Oje, denke ich wie immer im Raubtierhaus und sehe den Tigern zu, die in winzigen, gekachelten Badezimmern nicht unähnlichen Gehegen auf einer Art Regal liegen oder unruhig hin und her streichen. Naiv schimpfe ich mich im selben Atemzug, denn selbst im ökologischen Kuhstall haben die Rinder weniger Platz, und auch ein Hauskaninchen würde sich ein solches Verhältnis von verfügbarem Raum zur eigenen Körpergröße wünschen.
Das Bessere, schießt es mir in der nächsten Sekunde durch den Kopf, ist aber noch lange nicht gut, und wünsche dem Tiger auf dem kleinen Bänkchen nun doch von ganzem Herzen einen grünen Dschungel und eine herrliche Jagd auf echte, lebende Tiere. Doch ginge es – biegt der Gedankengang noch einmal um die Ecke – dem Tiger im Wald wirklich besser? Ersetze ich so nicht eine Vermenschlichung durch eine andere? Überhöhe ich nicht die Freiheit als ein im Kopfe des Tigers ganz und gar nicht existentes Konstrukt, und der Tiger fühlt sich nicht schlechter als meine Katze daheim in Sicherheit und Wärme bei gutem Essen und frischem Wasser?
Halbwegs versöhnt mit dem Schicksal des Tigers gemessen am Elend seiner wilden Vettern, zu denen bei Krankheit kein Tierarzt kommt, und die nicht selten hungrig bleiben, verlasse ich das Tigerhaus. Einen letzten Blick werfe ich in der Tür zurück, und für einen Moment sehe ich dem Tiger direkt in die Augen. Hilf mir hier raus, könnte er sagen. Oder auch: Komm, lauf davon. Vielleicht aber auch nur: So fremd sind wir uns wie entlegene Sterne.
„So fremd sind wir uns wie entlegene Sterne.“ – das trifft allerdings auch den Kern eines gesellschaftlichen Großereignisses der vergangenen Woche. Herzlichen Glückwunsch Ihnen übrigens!
Danke.
Manchmal vergesse ich unter welcher Überschrift dieses Blog angetreten ist und beginne mir Sorgen um die Autorin zu machen…
Ah, keine Ursache. Ich bin ja eigentlich eine recht lustige Person.
Auch Hauskatzen gehe sehr gerne nach draußen, man würde sich wundern, wie wild sie dann wieder würden (auch wenn sie erst einmal Angst vor Mäusen bekämen und sich nicht trauten auf einen Baum zu klettern).
Leider hat meine Katze wenig Gelegenheit, das auszuprobieren. Bisweilen habe ich ein wenig schlechtes Gewissen wegen dieser weit artgerechten Zimmerhaltung.