Freitag, 24. Juli

Am Freitagmorgen bin ich schon morgens um halb neun durchaus misanthrop. Ich habe den F. und mich selbst heute allein aus dem Bett gehievt, gewaschen, bekleidet, eine Brotdose mit Filinchen und Obst gefüllt und zwei Marmeladenbrote für sofort geschmiert, entrindet und in kleine Stücke geschnitten. Ich habe parallel meine E-Mails gelesen, manche auch beantwortet, und lange Gespräche mit dem F. über sein Leben als Frosch geführt. Dann habe ich den F. auf den Rücksitz meines Rades gesetzt und bin losgefahren. Jetzt stehe ich also in der Kita.

In unserer Kita ist derzeit viel los. Außer unseren Kindern sind nämlich noch Kinder einer anderen Kita da, die gerade Sommerschließzeit hat. Einige Erzieherinnen der anderen Kita sind auch da, die sitzen jetzt alle zusammen am Rande der Sandkiste und buddeln mit den Importkindern. In der Garderobe kenne ich deswegen auch nicht alle anderen Mütter. Auch die Mutter, die ausgerechnet direkt vor dem Regal mit den Kisten für die Brotdosen steht und telefoniert, habe ich noch nie gesehen.

Ich gehe an der Frau vorbei, hänge F.s Rucksack an sein Garderobenfach, höre mir weiter an, wie es sich als Frosch so lebt, bis er Freunde sieht, mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange drückt und wegläuft. „Quak, quak!“, höre ich ihn noch brüllen, dann ist er in einer wuselnden Gruppe von Kindern verschwunden. Der F. ist von ausgesprochener Geselligkeit, ich mag mir gar nicht vorstellen, wie unglücklich er wäre, wäre ich Hausfrau und hätte ihn daheim behalten.

Jetzt bleibt mir nur noch, die Brotdose zu verstauen. Da steht aber immer noch die fremde Mutter und telefoniert hörbar gereizt, offenbar beruflich. Ich habe aber auch einen Beruf, ich muss jetzt los, also stelle ich mich vor die Frau und deute freundlich lächelnd mit der Hand auf die Kisten hinter ihr.

Die Frau reagiert gar nicht. Sie spricht weiter in ihr Handy, ziemlich laut und ziemlich ungehalten offenbar, und jetzt werde auch ich ungeduldig. Ich halte die Dose hoch, deute auf das Regal hinter ihr und trete noch einen Schritt auf das Regal zu. Da nimmt die Frau das Handy kurz vom Ohr und herrscht mich an. Ich müsse jetzt kurz warten. Ich gehe wortlos auf sie zu, lange die Dose an ihr vorbei, berühre dabei fast ihre Haare und lasse sie in die Kiste fallen.

„Ich muss aufhören. Den Muttis hier geht das nicht schnell genug.“, nörgelt die Frau am Telefon, und ich schicke ein schnelles Stoßgebet zum Himmel und wünsche der fremden Frau eine Autoumsetzung, einen kompletten Datenverlust, und dass ihre Kollegen ihr heimlich in den Kaffee spucken. Mit Scharlach und Pfeifferschen Drüsenfieber. Und einen dicken Pickel soll sie auch bekommen. Dann fahre ich ins Büro.

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