Bis so circa 2005, bilde ich mir ein, konnte man in Berlin meistens ohne Reservierung überall hingehen. In den letzten Jahren ist das schwierig geworden, meistens reserviere ich spätestens mittags für abends, und so sind der J. und ich kein bißchen überrascht, dass es in der fleischerei ohne Reservierung keinen Tisch mehr für uns gibt.
Ins Pappa e Ciccia könnten wir gehen. Ins femmina morta, schlage ich alternativ vor, aber schnell muss es gehen, schnell, schnell, schnell, denn es ist so elend kalt heute nacht, dass ich auf keinen Fall lange zu Fuß irgendwo hin laufen will. Ich komme direkt aus dem Büro: Ich habe nicht so richtig viel an.
Am Ende ist es dann das Filetstück. Gerade in dem Moment, in dem wir fragen, wird ein Tisch frei. Wir nehmen den Wurstteller aus der Vitrine wie immer. Ich trinke Wasser, weil es gestern ein Glas Wein zu viel gewesen ist. Ich nehme das grandiose Filet von Donald Russell, medium rare, einen gemischten, letztlich unspektakulären Salat und eine Art aufgeschäumte Hollandaise, die an sich ganz gut ist, aber etwas zu butterig für das Fleisch. Ich vermisse ein bißchen das Risotto, das sie hier sonst immer hatten.
In meinem Kopf läuft der Tag immer weiter. Das Klima. Das Berlinklima. Das Weltklima. Die Klimakatastrophe. Ein Stück Klimawandel, fällt mir dazu ein, liegt vor mir halbgegessen auf dem Teller. „Kühe sind Klimakiller.“; gebe ich mit einem Hauch schlechten Gewissens zu Protokoll, und der J. nickt schuldbewusst über seinem Entrecote vom pommerschen Rind. Könnte man bei der netten Kellnerin den Treibhauseffekt der verzehrten Kuh kompensieren, mit Freuden bestellte ich statt eines Kaffees einen Ablass, aber so laufe ich nicht allzu spät mit dem J. die Danziger heim, zufrieden mit mir, mit der Kuh, und nur das Weltklima ist so ein Punkt, den ich heute nacht nur ungern bedenke.
(In der fleischerei wäre das aber auch nicht anders gewesen.)