Oh, Ihr Männer von Berlin: Sie am Biobrotstand am Arnswalder Platz mit der blauen Barbour-Steppjacke und dem kleinen Mädchen auf den Schultern. Sie in der M 10 Richtung Kreuzberg mit der Sporttasche und dem großen, weißen, flauschigen Hund. Sie auf dem Spielplatz im Volkspark letzten Samstag in Dufflecoat und Cordhosen mit den Zwillingen auf den Puky-Rädern, und besonders Sie mit Brille und blauer Badehose heute nachmittag im Kinderbecken der Europaschwimmhalle. Sie möchte ich etwas fragen: Warum lächeln Sie uns eigentlich nie an?
Ich, meine Herren, spreche ganz bewusst von „uns“. Keineswegs will ich damit nur von meinen eigenen Wünschen ablenken. Nein, ich habe Sie beobachtet: Sie lächeln nicht nur mich nicht an. Sie lächeln überhaupt nicht. Entweder starren Sie auf Ihr iPhone, als würde am großen Klettergerüst da hinten erhängt, wer das für fünf Minuten einmal sein lässt. Oder Sie starren abwechselnd glasig ins Nichts und auf Ihre Kinder, als ob Sie nicht wüssten, dass nirgendwo mehr als auf Spielplätzen gilt: Andere Kinder haben auch schöne Mütter.
Natürlich wissen Sie so gut wie ich, dass auf ein Lächeln vielleicht ein paar nette Worte folgen, aus ein paar netten Worten aber keineswegs eine Telephonnummer, ein Treffen oder ein ganzer Abend werden wird. Da ist, wie man so sagt, der biographische Moment schlicht nicht ganz richtig. Vor fünf Jahren vielleicht, nun, und ich manchen Fällen auch in weiteren fünf. Doch auch vor fünf, zehn, 15 Jahren wurde, wie man so sagt, meist nichts draus, und Sie haben doch auch damals …?
Ich jedenfalls kann nur an Sie appellieren: Lächeln Sie. Zwinkern Sie, wenn Sie gern zwinkern. Machen Sie, wenn man sich so ein bisschen kennt, auch einmal ein paar Komplimente. Schöne Augen, Kleider, was auch immer. Was Ihnen halt so auffällt. Seien Sie dabei sicher, dass Sie ein gutes Werk von Graden tun, denn wer, frage ich Sie, bedürfte mehr ein paar netter Gesten als die jungen Mütter in ihrer praktischen Spielplatzkleidung, die heute Abend – ganz wie Sie auch – in Jeans und einem alten T-Shirt auf dem Sofa sitzen werden, und gar zu selten einmal ausgehen können, um sich andernorts ein paar Komplimente abzuholen, ohne die es, halten zu Gnaden, doch leider so schrecklich schlecht geht.
Der Feminismus ist am Ziel. Deal with it.
Was hat Charme und Freundlichkeit mit Feminismus zu tun?
Anyway, liebe Frau Modeste, genau meine Gedanken der letzten Tage!
Unfair, das hat einem vor dem Mutterwerden niemand gesagt, dass die einzigen Komplimente und nette Blicke von gegengeschlechtlichen Wesen die des eigenen Mannes sein werden, wenn man alle paar Wochen mal den Babysitter da hat…;-)
Schöne Grüße, Julia
In Frankfurt ist es so: Männer, die den Kinderwagen schieben oder auf dem Spielplatz sitzen, grüßen und lächeln. Andere Mütter tun so, als wäre man gar nicht da. Was ist da bloß los? Schlecht geschlafen? Das Leben mit Kind doch anders vorgestellt? Manchmal habe ich auch schlechte Laune und keine Lust auf den täglichen Kram. Aber trotzdem kann man doch freundlich sein zueinander, auch unter Müttern. Wir sitzen ja alle im selben Boot.
Ach Madame,
wie gerne sagte ich es läge nur an der Unfreundlichkeit meiner selbst oder meiner Geschlechtsgenossen. Aber nein, es liegt an der Erfahrung die uns Männern zeigt – die meisten Damen quittieren dieses Anlächeln nicht mehr als Freundlichkeit. Im Gegenteil, sie werten es als Angriff. Ganz so als wäre der einzige Grund aus dem ein Mann eine Frau anlächeln kann eben das Ziel, am Ende des Tages sich mit ihr in sündigen Laken zu wälzen.
Die simple Höflichkeit findet nicht mehr statt aus Angst ein „selbst uff´nem Spielplatz hat man vor euch Säcke keene Ruhe, nüscht“ zu erhalten. (Selbst erlebt). Als wäre es so schwierig auf ein Lächeln mit einem Lächeln zu antworten. Von Komplimenten wollen wir gar nicht reden…
Allerdings schränke ich ein – es ist im Großen und Ganzen ein Norddeutsches Porblem. Wie schon eine Vorrednerin meinte; in Frankfurt lächelt man zurück.
interessant zu lesen. ich dachte, das wäre mehr so ein üfü-problem, wo einen die männer (selbst die, die man selbst für zu alt, zu … und zu … befindet) und dann auch die jungen mädchen und frauen (was sind sie doch jung, schön und … und … gegen unsereinen) quasi übersehen.
dunnemals, als wir – sehr junge – mütter waren, war das noch ein wenig anders. andernfalls wäre es uns nicht gelungen, hier und da noch mal durchzustarten, sogar mit kindern.
Vielleicht ist das tatsächlich ein regionales Problem. In eminem Hier , das noch etwas südlicher als Frankfurt liegt, wird gelächelt, gegrüßt und Smaltalk gehalten.
Ein Kompliment habe ich dagegen in meiner Mutterwelt noch nie erhalten und auch Arbeitskollegen hören damit auf, sobald sie erfahren, dass ich Kinder habe. Dahinter hatte ich bis jetzt immer die mütterliche Autorität vermutet. Eine Mutter lässt einem dann doch unwillkürlich an die eigeneMutter denken und die würde man doch nicht anflirten, genauso wenig die Mutter von Freunden. Wennman dann nich hinzu nimmt, dass viele Erwachsene heute eher groß gewordene Kinder sind,macht das in meinen Augen sogar Sinn.
Ja, das ist bizarr. Das kenne ich aber auch so.
wohl gesprochen. um mein lächelpensum zu efüllen, bin ich zum selber anlächeln übergegangen, zunächst nur bei frauen, die so gut wie immer zurücklächeln, seit ein paar jahren auch bei männern. einer von dreien zeigt keine regung, der rest schickt zumindest ein grinsen auf den weg.
an ein leben fast ohne komplimente (von männern, frauen sind da nicht so) habe ich mich nach all den jahren in berlin gewöhnt, finde es allerdings auch etwas mühsam. italien ist ein paradies im vergleich zum stumpfen berliner umgangston. ich drifte dabei zusehends in einen genderlosen kleidungsstil ab, andererseits vereinfacht das die ankleidephase morgens, hat also auch vorteile …
Die Berliner Männer sind ein Phänomen, das zu verstehe mir nicht so recht gegeben ist. Die sind doch sonst auch so frech. Die können doch nicht behaupten, sie würden sich nicht trauen. Vielleicht mögen sie einfach keine Frauen?