Klar und grün funkelt der See zwischen den Bäumen, und mit den Wolken zieht ein kühler Hauch von der Stadt Richtung Süden. Mit den Füßen im Wasser sitze ich hinten im Boot, lasse mir Sekt von Frau Casino reichen, packe Sandwiches aus, greife in Frau Wortschnittchens Chipstüte und stoße mit Herrn Lucky im Nachbarboot an. Gut sieht er aus, frisch erblondet, schmaler im Gesicht als noch vor Monaten, und mir gegenüber, im dritten Boot, sitzt Herr Glam, schön wie immer, isst Obst und trinkt Wein.
Es gebe hier Welse, höre ich und blinzele in die seltene Sonne. Riesige Fische stelle ich mir vor, bemoost und alt, dicklippig, mächtig und böse, und sehe die Welse am Grunde des Sees zwischen Steinen und Schlick sich finster verschwören. Ganz genau kann ich mir die Welsworte vorstellen, kehlig und tief und mehr ein Knurren als das gläserne, silbrige Glucksen anderer Fische.
In unserem Boot aber sind die Welse weit weg. Ich esse ein bißchen mehr, als ich eigentlich wollte, trinke über den Nachmittag verteilt bestimmt eine ganze Flasche Sekt, lache, erzähle Dummheiten, wie es sich für eine angetrunkene Frau gehört, und bedaure ein wenig, dass gestern meine Pediküre keine Zeit für mich hatte, und nun sehen meine Fußnägel aus, nun ja, eben wie selbst lackiert. Ich kann das nicht so richtig gut.
Unter uns aber haben die Welse ihre Verschwörung besiegelt. Bestimmt opfern die Welse nun wehrlose, kleinere Fische, Krebstiere vielleicht, vielleicht auch (oh, Agamemnon) der Welse jüngere Töchter, und verteilen vorm Raubzug Blut und schleimige Därme auf gutes Gelingen im See. Mag sein, dass die Welse nun rüsten, Schlachtpläne hecken, und die Beute verteilen, die erlegt werden soll, und noch nichts davon weiß.
Auf dem Boot, hoch über den Welsen, ziehe ich derweil meine Jeans aus. Aus verschiedenen Gründen trage ich bekanntlich keine Bikinis, sondern einen körperverhüllenden schwarzen Badeanzug, und fühle mich wie immer, wenn es zum Baden geht, einen Moment lang sehr nackt und sehr fett und irgendwie quallig. Dann geht es wieder mit mir und ich springe ins Wasser. Der See ist recht kalt.
Unter mir strömen die Welse zusammen. Die ersten fletschen freudig die schleimigen Kiefer. Der Feldherr regiert mit den Flossen die Truppen. Barteln zittern auf den Kiefern der Streiter, Schlachtrufe werden geknarzt, und die Kompanie steigt nach oben. Mit geschlossenen Augen spüre ich die Welse sich nähern. Mit ausgestreckten Füßen, das weiß ich, könnte ich die Welse berühren, und lege mich flach auf das Wasser, damit das nicht passiert.
Auch die anderen schwimmen rund um die Boote. Rechts von mir zieht Frau Casino weitere Kreise. Frau Wortschnittchen und die Herren Lucky und Glam schwimmen direkt über den Welsen, zum Greifen nah über den Rücken der Fische, und doch ein Stück, ein Hauch, eine Handbreit zu hoch. Die Welse schnappen und toben.
Nicht lange jedoch währt der Kampfgeist der Welse. Nach und nach sinken die Streiter ermattet nach unten, knurren vor Ärger, graben sich ein in den Schlamm und geben einander die Schuld. Der Feldherr, hört man, habe sein Amt aufgeben müssen. Die Opfer waren umsonst. Ohnmächtig sehen die Welse nun zu, wie der See sich leert von Armen, Körpern und Beinen, und nur der Schatten der Boote sich langsam, im Zickzack, nach Westen entfernt.