Von der X hört man, sie lebe jetzt allein mit den Kindern, und vom Y, er suche gerade eine Wohnung. Der Z ist gerade nach Neukölln gezogen, um dort in Bars gerammelt voller zwanzig Jahre jüngerer Hipster seine vermutlich mindestens zweite Jugend zu suchen. Alle miteinander verstopfen den ohnehin derzeit etwas strapazierten Berliner Wohnungsmarkt, streiten sich um Geld, Kinder, Freizeit, Sommerhäuser und die Deutungshoheit über die vergangenen zehn Jahre, und bisweilen verwechsele ich beim teilnahmsvollen Zuhören die nie rechtzeitig abholenden Exmänner, die nur auf Zuruf Kinderschuhe kaufen, und trotz Trennung und Scheidung immer noch leben wie die Maden im Speck, während die gebeutelten Frauen zwar die Wohnung behalten, aber ohne Putzfrau den Kindern nun Nudeln bei Lidl kaufen müssten.
Die Männer, so hört man, sind allesamt nach zwei Jahren wieder in festen Händen und bekommen nach vier Jahren mit jüngeren Frauen weitere Kinder, vermutlich, um sich nun nicht mehr auf den Spielplätzen von Prenzlberg, sondern auf denen von Neukölln zu langweilen. Die Frauen treffen mehr oder weniger reizende Männer, ziehen mal zusammen oder auch nicht, und leben ebenfalls, wenn ich es richtig sehe, nicht wesentlich anders weiter als zuvor. Da sitzen sie dann also alle beim Wein, fünf Jahre später: Selbes Leben, anderer, oft recht ähnlicher Partner, nur die Vermögensverhältnisse und die Wochenendorganisation sind ein bisschen schwieriger geworden.
Puh, denke ich dann bisweilen, während ich den X, Y und Z zuhöre. Mühsam klingt das. Und irgendwie gar nicht so arg oft, als habe sich der ganze Ärger und das viele Geld so wirklich gelohnt. Hätte nicht doch die X bei ihrem etwas schusseligen Erstehemann bleiben sollen? Der hätte zwar bis heute nie ohne Zuruf Geburtstagsgeschenke gekauft oder Kuchen fürs Kitasommerfest gebacken, und auch nur unter Androhung von ernsten Sanktionen die Kinder zweimal wöchentlich morgens zur Schule gebracht. Allerdings ärgert sich die X doch bis heute über diesen, nun die gemeinsame Ausübung des Sorgerechts betreffenden Misstand, aber damals, während sie noch verheiratet war, ärgerte sie sich immerhin deutlich besser finanziert und mit Putzfrau und einem vernünftigen Wagen ausgestattet. Hätte nicht auch der Y einfach in der schönen, geräumigen, Fünfzimmerwohnung in Mitte bleiben sollen, statt nun beengt in zwei Zimmern in Moabit zu hausen und seinen Sohn nur noch zweimal die Woche zu sehen, der ihn derzeit zudem leider hasst? Warum also nicht einfach in freundlicher Distanz verheiratet bleiben, sehr höflich miteinander sein, zwei Schlafzimmer unterhalten, bisweilen sich auf diskreten Abwegen ein wenig amüsieren, weil so ein Dasein ganz ohne Liebesleben ja auch nicht zumutbar ist, und in gepflegter Gleichgültigkeit so lange nebeneinander herleben, bis man wieder halbwegs miteinander befreundet ist. Und vielleicht wird ja irgendwann auch mal wieder mehr draus.
(Aber zugegeben: Ich möchte das auch nicht.)

