Die Ehe also. Eigentlich eine lustige Institution. Da heiraten sich also zwei mit den besten Vorsätzen, fortan gemeinsam ihr Leben zu fristen, und das auch noch dauerhaft. Ein liebenswürdiger Herr zum Beispiel, der es gern ruhig hat, je ruhiger umso besser, gern so ein bisschen wie ein Kartäuserkloster mit angeschlossenem Friedhof, nur ohne Glockengeläut und mit besserem Essen. Und eine, die es eigentlich gern laut, bunt und lustig hat, so ein bisschen wie ein italienischer Marktplatz. Im Alltagsleben, das werden Sie mir bestätigen, ist das alles kein Problem, soll er doch schweigend Golf spielen und sie kann es andernorts krachen lassen, aber im Urlaub, im Urlaub wird es nicht einfach.
Sie beispielsweise verbringt eigentlich nicht so gern mehrere Tage am selben Ort. Kleines Gepäck, jeden Tag etwas Neues, morgens ein Kreuzgang, abends eine Ruine und nachts irgendwo auf einem Platz etwas Gutes essen und zu viel Wein. Dann in die nächste Stadt. Gern viele Leute. Er schätzt dagegen sehr aufgeräumte, komplett geräuschlose Resorts in ruhigen Farben, gern geschmückt mit Porzellan und ausgestopften Tieren, auf keinen Fall unbekleidete oder tätowierte oder gar unbekleidete, tätowierte Leute um ihn herum, und um nichts in der Welt die öffentliche Darbietung von Tanz und Musik und, wenn möglich, keine Buffets, die anderen Menschen die Gelegenheit geben, sich schlecht zu benehmen.
Natürlich sind diese Vorstellungen der perfekten Reise im Grunde unvereinbar. Getrennt zu verreisen ist indes auch nicht im Sinne unseres sich an sich herzlich zugetanen Paares, das sich also über die Jahre hinweg in ein stets fragiles Reisegleichgewicht begibt, in dem entweder er die stetigen Ortswechsel bejammert oder sie sich von Tag zu Tag absehbar mehr langweilt, bis er irgendwann an ihrer Seite freundlich kapitulierend Basare, Kathedralen oder Museen besucht und ab und zu leise, aber abgründig stöhnt.
Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen Sie sich dieses Paar also vor. Es sitzt augenblicklich am Meer, das gemeinsame Kind, der freundliche F., planscht im Pool, auf einer nahegelegenen Liege ruht er und liest. Sie liest auch, dahingestreckt auf ein unweit belegenes Sofa. Ab und zu sieht er sie besorgt an. Bis jetzt ist es ruhig, aber wie mag das aussehen, wenn sie sich erst mal richtig ausgeschlafen hat? Wo mag sie ihn diesmal hinzerren, wo Leute lärmen und überhaupt schwitzende, unförmige, mit Camp David Achselshirts bekleidete Leute sind? Ab und zu, natürlich nur, wenn er nicht hinschaut, mustert auch sie ihn mit einem Gran Besorgnis. Er wirkt verhältnismäßig aufgeräumt, wie er da so liegt, aber dieses leichte Zucken seiner Brauen jedesmal, wenn das gemeinsame Kind im Pool anfängt zu singen? Nur der F., nicht gewahr der elterlichen Sorgen, planscht und schwimmt unverdrossen hin und her, singt fröhlich ein Lied über Shaun das Schaf, sich immer wieder selbst unterbrechend mit dem Ausruf „ach ja, leise!“, bevor er heiter unterm ägäischen Himml weitere Runden zieht und das Dinner erwartet.