„Ich würde,“, sage ich so dahin und schaue über den sommerlichen Weinbergspark hinüber zur Torstraße, „mich ja gern wieder einmal verlieben.“ – „Wer würde das nicht?“, schallt es postwendend von den beiden anderen Decken zurück.
Aber bei längerem Nachdenken….
Ich würde ihn also irgendwo treffen und der Blitz schlüge ein. Einseitig, versteht sich, denn das ist ja eigentlich immer so, zumindest zuerst. Am nächsten Morgen würde ich die Augen aufschlagen, und noch vor der ersten Tasse Tee an ihn denken. Was er wohl macht. Aus Angst, ihm irgendwie auf den Geist zu gehen, würde ich ihn natürlich nicht einfach anrufen. Außerdem könnte er ja bemerken, geliebt zu werden, und dann… würde ich auf der Stelle sterben. Oder so.
Statt ihn anzurufen, würde ich einen Haufen anderer Leute anrufen, die ihn irgendwie kennen, bis ich so ungefähr wüsste, wo er wohnt, wo er arbeitet, und wie seine privaten Lebensumstände so aussehen. Natürlich würde ich denen nicht erzählen „Ich habe mich gestern nacht in den XY verliebt, und ihr müsst mir helfen, ihn zu erobern!“ – das wäre zu einfach. Würde mir die C., die einen Haufen Leute kennt, etwa mitteilen, er arbeite in der Kanzlei „Schinder Knochenbrecher & Partner“ in der Friedrichstraße, dann würde ich natürlich auch nicht die C. fragen, ob sie mit mir beispielsweise eben dort um die Ecke bei Ishiin Mittag essen ginge, sondern eher den O. Oder die R., die ist besser als ein Mann, und nicht so hübsch wie die C., sonst verliebt er sich noch auf der Stelle in die C. statt in mich. – Das sind dann so meine Gedanken.
In den nächsten zwei Wochen würde ich die gesamte Friedrichstraße kulinarisch abgrasen, die Bars in der Nähe seiner Wohnung frequentieren, und irgendwann stünde ich ihm dann gegenüber. „Hey, Modeste.“, würde er mich begrüßen, und ein bißchen plaudern. Ich risse mich zusammen, denn das habe ich gelernt, und würde gepflegt zurückplaudern, über Restaurants oder so. Oder über Kunst. „Ruf doch mal an.“, würde ich am Schluss des Gesprächs herauswürgen, und dann winken und wieder zu meinem Platz gehen. Von Stund´ an würde ich daheim das Telephon anstarren. Selbst liebste Freunde würden kurz abgebügelt, damit er den Anschluss nicht besetzt vorfindet. Weil meine liebsten Freunde mich und meine schlechten Gewohnheiten kennen, würden sie nach und nach herauskitzeln, wer denn diesmal das Unglück hat, meine Aufmerksamkeit erregt zu haben, und sodann versuchen, mir den Herrn auszureden, damit endlich Ruhe ist, und sie auch wieder einmal irgendwo anders essen und ausgehen können. Natürlich bliebe das ganz und gar erfolglos.
Vielleicht riefe er tatsächlich irgendwann einmal an. Um mich herum würde sich alles drehen, und damit er bloß nicht bemerkt, wie aufgeregt ich wäre, würde ich mich auf der Stelle in eine Art Eisblock verwandeln, eine Art perlenkettengeschmückte Kommunikationsmaschine hinge in der Leitung, und würde höflich und scheinbar gelassen über die Vorzüge der Emilia Romagna sprechen, und nein, mit Kuwait Airlines fliege ich auch nie wieder. Oder so.
Würden Sie sich in jemanden verlieben, der so etwas erzählt? – Der XY natürlich auch nicht. Und wenn es doch zu irgendeiner Art Verabredung käme, dann wanderte ich neben dem Angebeteten zwei Stunden lang durch ein Museum, denn mit anderen Frauen, es sei einmal gesagt, gehen Männer auch einmal ins Bett, mit mir indes geht ein Mann in aller Regel in ein Museum. Vielleicht würden wir uns, beim Tee nach dem Museumsbesuch, sogar ein bißchen über die Liebe unterhalten. „Ich würde mich ja auch gern einmal wieder verlieben.“, könnte der XY vielleicht sagen. „Ich mich auch.“, würde ich antworten, und aus lauter Verzweiflung, weil er mich nicht liebt, vier Stück Zucker in meine Teetasse werfen.
Vielleicht käme es nie auch nur zu einem Kuss. Oder dann, wenn mir nichts mehr daran liegt. Vielleicht bliebe es bei distanzierten, höflichen Treffen alle paar Monate, und in der Zwischenzeit würde ich versuchen, halbwegs mit Würde durch mein Leben zu spazieren. Vielleicht fiele er mir dann doch, Monate später an einem kalten Abend um den Hals. Inzwischen würden wir uns sogar richtig gut kennen, aber anrufen am nächsten Tag? Wohl kaum. – Griffe er nachts nach meiner Hand, ich bliebe immer noch stumm, und würde mich bestenfalls in etwas verwandeln, was einfach nur da wäre. Im schlimmsten Fall liefe ich weg, und würde am Tag danach versuchen, per Telephon alles irgendwie zu richten.
Am Ende, wenn alles gut liefe, würde ich morgens aufwachen. Er läge da neben mir und schliefe, und ich würde mich ganz vergeblich ermahnen, ihn nicht vor Liebe aufzufressen, und auch wieder einmal an etwas anderes zu denken.
wieso kommt ihnen der gedanke gerade im weinbergspark? ’s gibt echt inspirierendere orte in berlin.
obwohl, mir kam der gedanke neulich bei einem herbert grönemeyer song. vielleicht sollt ichs deshalb auch einfach lassen und erstmal an meiner einstellung arbeiten. sie auch?
Von Stund´ an würde ich daheim das Telephon anstarren.
Atlernativ kann man das stumme Ding auch mit demonstrativer Missachtung strafen. So viel wie möglich weggehen. Und dann doch bei jedem Heimkommen klopfenden Herzens auf den Anrufbeantworter blicken. Schnell die Wiedergabetaste drücken, um gleich enttäuscht zu sein, dass zwar ein Haufen anderer Leute anruft, nur der eine nicht.
Und nicht zu vergessen, der Kontrollanruf vom eigenen Handy, ob der Festnetzanschluss auch bestimmt nicht gestört ist, weil das Telefon doch so hartnäckig schweigt.
Hm, ich bin ja immer für die direkte Herangehensweise. Du weisst seine (in meinem Fall: ihre) E-Mail? Schreib ihm. Du weisst seine Telefonnummer? Ruf ihn an.
Erzähle ihm irgendwas, nimm auf irgendwas Bezug, verabrede Dich mit ihm. Bald.
Vor allem aber: Sei offensiv.
Tja, und da gibt es wohl die Menschen – geschlechtsunabhängig? – die offensiv rangehen. Und die, die abwarten.
Ich behaupte: Ein ganz klitzekleines bisschen glücklicher sind die Offensiven. Anders gesagt: Die den Indikativ gebrauchen.
(BTW, Ishin ist mittags immer sooo voll, dass man meist die Leute, die man sehen will, gar nicht sieht. Auf der anderen Seite des Blocks dagegen ist eine Bar, die für nette, wenn es sein muss auch zunächst unverfänglich scheinende Treffen allerliebst geeignet ist…)
REPLY:
Nicht einmal zum Bäcker ohne Mobile, falls er anruft. Und sich nie wieder meldet, sollte man gerade nicht daheim sein. Und von morgens bis abends auf E-Mails zu warten, die natürlich nie kommen.
Ein mieser und entwürdigender Zustand.
In Lars Gustafssons Erzählband „Die Kunst, den November zu überstehen“ (der unerklärlicherweise auf Ihrer Wunschliste fehlt) gibt es eine Geschichte, die sehr schön – um nicht zu sagen ultimativ – den genau entgegengesetzten Zustand thematisiert; ein Geländeläufer in der winterlichen Ägäis, dem „falling out of love“ wie das Abbauen von Kirmesbuden erscheint, nachdem der Rummel vorbei ist: man beobachtet, wie die bunten Bretterbuden in ihre Einzelteile zerlegt und davongetragen werden und denkt sich: so ist das also zusammengesetzt.
Und wem das ewige Hin und Her in x-ter Iteration zwischen hinein-/hinuntergezogen und befreit noch halbwegs präsent ist, wer vor noch nicht allzulanger Zeit (Monate bis Jahre) den letzten kautabaksabbernden, holzbeinigen Drecksack mitsamt Enterhaken über die zersplitterte Reling ins Wasser bugsiert hat, wo ihn der Sog seiner untergehenden Bark „Infatuation“ in die Tiefe zieht, dem wird der ketzerische Gedanke nicht allzu fern sein, daß das „Sich-Verlieben“ eigentlich nur dazu gut ist, den immensen Kräftezuwachs zu genießen, wenn so eine unselige Phase wieder vorbei ist.
(Was aber auch nur Fake ist, denn man erhält lediglich die Kräfte zurück, die man vorher schon hatte, die einem aber vielleicht viel zu selbstverständlich waren, als daß man sie zu schätzen wußte.)
(Aber Verzeihung. Ich wollte mit meinem phasenunangemessenen Kommentar nicht den Party Pooper geben… ;o))
REPLY:
Ich bin auch sehr für die direkte Herangehensweise, bin dazu aber leider aus psychischen Gründe nicht in der Lage. Ishin würde ich des Barachi-Dons wegen aber auch dann aufsuchen, wenn der angebetete Herr am Potsdamer Platz zu verorten wäre. Oder in Hamburg. Oder auf dem Mond.
REPLY:
Aber nicht doch, Herr Booldog. Kein normaler Mensch verliebt sich wegen des „immensen Kräftezuwachses“ nach dem Abflauen der Verliebtheit, sondern wegen der irrealen, blödsinnigen Hoffnung auf´s Wiedergeliebtwerden, die sich dann alle paar Jahre wider Erwarten, märchen- und morgenschön doch erfüllt.
REPLY:
Wieso nicht im Weinbersgpark? Dem Glücklichen schlägt keine Stunde, heißt es, und der emotional Ausgetrockneten kein Ort.
REPLY:
Fluch der Schüchternheit
Tja, liebe Modeste, das ist ein echter Haken – nicht offensiv sein können.
Das Problem kenne ich.
Aber es ist lösbar (meistens).
Im Englischen spricht man ja auch von Conjunctivitis…wenn’s bei Ihnen nicht stets melancholisch-tragisch zuginge, liesse sich dies gleichsam mit einem Schmunzeln sagen oder, um noch ein fuerchterliches Fuellwort zu verwenden, gewissermassen…
REPLY:
Lösbar? Geht so. Ich stehe da ja eigentlich auf dem Standpunkt, die männliche Welt sollte etwas mehr Offensive zeigen, allerdings haut das ja irgendwie nicht hin. Ich hoffe auf eine Renaissance des Mannes. Sollte sich das Modell „Der Mann als Eroberer“ indes weiterhin bockbeinig zeigen, dann
gebe ich doch eine Anzeige in der FAZ aufwerde ich depressiv.REPLY:
Melancholisch-tragisch? Da bin ich jetzt aber überrascht.
REPLY:
Na gut! Zugegeben. Aber sagen wir es so: es ist zumindest ein netter „side effect“! ;o)
Und jetzt ist es Sommer, die Kirmesbuden und Freilichttribünen stehen in voller Pracht, flankiert von üppigem Grün und überbordend vom Geschnatter und Gelächter des sommerlichen Publikums, also genießen Sie die Vorstellung! (Dieser besoffene Depp, er möge den richtigen Nachschuß landen! :-))
Nein! Modeste, Sie machen alles genau richtig! Als notorisch inititativ werdende, seit immer, kann ich Ihnen die Sinnlosigkeit der Offensive nicht laut genug versichern. Man überzeugt, wo man verführt werden könnte, man fordert ein, wo es Geschenke regnen sollte, man erledigt die ganze Arbeit inclusive peinlichem Korb-Risiko und bestärkt die Herren damit bloss in ihrer Eitelkeit. Und man hängt sozusagen immer mit ganzer Oberweite über die Brüstung, obwohl man eigentlich viel eleganter einfach Zeichen lesen oder eben nicht lesen könnte. Und außerdem wird man diese Rolle nicht mehr los in der Beziehung, wenn denn eine folgt, und das ist dann wirklich kein Vergnügen mehr. Souveräne, mutige Männer, die sich etwas einfallen lassen, und zwar extra für Sie, die sich nicht beirren lassen, die Verantwortung übernehmen für Gefühle und Gelüste, warten Sie lieber auf so einen. Ich habe mir im Ernst vorgenommen, nie wieder voranzupreschen.
REPLY:
Da gebe ich Ihnen recht. Ich bin ja selbst eher schüchtern und finde Offensive auch nicht dumm. Aber am Ende des langen Tages, möchte ich natürlich wie jeder Aushilfscowboy die Illusion haben, selbst der John Wayne gewesen zu sein.
Oft ist es die Mischung aus Zeit und Ort – und Überraschung. Männer, die man in die Ecke drängt, reagieren meist nur genervt. Im Zweifelsfall wirkt dann doch wieder das alte Spiel aus Nähe und Distanz, Interesse und Desinteresse.
Andererseits, so ein Typ der bei „RA Schinderhannes, Hannes und Schinder“ arbeitet – den muß man wohl vorladen.
@modeste, „lösbar“, na ja, das ist natürlich aus einer speziellen Perspektive betrachtet:
Der eines von Haus aus schüchtern-passiven Mannes, der darauf angewiesen war,
von offensiven Frauen einseitig angegraben/aufgerissen/abgeschleppt zu werden, bis
er feststellte, dass es solche Frauen immer weniger gibt und daher mühsam lernen
musste, offensiv zu sein.
REPLY:
Frau Casino, Herr Kid – das sind ja mal Neuigkeiten – ich hatte gedacht, irgendwie müsse das doch mal funktionieren – Abwarten generiert keine verwertbaren Ergebnisse, aber die Offensive bringt auch nichts? Den Rest dieses Lebens werde ich in einem mehr oder minder unterhaltsamen Zölibat verbringen? Sie machen mir ja Laune! Und das bei diesem Wetter…
REPLY:
Als Mann vergibt man sich dabei ja auch nichts.
Das erläutere bitte näher!
REPLY:
Von der Offensive würde ich aus den genannten Gründen auch eher abraten. Dem Guten subtil signalisieren, dass seine Avancen nicht unwillkommen wären, scheint mir hingegen auch nicht verkehrt. Eine frühere Freundin machte – um sich bloß ihre Gefühle gegenüber dem Begehrten nicht anmerken zu lassen -, stets so ein Frosties-Gesicht, dass es kein Wunder war, wenn sich der ein oder andere Kandidat dann prompt nicht traute.
REPLY:
Ach, diese wohlfeile Rechtfertigung, die doch an sich recht wohlgeratene X. oder die charmante Y. seien Single, weil sich an attraktive Frauen keiner herantraue. Oder weil viele Männer vor intelligenten Frauen Angst hätten. Diese ganzen Ausreden, man frühstücke nur deswegen allein, weil man zu großartig sei. Tatsächlich mag man großartig sein, aber die Münze, mit der auf dem Basar d´amour gehandelt wird, ist eben nicht dieselbe, die den Wert einer großartigen Freundin oder einer brillanten Anwältin bemisst. Vermutlich – und weil es heute regnet und ich arbeiten muss: Es will einen einfach keiner. Punkt.
REPLY:
Dahinter steht einfach nur ein völlig traditionelles Rollenverständnis: Der Hirsch muss halt rumröhren, um erhört zu werden, schließlich gilt das Prinzip der „female choice“. Da muss es der Hirsch schon abkönnen, wenn er mal vergebens geröhrt hat.
Was ist denn daran so schwer zu verstehen?
REPLY:
Da kann ich mich doch nur wiederholen: „Versucht mich einer zu küssen, und ich will nicht, dann geht er nach Haus, und hält mich für eine Zicke, die ihn ohnehin nicht verdient hat. Versuche ich, einen Mann zu küssen, und er will nicht, dann hält er mich für eine mannstolle Furie und erzählt die ganze Geschichte angewidert allen seinen Freunden.“,.
Und jetzt sag´ nicht, das wäre nicht so.
REPLY:
Nein, das ist nicht so. Ich lebe ja selber heute gar nicht mehr
in der Umgebung, und langsam wird´s wohl auch langweilig,
aber ich habe über ein Jahrzehnt, in einer sehr prägenden
Phase meines Lebens, in einer Szene gelebt, wo diese Logik galt:
„Versucht ein Mann, eine Frau zu küssen, und sie will nicht, muss
er damit rechnen, auf öffentlich plakatierten Steckbriefen mit Foto,
vollem Namen und Adresse wegen sexueller Belästigung geoutet zu werden,
mit Folgen wie lebenslänglichem Hausverbot in allen relevanten Kneipen
der Stadt.“ Und da ist es nicht gerade leicht, als passiver Mann, der zunehmend
keine aktiven Frauen mehr kennt, ein aktives Balzverhalten zu erlernen. Es ist
mir, so hoffe ich doch wohl, dennoch zumindest halbwegs gelungen.
Und versuche ich eine zu küssen, und sie will nicht, dann gehe ich nach Haus
und habe Gewissensbisse, weil ich nicht möchte, dass die das jetzt als Übergriff
versteht. Versucht mich eine Frau zu küssen, und ich will nicht, dann bestätigt
mich das trotz meines Desinteresses an nun gerade dieser Frau in meiner
sexuellen Eitelkeit, und ich erzähle die ganze Geschichte, ohne den Namen dieser
Frau zu nennen, stolz meinen Freunden. Es kann aber auch sein, dass ich mich belästigt
fühle, dann behalte ich die Geschichte für mich.
Es gab eine Zeit, da herrschte fröhliche Orgie, und alle diese Probleme gab es nicht,
aber das ist verschüttet in den mittleren 80er Jahren.
REPLY:
Gewiss, die Währung ist oft eine andere, manchmal ist aber auch einfach das Marketing verbesserungswürdig (wenn man in dieser Sprache bleiben will). Als Mann würde ich – wie im oben geschilderten Fall – eine Frau, die zwar attraktiv ist, aber ein Gesicht zieht wie die Schneekönigin, auch nicht ansprechen, es sei denn, ich bin Polarforscher und kälteunempfindlich.
Vermutlich hat es auch damit etwas zu tun, was man gerade selbst ausstrahlt. Wobei es da auch zu Paradoxien kommen kann: In mich haben sich bisher immer dann gleich mehrere Männer auf einmal verliebt, wenn ich schlimmen LIebeskummer hatte und absolut elend aussah (scheint genau die Beschützerinstinkte zu wecken, die sie sonst bisweilen etwas vermissen lassen). Pech nur, dass ich genau dann dafür gar nicht zu haben war. Schlechtes Timing.
REPLY:
Hoffentlich ist das so. Ich habe neulich beim Aufräumen einen Zettel gefunden, den mir mal jemand vor über einem Jahrzehnt an der Uni zugesteckt hat, den ich aber jetzt erst gelesen habe. Da wollte mich jemand gerne kennen lernen.
Der Zettel ist offenkundig von einem Mann, ich konnte auch noch rekonstruieren, welches Seminar das war, habe aber keine Ahnung, von wem er sein könnte, zumal der Name fehlt. Als ich ihn las, tat es mir schon leid, den Absender unwissentlich und unwillentlich frustriert zu haben, indem ich überhaupt nicht darauf reagiert habe. Nie wird er auf die Idee gekommen sein, dass ich gar nichts von seinem Briefchen wusste, sondern hat in seiner Schüchternheit wahrscheinlich eher angenommen, ich finde ihn uninteressant/doof/unattraktiv.
REPLY:
Ist das mit dem Küssen
denn so ein Problem? Bisher hat mir mein Instinkt/Feingefühl oder was auch immer noch stets den richtigen Moment signalisiert. Ich habe mich auch nie dauerhaft in aussichtslose Verliebtheiten verrannt. Sicher habe ich auch mal die eine oder andere Abfuhr kassiert. Aber mein Urvertrauen, dass sich irgendwann zusammenfindet, was zusammengehört, hat das nicht erschüttert.
Che, ich kann mir nicht helfen, mich erinnert diese Milieuschilderung irgendwie an „Tod eines Märchenprinzen“, dem in lila Sprühfarbe an die Hauswand gesprayt wird: „Auch hier wohnt ein Frauenfeind.“
REPLY:
@mark: Dieses Flachbuch schildert, wenn auch sehr klischeehaft,
die moralischen Normen in der Szene, in der ich großgeworden bin,
allerdings: Als dieses Buch erschien, war diese Szene nicht so. Der
rigide Moralismus ging in meiner Umgebung erst so um 1988 los und
erlebte seinen Höhepunkt
in den frühen 90ern, als die Leute so weit waren, dass auch Männer
meinten, den Satz „Jeder Mann ist ein potenzieller Vergewaltiger“
zum Dreh-und Angelpunkt ihres selbstkritischen Weltverständnisses
machen zu müssen. Ich musste mir bereits für die Benutzung von Rasierwasser
Machismo-Vorwürfe anhören. Allerdings war ich meinerseits tough genug,
in der veganen Volksküche Fleisch zuzubereiten und moralistischen Eiferern zu sagen:
Ja, Ihr habt recht, wir brauchen viel verbindlichere Regeln des moralischen Umgangs
miteinander – wie im Iran 🙂
REPLY:
Che, ich weiß ja nicht – nach einer fröhlichen Orgie hört sich das irgendwie nicht an. Ich habe mir die se*xuelle Libertinage ja immer eher mittelmäßig unterhaltsam vorgestellt, aber das scheint ja wirklich eher anstrengend gewesen zu sein.
Herr Mark, es mag ja sein, dass sich zusammenfindet, was zusammengehört – aber was, wenn nun schlicht nichts und niemand zu einem gehört? Bis zu der letzten Trennung vom geschätzten ehemaligen Gefährten fand sich, seit ich so ungefähr 16 war, immer übergangslos der nächste Richtige, aber gegenwärtig passiert sein Monaten eigentlich nichts! Das ist alles nicht besonders urvertrauenfördernd, und wenn das so weitergeht, gründe ich spätestens im September ein total verheultes Zweitblog auf 20six, wo mich keiner findet.
REPLY:
Unter dem furchtbaren Buch dieser Heulsuse mussten offenbar nicht nur die Leser, sondern auch eine ganze Generation von Männern leiden.
Mich erstaunt allerdings, Che, dass sowas Ender der 80er, Anfang der 90er nicht schon längst durch war.
REPLY:
Damals war´s
Die fröhliche Orgie mit sexueller Libertinage gab es ja auch, aber das war bis 88,
streckenweise und zwischendurch auch nochmal in den 90ern. Als der Tod des
Märchenprinzen erschien, schüttelten wir über das Buch die Köpfe, und gut war´s.
In meiner Lebenswelt ist erst durch Schwarzers/Dworkins PorNO-Kampagne 1988 und das
kurz darauf stattfindende Outing von Vergewaltigern in der Szene (die teilweise keine
waren) die große Sexismus-Debatte hochgekommen, die dann inquistionshaften
Charakter annahm. Mitte der Neunziger schwappte das allmählich wieder ab, aber
die lustvolle Unbefangenheit und erotische Offenheit, die in meinem Szene-Umfeld
Mitte der Achtziger geherrscht hatte, sollte sich nie wieder einstellen. Und, liebe
Modeste, ich weiß ja nicht, ob Dich das nun gerade tröstet, aber ich bin es mein Leben
lang gewohnt, über Jahre Single zu sein, zwischendurch auch mal wieder liiert
(momentan wieder solo), ich habe mich damit abgefunden, dass bei mir seit Monaten
nichts passiert(einen One-Night-Stand mit einer Freundin aus alten Zeiten, zu dem es
keine Fortsetzung gibt, zähle ich nicht dazu) , und manchmal überlege ich mir, ob es
nicht vernünftiger wäre,
mich ganz allgemein darauf einzustellen, dass meine in Liebesdingen aktive Zeit einfach
vorbei ist. Und dann sehe ich einen meiner besten Freunde, 10 Jahre älter als ich, der
gerade glücklich frisch verliebt ist. Nein, mach kein Heulsusenblogg auf, bleib lieber
hier! Ich jedenfalls mag Dich zu sehr, als dass ich mich mit der Vorstellung anfreunden
könnte, Dich in Tränen versinken zu sehen, und da bin ich nicht der Einzige.
Es klingt seltsam, wenn ich Dir das auf Deinem eigenen Blogg sage, dennoch: Bleib bei
uns!
REPLY:
Damals war´s
Die fröhliche Orgie mit sexueller Libertinage gab es ja auch, aber das war bis 88,
streckenweise und zwischendurch auch nochmal in den 90ern. Als der Tod des
Märchenprinzen erschien, schüttelten wir über das Buch die Köpfe, und gut war´s.
In meiner Lebenswelt ist erst durch Schwarzers/Dworkins PorNO-Kampagne 1988 und das
kurz darauf stattfindende Outing von Vergewaltigern in der Szene (die teilweise keine
waren) die große Sexismus-Debatte hochgekommen, die dann inquistionshaften
Charakter annahm. Mitte der Neunziger schwappte das allmählich wieder ab, aber
die lustvolle Unbefangenheit und erotische Offenheit, die in meinem Szene-Umfeld
Mitte der Achtziger geherrscht hatte, sollte sich nie wieder einstellen. Und, liebe
Modeste, ich weiß ja nicht, ob Dich das nun gerade tröstet, aber ich bin es mein Leben
lang gewohnt, über Jahre Single zu sein, zwischendurch auch mal wieder liiert
(momentan wieder solo), ich habe mich damit abgefunden, dass bei mir seit Monaten
nichts passiert(einen One-Night-Stand mit einer Freundin aus alten Zeiten, zu dem es
keine Fortsetzung gibt, zähle ich nicht dazu) , und manchmal überlege ich mir, ob es
nicht vernünftiger wäre,
mich ganz allgemein darauf einzustellen, dass meine in Liebesdingen aktive Zeit einfach
vorbei ist. Und dann sehe ich einen meiner besten Freunde, 10 Jahre älter als ich, der
gerade glücklich frisch verliebt ist. Nein, mach kein Heulsusenblogg auf, bleib lieber
hier! Ich jedenfalls mag Dich zu sehr, als dass ich mich mit der Vorstellung anfreunden
könnte, Dich in Tränen versinken zu sehen, und da bin ich nicht der Einzige.
Es klingt seltsam, wenn ich Dir das auf Deinem eigenen Blogg sage, dennoch: Bleib bei
uns!
übergangslos…
Frau Modeste, mit Verlaub: Kann es sein, dass Ihr (diesbezügliches) Urvertrauen sich zu sehr darauf begründet hat, dass Sie, seitdem Sie so ungefähr 16 waren, immer übergangslos den nächsten Richtigen gefunden haben (Zitat)? Für mich heisst das, es war immer genügend willige und qualifizierte männliche Auswahl vorhanden, und die Männer fielen Ihnen gewissermassen zu. Dann (und überhaupt) verstehe ich Ihre Unrast und Ihren Unmut.
Als Mann bin ich es mir quasi ex officio gewöhnt, dass mich keine Frau beachtet/anspricht, wenn ich mich nicht drum tue, und das ist wirklich zermürbend. Aber ich hatte genügend Zeit, mich daran zu gewöhnen und anderweitiges Vertrauen aufzubauen. Ich hoffe sehr, Ihnen bleibe dies bald wieder erspart!
Nun: Offensiv zu sein ist gut, ob von Männern oder von Frauen, schliesslich wollen wir alle Partner/innen, die wissen und mitteilen, was sie wollen. Wichtig ist meiner Meinung nach nur, dass ‚offensiv‘ nicht mit ‚eindeutig‘ gleichzusetzen ist: Die Initiative zu ergreifen muss nicht heissen, dass ER gleich weiss, worum es geht.
Ich setze meiner eigenen Schüchternheit immer öfter entgegen, dass ich zwar einen Korb riskiere, danach aber wenigstens ein quälendes Problem losgeworden sein werde, was eben auch verlockend ist und manchmal (immerhin!) den Ausschlag gibt.
Im Übrigen: Nicht alle Männer denken automatisch ‚Schlampe‘, wenn Sie sich an sie annähern. Und jene, die’s tun, können Sie getrost vergessen, die sind nicht nur erzpatriarchalisch, sondern vor allem fehlt ihnen ein gutes Stück Selbstvertrauen. Was kümmert’s Sie also…?
Edit: Schliesslich möchte ich Partei gegen jegliche feste Rollenzuteilung in der Anmache (Frau muss das, Mann muss das…) ergreifen! PGJFRIDA
REPLY:
@ che: fand Dein Posting bei einem zufälligen Streifzug.
„und manchmal überlege ich mir, ob es
nicht vernünftiger wäre,
mich ganz allgemein darauf einzustellen, dass
meine in Liebesdingen aktive Zeit einfach
vorbei ist.“ – als Enddreißiger bist Du natürlich schon
so weit, dass Dein Fleisch und Deine Knochen allmählich
anfangen zu riechen, wie?? 🙂
@modeste:
„Seit Monaten nichts“ ??? Aber nehmen Sie es mir nicht übel, das ist (noch dazu in Ihrem zarten Alter) allenfalls ein Wimpernschlag gegen den nachgerade biblischen Äon von über sieben Jahren Singledasein für nen älteren Herrn wie mich. Aber ich will das eigentlich nicht gegeneinander aufrechnen. Ich will damit nur sagen, dass Sie die nächste Stufe der Zweisamkeit vielleicht erst erklimmen können, wenn Sie die Übung des Alleinseins erfolgreich absolviert haben…
REPLY:
Das Leben ist also doch so eine Art Prüfungsparcours, und gerade stehen Exerzitien in „Es auch alleine aushalten“ an? Heilige Seekuh, das kann ja noch was werden. Wann, wenn man mal so fragen darf, hat man die Übung denn erfolgreich absolviert und bekommt den Schein? Reicht rein körperliche Teilnahme? Muss man aktiv was machen und sich beteiligen?
REPLY:
Hm,
wenn ich das erfolgreiche Absolvieren der Exerzitien so einfach per Ferndiagnose feststellen oder zeitliche Kostenvoranschläge machen könnte, werte Frau Modeste, dann wär ich kein brotloser Blogger, sondern hochbezahlter Internet-Guru.
So schlecht scheinen Sie sich auf dem Prüfungsparcours aber nicht zu schlagen – sonst hätten Sie sich ja vielleicht schon aus lauter Verzweiflung schlagenden Verbindungstypen an den Hals geworfen, die Bekannte Ihnen andienen wollten.
Ansonsten ist das Erreichen einer gewissen Gelassenheit ja überhaupt eine Aufgabe, die den Schweiß der Edlen lohnt. Warum also verkrampfen, nur weil gerade mal ein paar Monate hormonelle Flaute herrscht? Sie sind doch noch gar nicht in dem Alter, wo das Ticken der biologischen Uhr so laut ist, dass es eine vernünftige Unterhaltung unmöglich macht, oder?