Dienstag, 7. Juli

Irgendwo auf der Welt, da bin ich mir sehr sicher, sitzt gerade ein Kerl herum und denkt über die Revolution des Spamfilters nach. „Es gibt doch“, sagt er sich, „Korrespondenzen, die sind zur Hälfte total obsolet. Und nervig dazu. Da schreibt etwa die Tante M. ihrer Nichte, was die zu tun und zu lassen hat. Dabei weiß es die Nichte sowieso besser. Ganz ausblenden kann man die Tante M. aber auch nicht. Denn alle drei E-Mails ist doch was Wichtiges dabei. Oder die Mail an alle Kollegen im Büro: Dass ein fünfter Mann für eine Schwimmstaffel gesucht wird, will Couchkartoffel K. gar nicht wissen. Dass die graue Maus aus der Registratur ein hellgraues Sofa und einen dunkelgrauen Tisch abzugeben hat, aber vielleicht sehr wohl. Da wäre es doch ganz gut, wenn man extrem personalisiert nur das sieht, was einen richtig interessiert, und alles andere landet im Ordner Spam.“

„Letztlich“, grübelt der Kerl weiter, „ist das gar nicht so schwer zu programmieren. Da kann man doch die Lesegeschwindigkeit messen. Oder unterscheiden, ob jemand was angeklickt hat. Bestimmte Suchbegriffe sind vielleicht auch ganz hilfreich. Vorbeikommen zum Grillen wäre etwa zu zeigen. Auch mal denken an später oder Rentenzusatzversicherung aber eher nicht.“

Weil der Kerl, der da irgendwo sitzt, ein sehr schlauer Kerl ist, viel schlauer als ich, geht er schon morgen in sein Büro, das bestimmt so ein ganz modernes Büro ist, und programmiert irgendwas, was es spätestens bei meinem übernächsten Telefon serienmäßig einfach gibt. Leicht und angenehm wäre die Welt. Irritierende oder gar ärgerliche Korrespondenz würde ganz und gar im Ungefähren verschwimmen. Heftig beneide ich mein späteres Ich um diese App, die „Calmail“ oder „RIPMail“ heißen könnte oder so. Sehr beeilen soll sich der schlaue Kerl mit den guten Ideen, rufe ich laut in den elektronischen Äther, optimal lässt er sich noch heute nacht etwas einfallen …

… denn mein Sohn, der F., geht noch drei Jahre in die Kita, und die Korrespondenz im Elternverteiler halte ich ohne diesen Filter vermutlich keine sechs Monate mehr aus.

5 Gedanken zu „Dienstag, 7. Juli

  1. Mail-Elternverteiler sind gegen echte Real-Life-Elternversammlungen ein warmer Regen. Besonders wenn es z.B. um Klassenfahrten geht. Und da wird echte Lebenszeit verbrannt! Genießen sie den Mail-Verteiler und filtern sie großzügig nach Namen.

    1. Ich frage mich immer wieder, wie Leute so etwas so ernst nehmen können, wenn doch in jeder Zeitung steht, am Ende hängt der Bildungserfolg doch bloß an den Eltern.

      1. Wie immer ist es natürlich nicht so einfach. Ich sehe gerade wie der Bildungserfolg eines pfiffigen Jungen in der Bekanntschaft mit beispielhaftem familiären Umfeld daran krankt, daß sein Schulfreund Ayhan einen größeren Einfluß ausübt als alle anderen zusammen. Leider ist der Einfluß negativ. Letzte Hoffnung: Schulwechsel.

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