Berlin, liebe Leserinnen und Leser, bietet vielerlei Attraktionen, und von den Kroatischen Kulturtagen bis hin zu einem regen Vortragswesen, welches dem geneigten Besucher etwa die Zubereitung von Moorschnucken oder das Innere des kretischen Wohnhauses nahebringt, haben Besucher wie Einheimische vielfältige Möglichkeiten, ihre Freizeit ebenso interessant wie lehrreich zu verbringen. Sofern Sie in Berlin wohnen, haben auch Sie daher sicherlich einen eng gefüllten Terminkalender, indes möchte ich nicht versäumen, Ihnen eine Attraktion des an Sensationen reichen Bezirks Mitte besonders ans Herz zu legen.
Als ein regelmäßiger Besucher der Lesungen, welche das freundliche Fräulein Wortschnittchen und ich gelegentlich zu veranstalten pflegen, ist Ihnen das Café LassunsFreundebleiben natürlich ohnehin ein Begriff, und vielleicht kaufen auch Sie Ihre Lebensmittel regelmäßig dort um die Ecke im Kaisers Markt am Teutoburger Platz, den aufzusuchen ich Ihnen hiermit wärmstens empfehle.
Betreten Sie also den Markt, durchqueren die äußerst mittelmäßige Gemüseabteilung, streben entlang der Kühlregale dem hinteren Ende des Selbstbedienungsmarktes zu und bleiben vor der hintersten Tiefkühltruhe stehen. Hier können Sie gefrorene Enten kaufen, ganzjährig sind Teile von Hirschen und Gänsen erhältlich, Hühner aller Größen und Beschaffenheit warten auf den Geflügelfreund, und so stand auch ich letztlich vor dem Tiefkühlfleisch und erwog den Kauf eines Suppenhuhnes. Rechts von mir lagen also die Hühner. Links aber lag ein Schwein. Ein Ferkel, genau gesagt, etwa einen halben Meter lang, unzerteilt, wie Spanferkel zu sein pflegen, und mit Kräutern eingerieben.
Die Augen hatte man dem armen Tier entnommen, die Ohren lagen angelegt, und der Rüssel streckte sich dem oberen Rand der Tiefkühltruhe entgegen, als wolle das Schwein nach Luft schnappen. „Da liegt ein ganzes Schwein.“, sprach ich ein wenig irritiert zum geschätzten Gefährten, und strich mit der Hand über des Ferkels Flanke. „Spanferkel. € 153.“, stand auf dem Schild, das auf der Plastikumhüllung des Ferkels prangte, und für einen kurzen Moment, einen sehr kurzen Moment, überlegte ich, maß das Schwein von vorn bis hinten mit meinen Augen, um festzustellen, dass es sicherlich nicht in den häuslichen Backofen passen würde. Außerdem mag ich kein Schweinefleisch, was gleichfalls gegen den Kauf zu sprechen schien.
„Vielleicht grillen und Leute einladen?“, unterbrach der J. meine Überlegungen. „Willst du das essen?“, fragte ich, und versuchte, das Schwein anzuheben. „Ach was.“, wies der J. den Verzehr des Schweines zurück, und wandte sich ab. Das Schwein sah uns mit gefrorenem Blick hinterher auf dem Weg zum Käse.
„Das Schwein ist immer noch da!“, rief der J. mir selbigen Ortes eine Woche später zu, und berührte das tote Tier vorsichtig mit einem Fingernagel. „Tatsache!“, sprach ich, und überlegte, welcher Art wohl der Kunde sein müsste, der dieses Tier kaufen und zubereiten würde.
Am Samstag drauf aber weilte ich fernab der Stadt, ging nicht einkaufen, und so kann ich nicht versprechen, dass sich das Schwein nach wie in der Tiefkühltruhe befindet, wenn Sie zum Teutoburger Platz fahren, um den wohl einzigen Supermarkt der ganzen Stadt aufzusuchen, der bewogen von Gott-weiß-welchen Überlegungen ganze Spanferkel ins Sortiment aufgenommen hat, was beinahe so erstaunlich ist, wie wenn jemand dieses Tier tatsächlich kaufen würde und brät.
Sollten Sie sich der Sache annehmen, schreiben Sie mir einfach eine Mail. Ich komme dann vorbei und werde Sie und das Schwein photographieren.
na wenn man einmal in diese augen geblickt hat, ist ja wohl klar, dass man keine ganzen schweine essen kann, oder?
REPLY:
das tiefkühlschwein hat aber doch entnommene augen, das kann gar nicht mehr gucken. da kann man es ja vielleicht doch essen.
Sollte mich das Schicksal alsbald wieder in diese pittoreske Ecke ver-schlagen, werde ich bei Kaisers prompt zu-schlagen. Ein Königreich für einen solchen Schweinetext. 🙂
ich habe unlängst die gelegenheit ausgelassen, ein in betrieb genommenes spanferkel zu fotografieren. es war auf einen spieß gespießt (wie spieße das üblicherweise mit sich tun lassen) und seine schweinehaut war rautenförmig eingekerbt, was mit mehr übelkeit verursachte als saw 1, 2 und „hostel“ im triple feature. ich schwankte – zunächst wegen der übelkeit, dann im abwägen „kamera holen oder nicht“. und schwankte dagegen. der gedanke, ein digitales foto solchen inhalts in meiner kamera, und – viel schlimmer- später auf meinem blog zu haben, wäre mir wie eine beschmutzung vorgekommen. insofern bin ich dankbar und erleichtert, dass sie, mademoiselle modeste, sich des themas erbarmt und es noch dazu geschmackvoll aufbereitet haben.
Dassds es olle koa Schweiners net megts. Wos sadsn es fia komische Leit?
Ooooch, wir hatten schon überlegt für kommenden Samstag eventuell auf ein Spanferkel zurück zu greifen, nur scheint mir dieses Tier hier zu lange tot. Und nur Rinderfleisch wird besser, wenn es ordentlich abgehangen ist. Naja, ob es nun ein und dasselbe war oder nicht – an der Augenfarbe lässt es sich wohl nicht erkennen, oder?
Beim Türken neulich lagen Reihe an Reihe bildschön abgezogene Lammköpfe im Kühlregal, auch hübsch anzusehen.
Sei’s drum, dann bastele ich eben doch weiter an den vegetarischen Antipasti …
Nicht umsonst mein Lieblingssupermarkt. Immer für kulinarische Wundertüten gut. Komisch, dass wir uns dort noch nie getroffen haben, werte Modeste. Wo ich doch so oft einkaufen gehe und so supergerne koche.
REPLY:
Preissn.
REPLY:
dann erst recht!
REPLY:
Saupreissn…!
REPLY:
Des Gschwerl.
REPLY:
Seh ich auch so. Aber warum hastn du eigentlich des Schweinderl net kauft, wennst da auch immer hingehst, Burnse?
Ich, liebe Frau Saoirse, habe normalerweise mit dem Verzehr augenbesitzender Tiere gar keine Probleme, und gestehe, auch lieber Kühe zu essen, die mal Augen hatten, als jene, bei denen das nicht der Fall gewesen sein sollte. Das würde mich dann doch etwas beunruhigen. Schweinefleisch mag ich aber schlichtweg nicht, insoweit geht Frau Engls Einwand völlig an mir vorbei.
Was den verehrten Rationalstürmer angeht, so wird der Preußenvorwurf noch Folgen haben, sollten Sie sich auf dem Blogmich sehen lassen – kommt da eigentlich überhaupt irgendwer? Was ist eigentlich mit Monsieur Burnston? Und wird er das Schwein kaufen und mitbringen? Und natürlich kochen, begabter Hobbykoch, als den die Welt ihn kennt? – Dem Ole sollte aber, wer auch immer das Tier erstehen wird, ein Lendenstück aufbewahren, der hat es sich verdient. Wie heißt die Diplomarbeit jetzt eigentlich? Gab es da nicht einmal eine Umfrage?
Was Bilder angeht, lieber Glam, hätte ich eine Abbildung des Tieres auch als äußerst erschreckend bewertet. Nicht ganz so erschreckend wie Creezys Hammelköpfe, aber immerhin ausreichend, um für Stunden an einer ausgesprochenen Appetitlosigkeit zu leiden. Kommt selten vor bei mir.
REPLY:
Ich weiß schon, warum ich an diesem Blogmich nicht teilnehme. Womit keinesfalls meine Satisfaktionsfähigkeit in Abrede gestellt sei, denn der Preussenvorwurf kam ja ursprünglich von meinem geschätzten Landsmann Burns. Dem müssen Sie den Fehdehandschuh hinwerfen. Sekundieren tu ich natürlich gern.
Die Diplomarbeit, die in diesem Fall ausnahmsweise eine Magisterarbeit gewesen ist, hört auf den verblüffend knackigen Titel „Wandlungen interpersonaler Echtzeitkommunikation. Über Transformationsprozesse im Wahrnehmungs- und Beziehungsgefüge von der Face-to-Face-Kommunikation bis zum Chat“. 🙂
ich
kauf meine ganzen schweine immer beim biobauern oder bei meinem schwager, wenn diesem mal eines, statt einer katze (uih, da hab ich den felix erschossen) vor die flinte gelaufen ist. fotografieren können sie mich aber trotzdem. mit oder ohne schwein gebe ich zweidimensional eine hilflose figur ab. lohnt sich.
Schade, Herr Rationalstürmer, ich hätte Ihnen ja gern einmal die Hand geschüttelt. Und ob nun Magister- oder Diplomarbeit – ich gratuliere, lieber Ole zur Abgabe, und kann den Kauf von Bio-Schweinen, Herr Haase, selbst dann nur gutheißen, wenn ich keine esse.
Wie hatten so ein 25kg Exemplar am Samstag auf dem Drehspiess – bei der Feuerwehr. Wenn es gut gemacht ist, schmeckt es vorzüglich. Aber das Grillen ist eine Kunst. Das Tier ist ja nicht überall gleich dick. Zu wissen, welche Bereiche mehr oder weniger Hitze brauchen – dazu braucht es reichlich Erfahrung. Sonst wird aus der Sau schnell ein schwarzes, zähes Etwas.