Schlecht wäre eine unzutreffende Zustandsbeschreibung, aber gut wäre gelogen. Geht so trifft es halbwegs, auch wenn ich gar nichts sagen könnte, weshalb, immerhin habe ich frei, diese Woche, also was nun …. aber sehen Sie selbst:
Zunächst erzählt mir der Tierarzt für 79 Euro, dass meine Katze zu fett sei und Bluthochdruck habe. Um das herauszufinden, wickelt er dem armen Tier eine Manschette um den Schwanz, die Manschette bläst sich auf, und auf dem Laptop erscheint die Kreislauftätigkeit meiner schwarzen, nur ganz leicht übergewichtigen Katze, die sichtbar unglücklich auf dem Behandlungstisch sitzt. Ich kann das gut verstehen. Ich höre auch nicht gern, dass ich zu dick geworden bin. Tatsächlich habe ich im Zuge meiner Zigarettenminimierung zu Anfang des Jahres drei Kilo zugenommen, die nun nicht wieder verschwinden wollen, auch wenn ich abends meistens Salat esse oder eine Suppe, die mir kalorienarm erscheint. Ich fühle mich wie eine Qualle.
Unwesentlich später ruft meine Tante an. Meine Tante meldet sich eigentlich immer nur, wenn irgendetwas nicht so gut gelaufen ist, diesmal geht es um einen Reisemangel, ein Flug ist verschoben worden, und meine Auskunft, dagegen könne man aus meiner Sicht nicht viel tun, wird dreimal hintereinander als höchst unzureichend bezeichnet. Das könne doch nicht sein. Ich rede ihr aus, die Lufthansa zu verklagen, dann lege ich auf. Minuten später klingelt ein Mann, der mich für eine Religionsgemeinschaft zu gewinnen sucht. Ich gehöre keiner solchen Vereinigung an, ich interessiere mich nicht so für transzendente Angelegenheiten, aber der Mann beharrt darauf, es sei wichtig. Ich öffne die Tür trotzdem nicht. Ich fühle mich müde.
Um das Quallenproblem zu bewältigen, mache ich mir einen Salat. Leider gerät etwas viel Essig in die Schüssel, der Salat schmeckt eigentlich nur sauer, aber etwas anderes ist nicht da. Die Tiefkühltruhe muss ich abtauen, fällt mir auf, aber dazu habe ich keine Lust.
Später fahre ich erst zu Dussmann und dann nach Kreuzberg. Bei Dussmann schlängele ich mich vorbei an Massen von Büchern, deren Autoren sich in fettgedruckter Empörung üben. Auf nahezu jedem Titel werden „wir“ ausgenommen, für dumm verkauft, müssen für irgendwelche anderen Leute zahlen, die als dumm, verkommen, gierig oder in sonstiger Weise unangenehm geschildert werden. Es scheint einen riesigen Markt für selbstgerechte Frustration zu geben, und ich schaue mich interessiert und etwas angewidert um, wer nach diesen Machwerken greift. Aus irgendwelchen Gründen, vermutlich haltlosen Vorurteilen, nehme ich stets an, die Käufer seien männlich und wählen FDP. Ich selbst kaufe einen Nabokov und Kurzgeschichten von Henry Miller.
Irgendwann sitze ich in Kreuzberg und helfe einer Bekannten beim Verfassen von Schriftstücken zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen ihren ehemaligen Freund. Im Hintergrund brüllt sonor und nicht unähnlich diesen afrikanischen Tröten ihr Säugling, nach einer Weile bekomme ich Kopfschmerzen, also so einen leichten Druck auf den Schläfen, und irgendwann haue ich sehr erleichtert ab und fahre zum Paul-Lincke-Ufer.
Am Landwehrkanal sitzen schon liebe Freunde und trinken Bier. Nett ist es, schön so zu sitzen am Wasser, noch schöner, dass hier nirgendwo Fußball läuft, zumindest nicht so, dass ich es sehe, und so unterhalte ich mich einige Stunden angenehm und entspannt, lache, esse einen riesigen Thunfischsalat, der vermutlch allein schon qua Größe so kalorienreich ist wie ein Whopper, bis ich irgendwann anfange zu frieren. Das letzte Mal habe ich so im Winter gefroren. Ich habe drastisch zu wenig an. Stunden später werde ich daheim zwanzig Minuten sehr heiß duschen, solange, so bis meine Fingerkuppen tiefe Rillen aufweisen, und erst aufhören, als das Telefon klingelt, dass ich selbstverständlich nicht mehr rechtzeitig finde, bevor der Anrufer aufgibt, aber dafür in eine Lache Erbrochenes trete, das meine Katze vermutlich aus Vergeltungserwägungen direkt vor mein Bett plaziert hat.
Meine Orchidee hat sie auch vom Fensterbrett geholt und sitzt zufrieden schnurrend inmitten von Wurzeln und Erde.