Angela Merkel und ich

Vor ungefähr einem halben Jahr war F.’s Kitagruppe im Bundestag. Der örtliche Abgeordnete stellte sich vor, erzählte gemeinsam mit seinem Büroleiter, was Abgeordnete eigentlich den ganzen Tag so tun, und dann liefen die Kinder einmal durch die Reichstagskuppel und schauten sich alles an. Am Nachmittag kam der F. heim und berichtete, der Abgeordnete interessiere sich für Strom, im Bundestag stehe die deutsche und die europäische Flagge, und er habe genau gesehen, wo Angela Merkel sitzt.

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In den nächsten Wochen wuchs sein Interesse an der Kanzlerin. In der Kita wurde als Teil des auch den Bundestagsbesuch umfassenden Projektes eifrig abgestimmt und gewählt, immerzu befand sich der F. im Wahlkampfmodus, und vermutlich verehrt der F. die Kanzlerin nicht nur, weil sie derzeit Deutschlands oberste Bestimmerin ist, sondern weil es ihr auch gelungen ist, mehrfach wiedergewählt zu werden. Wahrscheinlich denken nur noch Frauke Petry und Frau Merkels Büroleiterin mehr an das Regierungsoberhaupt der Republik, anders als bei Frau Petry steht der F. der Kanzlerin allerdings sehr positiv gegenüber, insbesondere über ihre Flüchtlingspolitik ist er ganz anderer Ansicht als jene. Erst kürzlich verstieg er sich gar zu der Ansicht, Frau Merkel habe nichts falsch gemacht, eine Ansicht, die nicht einmal Mitarbeiter und Parteigänger in dieser Absolutheit teilen.

Vor kurzem erfuhr der F. nun, dass Angela Merkel sich nächstes Jahr einer Wiederwahl stellen muss. Seitdem tobt der Wahlkampf. Zuerst wurden wir gefragt, ob wir denn auch wirklich Merkel wählen und ernsthaft vermahnt, nichts Falsches zu tun. Dann wurden andere Eltern unterwiesen. Kürzlich hat der F. auch seine Erzieherinnen interviewt, und wenn mich nicht alles täuscht, verbreitet sich im östlichen Teil des Prenzlauer Berges gerade das Gerücht, der J. und ich seien stramme Christdemokraten. Wir müssen das bei Gelegenheit mal richtigstellen.

15 Gedanken zu „Angela Merkel und ich

    1. Unsere Katze wird von manchen Kindern, die uns besuchen, ja für eine Erfindung des F. gehalten, weil sie, seit ein kleiner Freund vom F. sie einmal ausdauernd gejagt hat, um sie zu streicheln, sich stets versteckt, wenn Menschen unter einer Körpergröße von 1,60 auftauchen.

  1. Ach, der Lieblingskindergärtner des Sohnes sagte mal zu mir, ihr glaubt nur 50% dessen, was sie vom Kindergarten erzählen und wir nur 50% was sie über Euch erzählen…

  2. Das gefällt mir sehr, wie erfolgreich hier Interesse am politischen Prozess geweckt werden konnte – auch wenn ich Frau Merkel und ihrer höchst überflüssigen vierten Amtszeit sehr wenig abgewinnen kann.

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