Oktober, 13

In gewisser Weise finde ich Kochblogs deprimierend. Die Sachen sehen immer so verdammt gut aus. Allein schon der Gedanke, dass die ganz normalen Leute, die diese Blogs haben, die Rezepte, die ich in Kochbüchern und -zeitschriften immer als viel zu aufwändig verwerfe, tatsächlich und wirklich kochen, macht mich irgendwie fertig. Ich fühle mich mit meinen 15 Minuten Rezepten dann immer ein bisschen so wie diese in jeder Hinsicht aus dem Leim gegangenen haltlosen Leute mit Unterhemd und ohne Job, die vom Sofa aus ab und zu in die Küche schlappen, um sich tiefgefrorene Hot Dogs in dee Mikrowelle aufzuwärmen und ihren Kindern ein frisches Glas Hipp aufzumachen.

Tatsächlich würde ich von mir sogar behaupten, Kochen zu können. Es ist auch nicht so, dass ich Fertigessen kaufe, wenn man mal von frischer Pasta absieht. Ich koche aber eigentlich immer dasselbe, also so eine Mischung aus Gerichten, die ich halt kenne, wie Gulasch oder Bouletten oder Kürbissuppe, und ein paar international anmutenden Gerichten, die schnell gehen wie rotes Curry aus Currypaste und Kokosmilch oder irgendwas Pfannengerührtes mit Sojasauce und so. Im Ergebnis schmeckt es, glaube ich, bei mir, aber ich besitze schon die Hälfte der Kochutensilien nicht, die Leute offenbar so haben, und irgendwie wüsste ich auch nicht, wann ich das Essen machen könnte, das man woanders manchmal so sieht.

Ich habe früher eigentlich angenommen, dass das den meisten Leuten so geht. Dagegen spricht aber, dass ja nicht jeder, der richtig gut kocht, auch gleich foodblogt. Möglicherweise verhält es sich andersrum: Die meisten Leute, die überhaupt kochen, also alle, abzüglich derjenigen im Unterhemd, kochen halbwegs modern und originell. Ein paar von denen dokumentieren das auch auch im Netz. Ich allein bin der letzte Saurier. In meiner Höhle gibt es Essen, das aus nicht mehr als drei Zutaten besteht und nie länger als 20 Minuten für die Zubereitung braucht.

(Nun denn: Es gab gestern abend Tofu mit Zucchini und einer Sauce aus Kochujang, Sojasauce, Zucker und dazu Gurken und Reis. Heute brate ich Merguez mit Fladenbrot, Hummus und so Auberginenzeug. Die J. kommt. Dann trinken wir einen auf die Saurier. Mögen sie noch lange leben und kochen.)

11 Gedanken zu „Oktober, 13

  1. Hier ist noch ein Saurier – ich habe ja nicht nur keinen Foodblog, ich habe gar keinen Blog!!!
    Und Bouletten in Berlin kann nie falsch sein. *grins*

  2. REPLY:

    Erleichterung. Manchmal fühlt man sich ja schon ein bisschen zurückgeblieben. Übrigens deutlich mehr, als wenn Köche Kochbücher veröffentlichen. Da denkt man ja, das sei deren Job.

  3. REPLY:

    Bouletten sind meistens super. Wenn kulinarisches Hochstaplertum gefragt ist, dann nehme ich Lammhack und Koriander und Kreuzkümmel und so und mache Minzjoghurt dazu. Das wirkt dann einigermaßen modern. Ganz unter uns gibt es dagegen Pilzsauce und Kartoffelbrei. Und grünen Salat.

  4. Von Montag bis Freitag gibt es hier nur Dinge, die nicht länger als 30 min. vom Beginn der Zubereitung bis zu dem am Tisch sitzen und essen dauern. Und nicht mehr als 2 Töpfe schmutzig machen. Wir sind viele :).

  5. wir sind nur zwei, aber trotzdem ist es bei uns von montag-freitag wie bei excellensa über mir. dafür geht es am wochenende dann gerne mal rund. mit einem fläschen wein oder sekt schon während dem kochen. da ist dann eben der weg das ziel.
    und ich gehe einfach davon aus, dass nicht jeder kochblogger jeden tag die ganz große kelle schwingt.
    im übrigen gibt es auch originelle, moderne gerichte, die schnell gehen und nicht viel arbeit machen. es liest sich hier ja ein wenig so, als würde das eine das andere ausschliessen.
    ab und zu mal hier reinschauen ist auch erfrischend:
    http://kochenmitschwadroneuse.twoday.net/
    🙂

  6. Ich kann das schon nachvollziehen, dass Foodblogs irgendwie deprimieren. Trotzdem gibt es ja eine große Leserschaft, die sich allein in Deutschland auf annähernd 800-1000 Blogs verteilt (wenn man die „Brigitte“-Zahlen von 2011 zugrunde legt).
    Diese Leute sind alle offensichtlich nicht deprimiert.

    Wenn man nun noch die Kochshows im TV dazu zählt, dann wird offensichtlich, dass es ein Riesenbedürfnis nach „gemeinsames kuscheln am Herd“ gibt.
    Ein anderes Gefühl erzeugen Foodblogs bei mir jedenfalls auch nicht.

    Ich betrachte meinen Blog als Online-Rezeptbuch, und da ich zu den etwas zwanghaften Typen gehöre, muss es halt auch schön sein.
    Und alles was nicht gut war, wird auch nicht veröffentlicht.

    Mit leckerem Gruß,
    Peter

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