Nach dem Kino

Dann aber endet der Film, und wir drängen erst aus dem Saal und dann nach unten. Voll ist es auf der Schönhauser Allee, denn vor Weihnachten ist die Stadt noch voller als sonst, zum Platzen voll sozusagen, denn sobald der erste Advent naht, versammeln sich auch die Bewohner entlegender Stadtteile, Brandenburger sogar, auch viele, viele Touristen in den Geschäften der Innenstadt, auf ihren Straßen und vor allem auf ihren Weihnachtsmärkten. Da ist es dann ganz, ganz voll.

Der J. und ich trinken noch einen Glögg. Das machen wir jedes Jahr, auch wenn ich den eigentlich gar nicht so gern mag, und dann erzählen wir uns die besten Szenen des Films noch einmal. Die Kaffeeszene, sage ich. Der Nazifilm, sagt der J., und dann fragen wir uns, ob eigentlich auch Leute außerhalb von Berlin den Film mögen. „Nichtstun ist doch auch anderswo eine Lebensform.“, gebe ich zu bedenken. „In Berlin hat Nichtstun aber schon eine sehr spezielle Ausprägung gefunden.“, weiß der J., und dann laufen wir sehr vergnügt heim.

Das alles liegt hinter uns, versichern wir uns, und hören uns ein wenig ungläubig zu, wie wir das sagen. Wir waren sehr lange jung, wissen wir. Selbst als wir schon lange richtig gearbeitet haben, also so richtig mit Verantwortung und richtigem Geld und Sekretärinnen und so, waren wir noch jung oder haben zumindest so gelebt. Diese langen Nächte am Landwehrkanal mit dem Saum von Licht weit im Osten. All der Beton, der fremde Schweiß und die Bässe, die bröckelnden Mauern von Mitte. All die Sonne, das Bier und Grillen schon morgens am Falkplatz und mit uns die Ewigkeit, weil nichts drängte, damals, und nur Wunden schmerzten, die nicht verschwinden, wenn man irgendwas macht.

Das ist alles vorbei, schärfen wir uns ein, und wir lachen. Ein letztes Bier holen wir uns noch auf dem Heimweg, verabschieden die K., die auf dem Sofa schlechte Romane liest und lesen, bis die Augen zufallen, und nehmen im Schlaf nochmal einen schmerzlosen Abschied. Es war schön. Es hat mich meistens gefreut.

4 Gedanken zu „Nach dem Kino

  1. Außerhalb von Berlin aber mit Berlin-Background: unbedingt! Es machte viel Spaß, sich gegenseitig die jeweiligen Straßennamen zuzuflüstern und über die teilweise höchst seltsamen Strecken zwischen A und B zu kichern 🙂

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