch nicht abnimmt, sitze ich zu diesem Zeitpunkt also im Spreegold und schaue andere Mütter an, die alle irgendwie schlanker sind als ich, und fühle mich schlecht, wertlos und schmutzig. Abends, wenn der F. schläft, google ich ab und zu die After-Baby-Bodys der Stars. Ich fühle mich scheußlich. Ich habe versagt.
Ab und zu erinnere ich mich an eine Frau, die ich irgendwann mal im Wartezimmer meiner Gynäkologin getroffen habe. Die Frau war genauso schwanger wie ich, war aber wirklich zierlich bis auf den kugelrunden Bauch und erzählte mir was von ihrer Low Carb Diät. Damals habe ich über die Frau gelacht. Jetzt lacht vermutlich die andere.
In den USA fühle ich mich nicht besser. Es mag stimmen, dass die Amerikaner oft dicker sind als die Leute hier. Für Californien trift das aber nicht zu. Ich esse also weiterhin mit ebenso schlechtem Gewissen wie in Berlin und hoffe, dass ich einfach so drastisch abnehme. Wie die Waage , als ich wieder ankomme, ist das nicht der Fall. Ich nehme zwar ab. Aber in dem Tempo, in dem mein Körper sein Schwanmgerschaftsfett wieder rausrückt. wiege ich am ersten Geburtstag von F. immer noch mehr als beim positiven Schwangerschaftstest.
Nach wie vor wehre ich mich gegen neue Sachen. Es macht halt auch keinen Spaß, nach Größen zu suchen, von denen man sich wundert, dass es sie überhaupt gibt. Dann aber nähert sich der erste August. Am ersten August gehe ich wieder arbeiten. Da kann ich nicht in meinen schlabberigen Jerseys erscheinen. Ich resigniere also am Montag. Ich gehe ins Lafayette. Ich bin die traurigste Frau Berlins und diejenige, die das Shoppen gerade am meisten hasst. Lieblos reiße ich ein paar Sachen von den Bügeln. Im Spiegel sehe ich eine fette, quallige Person, die sich irgendwie in Armani presst. „Sowas wie dich sollte es gar nicht geben.“, beschimpfe ich mein Spiegelbild und verspreche mir lauter gute Sachen, Massagen und Parfums und teure Kosmetik, sobald ich wieder so viel wiege, wie ich öffentlich zugeben mag, und dann gehe ich mit meiner Tüte nach Hause.
Vergnügt kräht der F. in seinem Wagen die Bäume an und strahlt, weil die Sonne scheint und überhaupt sowieso. „Armes Baby!“, bedaure ich meinen Kleinen für seine fette Mutter. Spätestens in drei Jahren will er vermutlich wegen meines Übergewichts nicht mehr von mir aus der Kita abgeholt werden, verleugnet mich vor seinen Freunden und verlangt ein möglichst dünnes Kindermädchen, das er dann mit dem J. zu verkuppeln versucht.
Daheim verbiete ich mir erst Süßigkeiten, dann Kuchen und schließlich auch Nüsse und was man sonst so nebenher zu essen pflegt. Frühstücken werd eich auch nicht. Kuchenlagen im Büro lasse ich aus. Mittags soll es etwas ganz Leichtes geben, vielleicht eine Suppe oder so, und abends esse ich dann mit dem J. und nehme nie nach. Vielleicht gehe ich zu den Weight Watchers. Vielleicht mache ich wieder mehr Sport.
Aber so geht’s nicht weiter.
Alles hat auch sein Gutes. Es hilft vermutlich gegen das Anbaggern von Sechzigjährigen:)))
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Kopf hoch, es wird schon wieder werden.
Trauriger Post. Vielleicht könnte ein Ernährungsberater/Coach helfen? Nichts essen oder nur sehr einseitig ist ja auch keine Lösung. Sport ist doch schon mal toll. Ich hoffe, er macht ihnen auch Spaß.
Schlimme Sache. So will ich mich ebenfalls auf keinen Fall mit Ihnen sehen lassen. Wenn ich Mitte August wieder in Berlin bin, können wir ja mal telefonieren. (Hat man vielleicht im Grunde für Ihre jetzige Form diese Anwaltsroben erfunden?)
quatsch, ich mag es, dass du so eine entspannte mutter bist und der f. mag das auch.
klar haben wir früher leichter abgenommen. das ergab sich von selbst, wenn frau alles (einschließlich drei eimer kohlen täglich) in den dritten stock hoch tragen mussten. viel wichtiger jedoch ist es doch, dass das kind eine zufriedene mutter hat. und deine tendenz zum hedonismus bringt das nahezu zwangsläufig mit sich. mach das kind nur nich fertich mit so einer hippelichen diät-mutter.
übrigens sah ich dieser tage einen bericht darüber, dass wir eben doch noch urmenschen sind und ganz falsch leben. mit der empfohlenen diät von nur obst/gemüse und fleisch/fisch – ohne kohlehydrate und getreide, dh. auch kein brot/kuchen – könnte ich mich abfinden. der kuchen würde dir fehlen, ahne ich.
aber niemand ist vollkommen.
f., und das ist das schönste an der mutterschaft, liebt dich immer. ob du nun fett, hässlich, total verblödet oder wie auch immer fehlerbehaftet bist. 😉
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Vermutlich hilft es gegen das Anbaggern von eigentlich jedem. Nun habe ich da derzeit zwar keine Bedarf, aber so aussehen, dass die Männer Berlins das zumindest bedauern, möchte ich natürlich trotzdem.
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Theoretisch weiß ich alles, praktisch setze ich kaum was davon um. Was Sport angeht, so suche ich gerade nach einem guten Platz dafür in meinem Terminkalender. Vielleicht eine Mittagspause.
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Den Tschador, liebe Frau Kaltmamsell, der entgegen weit verbreiteter Annahmen eine Erfindung dicker Frauen darstellt.
(Wenn Sie mögen, gehen wir irgendwo hin, wo es möglichst dunkel ist und uns keiner kennt. Oder ich trage den ganzen Abend meine Robe.)
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Auf Brot, Kuchen, Pasta und Kartoffeln würde ich sehr ungern verzichten. Ich setze jetzt auf den Verzicht auf Mahlzeiten, die mich am wenigsten schmerzen. Frühstück etwa. Und Mittags esse ich künftig dreimal die Woche Suppe oder Salat.
Ich, mit Kleidergröße 40, würde auch gern mit Ihnen was trinken gehen. Alle würden uns anschauen. Erst Sie, dann mich, und alle würden denken: Jede schöne Frau hat eine hässliche enge Freundin. Spannend, welche ich wäre.
Bei dem eventuell und wann auch immer einzunehmenden Getränk würde ich mich auch anschließen, wenn ich darf. Ich könnte vom Schockgefühl berichten, irgendwann (nach der zweiten Geburt) zu realisieren, dass ich – nicht mehr schwanger – mehr wog als mit neun Monaten schwanger bei der ersten. Ich frühstücke übrigens auch nicht (eher aus Zeitmangel). Ich meine gelesen zu haben, dass zum Abnehmen sinnvoller ist, abends nicht zu essen, aber deswegen abends hungrig ins Bett zu gehen, bringe ich doch nicht fertig.
Danke für den Blogpost und Applaus auch!
Ja, der Traum von der alten Konfektionsgröße. Auch ich bin da nicht mehr nach inzwischen fünf Jahren angelangt. Hach ja.
Vielleicht schaffen Sie sich einfach noch vier weitere F.’s an und dann haben Sie einfach keine Zeit mehr für ruhige, ausgedehnte Mahlzeiten und auch viel Bewegung.
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Es gab doch diese Mode mit den Dunkelrestaurants, aber die ist wahrscheinlich schon wieder vorbei. Ich kriege das ja alles nicht mit.
Was ich hingegen durchschaue, ist die schamlose Prahlerei mit vorgeblich erworbener italienischer Markenbekleidung. Armani produziert nicht in Damen-Konfektionsgröße 54. (Im Übrigen ist es keine Schande, wenn man breiter als hoch ist!)
Abends […] google ich ab und zu die After-Baby-Bodys der Stars.
Sie wissen aber schon, daß viele von denen nur noch adoptieren?
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Oder Leihmütter sind auch hoch im Kurs! Außerdem wird teilweise überhaupt nicht gestillt und Personal Trainer, eigener Ernährungsberater, Schönheitschirurgen (daneben Babysitter, Haushaltshilfen, Animatoren für die Nachkommen) tun auch ihr übriges…
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@ada vanwegen: sag ich doch, die Klum hat sich diesen David Kreisch oderwiedergradnochheisst gebucht. vermutlich hat der sie dann zwischen EiweissOmelette, Weizengrascocktail und gedämpfter Hühnerbrust ohne Salz täglich ungefähr 8 Stunden lang durchs Gym gejagt, während eine Horde von Nanies sich um die Kinder kümmerte. Das Programm dann man eben so 2 Monate 24×7 gefahren, dürfte alles in Allem nah an einem sechstellingen USD oder gar EUR Betrag heranreichen. Allerdings verdient die Gute ihr Geld auch nicht mit dem Kopf, sondern mit dem was unten dranhängt, ist also nichts weiter als eine Investition in Betriebskapital.
Frau Modeste, seien Sie ganz gelassen. Aus eigener Frankfurter Anschauung kann ich Ihnen versichern, die anorektischen Hühner aus dem M&A und grünen Bereich, die meist als Single und maximal als DINKS ihr Leben fristen, hassen Sie nur deshalb, weil Sie (schon) ein Kind haben und nicht wegen der Figur. Auf die Figur projizieren die nur ihre eigene Unzufriedenheit mit sich selber. Und gehen dann Schuhe kaufen oder hungern sich von 48 auf 45 kg runter, weil man ja sonst keinen Mann findet.
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Den selben Gedanken im Kontext mit Armani hatte ich beim Lesen auch.
Übrigens: Schwangerschaft und (Abnehm-)Diät zusammen sind blanker Irrsinn; wichtiger ist die Zufuhr hochwertiger Nahrungsmittel (nicht automatisch gleichzusetzen mit hochkalorischen Produkten). Für derartigen Egoismus während einer Schwangerschaft habe ich keinen Funken Verständnis, insofern imponiert mir die Frau aus dem Wartezimmer in keiner Weise.
Oh weh, das klingt nicht schön. Mit-gefühl meinerseits, die ich selber ein Jahr durchlief, in welchem ich von den gewohnten Maskierungen Abschied nehmen musste. Mit Bandscheibenvorfall stöckelt es sich nicht nur schlecht, sondern auch schmerzvoll. Und außerdem empfiehlt sich beim Kriechen auf allen Vieren eher ein Krabbelanzug, denn ein Kostümchen.
Aber ich habe für meinen Teil festgestellt, dass es sich wesentlich leichter derrangiert dahinvegetieren lässt, wenn der von den Umständen oktruierte Kampfdress einen gewissen Schick besitzt. Und deswegen würde ich Ihnen von Herzen und dem eingeschränkten Tellerrand egozentrierter Erfahrungen empfehlen: umgehendst von den von Ihnen verachteten Billigklamotten auf noble Gaderobe umzusteigen. Mit sofortiger Wirkung. Auf das gekränkte Selbstbild, welches sich nicht nur nimmer leiden mag, sondern auch noch mit verachteten Kostümierungen vom selbst-eigenen Zensor hämisch begrinst wird. Tuense sich das nicht an.
…und dem momentan nicht so gelitten-expandiert-en Leibe die Freude, ihm für all das Herrliche, was er Ihnen in Forme der Schwangerschaft und Geburt schenkte, zu danken und schmücken Sie ihn. Das verpflichtet Sie keinstenfalls auf Lebenszeit zu einer von Ihnen nicht bevorzugten Körperform, sondern macht den ungelittenen Ist-Zustand evtl erträglicher.
…und sobald Sie sich in Ihrem Sinne zurück-ver-formen, könnten Sie den Freundeskreis mit der aussortierten, hübschen Robe beglücken, oder aber selbige in einem Second-Hand-Laden ihrer Wahl gewinnbringend verhökern, oder aber eine Schneiderin beauftragen, die das Linnen in neue Form zaubert. (Oder aber die Klamotten mit einem breiten, dekadenten Grinsen in eine der unzähligen Kleidersammeltonnen treten.)
Außerdem finde ich – ohne ihn zu „sehen“ – Ihren Körper ganz dufte. Wie oben schon erwähnt: er hat neues Leben geboren. Son Fruchtbarkeits-Tempel will gehuldigt
und nüscht gestraftwerden. 😉es gibt einen spruch von florence griffith-joyner (in anderer sicht eventuell kein vorbild, was aber nie bewiesen wurde): wenn du so schnell sein willst wie ein mann, musst du auch so hart trainieren wie ein mann.
egal ob im wald oder im studio, der prozentuale anteil von frauen die ernsthaft sport und nicht alibi hüpfen betreiben ist denkabr gering. und der weg geht nun mal nur über die grundeinstellung „der schmerz ist mein freund“ …
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Scheint bei den Kerlen allerdings auch nicht mehr zu klappen. Prozentual sind die deutschen Männer dicker als die Frauen.
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ein schnittmenegenproblem. ich sprach von denen, die sport betreiben … (o;
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Emporio, meine Damen. Nicht Giorgio. Emporio gibt es in recht großen Größen.
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Vielleicht wäre ein Blogtreffen mal wieder lustig. Gab es ja lange nicht. Die re:publica ist ja längt, tja, etwas anderes.
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Wie aich immer – sie haben diese Kinder und sie sind schlank. Immerhin, ich habe in den knapp zwei Wochen, seit ich wieder arbeite, rund 1 kg abgenommen. Langsam, aber es wird.
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Ich warte noch bis 1. Oktober und dann gehe ich einkaufen. Egal in welcher Größe. Das geht ja so nicht weiter.
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Männer sind ja oft nicht in der Lage, irgendetwas in Maßen zu machen. Entweder null oder 100.
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das ist eher ’ne frage der einstellung. barfuß oder lackschuh. dazwischen ist alles irgendwie nix. wie der kleine grüne zwerg im sternenkriegmärchen schon sagt: nicht versuchen sollst du … tu es – oder tu es nicht.